Zusammenfassung
(…) Der Naturalismus hatte sich dermaßen verfeinert und verinnerlicht, daß er als Reaktion und Ergänzung in seinen Gegensatz umzuschlagen begann. Die Persönlichkeit wurde von der Atmosphäre aufgesogen: das war das Endergebnis des Naturalismus gewesen. Trotz „Meister Oelze“1 das Endergebnis! Der Schrei des Publikums und zum Teil wohl auch der Jugend: I want a hero, war nicht erfüllt worden. Im Gegenteil, das neue Milieu, diese [S. 118:] verfeinerte und wogende Stimmung, wirkte noch viel unwiderstehlicher, umstrickte die Persönlichkeit noch sehr viel mehr, als es Zolas mythologische Ungeheuer vermocht hatten. Anderseits aber: der naturalistisch-intime Stil von Holz und Schlaf war doch gerade aus einer starken Subjektivität herausgeboren, die sich selbst bändigte. Diese Naturalisten standen auch zur Natur keineswegs in einem demütigen, sondern eher in einem herrischen Verhältnis. Nicht die rücksichtslose Gemütshingabe, sondern die kraftvollste Beobachtung und eine sehr scharfe Fragestellung, die eine Antwort begehrte, überwogen im Anfang durchaus, und man konnte fast von einer Unbescheidenheit gegenüber der Natur reden. Es war die Unbescheiden-heit des echten Naturforschers, in dem allemal ein herrschsüchtiger Techniker lebendig bleibt und auf der Lauer liegt, um das entdeckte „Gesetz“ sofort zu einer Waffe in der Hand des Menschen umzuschmieden. Die jungen Naturalisten, die von der Naturwissenschaft herkamen, fühlten in sich sehr ähnliche Eigenschaften und mußten nun erleben, daß ihnen die neuentdeckten Mittel über den Kopf wuchsen.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Notizen
Roman des dänischen Dichters Jens Peter Jacobsen (1847–1885); 1880 erschienen. Lublinski meint wohl das hier und da spürbare Mißverhältnis zwischen der Idee des Romans, der Darstellung eines konsequent atheistischen Charakters, und seinen interieurhaften Stimmungsminiaturen.
Leo X. (1475–1521), Papst aus der Familie Medici; seine Regierungszeit, in die auch der Ausbruch der Reformation fiel, machte Rom zum glänzenden Mittelpunkt der italienischen Hochrenaissance.
Editor information
Copyright information
© 1970 Springer-Verlag GmbH Deutschland
About this chapter
Cite this chapter
Ruprecht, E., Bänsch, D. (1970). Samuel Lublinski [»Nietzsche und die neue Romantik«]. In: Ruprecht, E., Bänsch, D. (eds) Literarische Manifeste der Jahrhundertwende 1890–1910. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99502-5_62
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-99502-5_62
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-99503-2
Online ISBN: 978-3-476-99502-5
eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)