Zusammenfassung
Unter dem „zweiten“, eigentlich dem ersten „Osterfeiertage 1808“ vermerkte Johann Falk Goethes bitteren Spott über die deutsche Gelehrtenrepublik mit ihren einander vom Abend zum Morgen ablösenden Imperatoren Tieck, August Wilhelm und Friedrich Schlegel. Von Novalis soll Goethe gesagt haben: „mit der Zeit hätte er auch einer werden können. Schade nur, daß er so jung gestorben ist, zumal, da er noch außerdem seiner Zeit den Gefallen gethan und katholisch geworden ist. Sind ja doch schon, wie die Zeitungen besagten, Jungfrauen und Studenten rudelweise zu seinem Grabe gewallfahrtet und haben ihm mit vollen Händen Blumen gestreut. Das nenn‘ ich einen guten Anfang, …“1. Diese zum Teil irreführende Äußerung könnte authentisch sein, denn 1808 mochte sich Goethe unter dem Eindruck der ‚antiklassischen‘ und ‚antiheidnischen‘ mehr oder weniger ‚christkatholischen‘ Literaturbewegung2 und der Konversionen3 aus dem Familien-, Freundes- und Verehrerkreise Friedrich von Hardenbergs flüchtig der »Europa«-Rede erinnert haben; er hatte sie 1799 kennengelernt und von ihrer Veröffentlichung im ›Athenäum‹ abgeraten4.
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Anmerkungen
vgl. Benno von Wiese, Novalis und die romantischen Konvertiten; Romantikforschungen (Buchreihe der DVjs., Bd 16), 1929, S. 205–242.
Adam H. Müller, Vorlesungen über die deutsche Wissenschaft und Literatur, gehalten zu Dresden, im Winter 1806, Dresden: Gottlob Gärtner, (1806), S. 72; 2., verm. u. verbess. Aufl., 1807; (neu) hg. v. Arthur Salz, 1920, S. 80.
vgl. René Wellek, Konfrontationen. Vergleichende Studien zur Romantik, (edition suhrkamp), (1964), S. 9–36
vgl. Wilhelm Emrich, Der Universalismus der deutschen Romantik, (Akademie der Wiss. u. d. Lit., Ahhandl. d. Klasse d. Lit., Jg 1964, Nr 1), Wiesbaden (1964), bes. S. 8–12.
Grundlegend für die Theorie der Frühromantik: Walter Benjamin, Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik; Schriften, hg. v. Th. W. Adorno u. Gretel Adorno, Bd 2, 1955, S. 420–528
vgl. F. Schlegel, Neue philosophische Schriften, hg. v. J. Körner, 1935, S. 43, 46, 88–92.
Grillparzers Werke, (Hist.-krit. Ausgabe), hg. v. A. Sauer, 2. Abt., Bd 8, 1916, S. 527
Carl Schmitt, Politische Romantik, 2. Aufl., 1925; S. 3 die unabhängig von ihrer „occasio“ z. Tl. einleuchtende Bemerkung: „Den Deutschen fehlt die Leichtigkeit, die aus einem Wort eine handliche, einfache Bezeichnung macht, wegen der man sich ohne große Umstände einigt.“
Josef Nadler, Die Berliner Romantik 1800–1804. Ein Beitrag zur gemeinvölkischen Frage: Renaissance, Romantik, Restauration, (1921), S. 109.
Edgar Hederer, Friedrich von Hardenbergs »Die Christenheit oder Europa«, Diss. München 1936, S. 31–33.
Rudolf Haym, Die romantische Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Geistes, 1870 (photomechan. Nachdruck der 1. Aufl. 1961), S. 466.
Friedrich Hiebel, Novalis. Der Dichter der blauen Blume, (1951), S. 256; S. 253: „einer neuen Christengemeinde“; vgl. auch S. 7 u. passim.
H. A. Korff, Geist der Goethezeit. Versuch einer ideellen Entwicklung der klassisch-romantischen Literaturgeschichte, Teil III: Frühromantik, 2. unver. Nachdruck der 3., durchges. Aufl., 1959, S. 330.
Wilhelm Dilthey, Novalis; Preuß. Jb., Bd 15, 1865, S. 596–650 (Novalis; Das Erlebnis und die Dichtung; viele Auflagen) ; S. 617.
Friedrich Meinecke, Weltbürgertum und Nationalstaat. Studien zur Genesis des deutschen Nationalstaates, 1908, S. 58–78; S. 72.
Claus Träger, Novalis und die ideologische Restauration. Über den romantischen Ursprung einer methodischen Apologetik; Sinn u. Form, Jg 13, 1961, S. 618–660; S. 650
vgl. Ingrid Strohschneider-Kohrs, Die romantische Ironie in Theorie und Gestaltung, (Hermaea. NF Bd 6), 1960, S. 100–113
Gerhard Schulz, Novalis und der Bergbau (Freiberger Forschungshefte, Kultur u. Technik D 11), 1955, S. 242–255 (s. auch Anm. 99);
Hans Mayer, Von Lessing bis Thomas Mann. Wandlungen der bürgerlichen Literatur in Deutschland, (1959), S. 25.
Walter Dirks, Die Christenheit und Europa. Die Vision des Novalis; Frankfurter Hefte, Jg 6, 1951, S. 626–637; S. 632, 634, 637.
vgl. Benno von Wiese, Romantischer Konservativismus: Novalis; Neue Schweizer Rundschau, Jg 20, 1927, S. 1127–1130; S. 1130: „Die romantische Politik sab noch nicht jene tiefe Diskrepanz zwischen der ideologischen Sphäre eines geistigen Kosmos und der realen sozialer Schichtung und politischer Macht“ ; oder glaubte, im Vordenken möglicher Auflösung sich ihrer faktischen Schärfe überheben zu können — wie Hegel mit differenzierteren Mitteln.
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Malsch, W. (1965). Die »Europa«-Rede in der Geschichte des Novalis-Verständnisses. In: »Europa« Poetische Rede des Novalis. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99625-1_1
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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Online ISBN: 978-3-476-99625-1
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