Die Frau im Fenster

Zusammenfassung

Das lyrische Drama ›Die Frau im Fenster‹ ließe sich so gut ein Stimmungsbild nennen wie eine psychologische Studie, denn beide Charakterisierungen treffen wesentliche Momente des kleinen Stücks. Der Sprechton der Titelfigur Madonna Dianora ist lyrisch und assoziativ. Alle Erscheinungen bezieht sie auf sich selbst, ja sie sind überhaupt nur, insofern sie von ihr genannt werden. Entwicklungen vollziehen sich, abgesehen davon, daß der Abend zur Nacht fortschreitet, nur in ihr selbst. Ihren bereits im Titel so überaus betonten Standplatz im Fenster, den sie nicht verläßt, nimmt Dianora nicht zufällig ein, er ist ihr kein bloßes dramatisches Akzidens, sondern wesentlich: eine Charakterisierung ihrer dramatischen Situation. Alle ihre Gebärden, ob sie nun ihre Haare über die Brüstung des Balkons hinabfallen, ob sie die Strickleiter zweimal nach unten gleiten läßt, oder ob sie sich zum Schluß »mit dem Oberleib über die Brüstung wirft«, alle diese Gebärden sind von innen nach außen gerichtet, mit der Absicht, Verbindung zu schaffen, den räumlich demonstrierten Zwiespalt von Innerlichkeit und Natur zu überwinden. Was das Stück prinzipiell vom lyrischen Gedicht unterscheidet, ist (abgesehen von der einleitenden Szenenanweisung, die den Schauplatz und seinen Hintergrund vom Blick des Betrachters her, sogar desjenigen auf der Galerie, genau bestimmt) zwar nicht das Verhältnis der Sprecherin zur Zeit, das in ihren Versen thematisch wird, wohl aber die fortschreitende Zeit selbst, die sich darin reflektiert.