Zusammenfassung
Kein Werk Hofmannsthals hat im Verständnis seiner Kritiker und Interpreten eine ähnliche Veränderung erfahren wie die ›Elektra‹. Man geht kaum zu weit, wenn man von einer Umkehrung des Sinnes in der sechzigjährigen Interpretationsgeschichte der Tragödie spricht. Hier sollen nur die extremen Deutungen erwähnt werden, weil ihre jeweilige Einseitigkeit vielleicht kritisch zu überwinden ist. Alfred Kerr sieht in der Elektra die Krankheitszüge einer Epileptikerin: »Beim Sophokles wird mit dem Morde der Schuldigen die Sittlichkeit eines ganzes Volkes befriedigt; bei Hofmannsthal mehr der private Rachedurst einer Epileptikerin.«1 Das Verhältnis der Hofmannsthalschen ›Elektra‹ zur Sophokleischen wird hier als im höchsten Maße gegensätzlich gedeutet.2 Der Auffassung von Elektra als einem »Rachetier«3 steht die neue W. H. Reys, wie es scheint, unversöhnlich gegenüber. Dort heißt es über den Dichter: »Sein Ringen um die Tragödie ist gleichbedeutend mit dem Ringen um die dichterische Bewältigung des triebhaften Lebens.«4 Als richte er sich direkt gegen Kerr, fährt Rey wenig weiter unten fort: »Für ihn [den Dichter] war die Beschwörung der dunklen Lebenskräfte ja keineswegs Selbstzweck, sondern nur die Voraussetzung zur Gestaltung der entscheidenden dramatischen Situation: der königlich-dichterische Mensch im Kampf mit den entfesselten Gewalten des Triebes.«5
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Pickerodt, G. (1968). Elektra. In: Hofmannsthals Dramen. Studien zur Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99679-4_11
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-99679-4_11
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-99680-0
Online ISBN: 978-3-476-99679-4
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