Zusammenfassung
Für eine positive Beurteilung des Kompromißphänomens sind zwei Sachverhalte von Bedeutung, die ohne viel Nachdenken einsichtig sind. Zur Entscheidung, ob ein Kompromiß am Platze ist oder nicht, sieht sich erstens nur derjenige veranlaßt, der sein Dasein nicht in abgeschiedener Beschaulichkeit fristet. Er darf sich zum Handeln nicht zu gut sein und muß überzeugt sein, daß er sich selbst und der Gesellschaft ein tätiges Verhalten schuldig ist. Auf dem Boden quietistischer Lebenseinstellungen wird die Problematik des Kompromißverhaltens weniger bedrängende Formen annehmen als im Zusammenhang einer aktiven Weltzugewandtheit. Die Theorie des Kompromisses wird also Ausschau halten müssen nach einer Anthropologie, deren Augenmerk wesentlich auf die Handlungsfähigkeit des Menschen gerichtet ist. Einleuchtend ist zweitens, daß sich einer positiven Theorie des Kompromisses die Frage nach dem Wahrheitsgehalt der im Wege des Kompromisses gefundenen Lösungen stellt. Beide Seiten — die Frage nach der Relevanz der Aktivität für die humane Existenz und die Anfälligkeit des Kompromißphänomens für die Wahrheitsfrage — haben aus Gründen, die in diesem und den folgenden Abschnitten deutlich werden, in der tradtionellen deutschen Philosophie eine geringere Rolle gespielt als in der amerikanischen. Wir wenden uns daher zunächst der Philosophie des klassischen amerikanischen Pragmatismus zu, in der begründeten Annahme, von dort her für unseren Gegenstand einige wichtige Aufschlüsse zu erhalten.
»Unser Humanismus behält seine Nerven.« (Aus dem Umkreis von John Dewey)
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Wilhelm, T. (1973). Pragmatische Kompromißlehre. In: Traktat über den Kompromiß. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99696-1_3
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-99696-1_3
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-30020-1
Online ISBN: 978-3-476-99696-1
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