Zusammenfassung
Nach geographischer und kulturhistorischer Herkunft in ihrem jeweiligen Kern klar abgrenzbar verschieden — angelsächsisch-christliche, politische Konsolidierung (Osw), lokale, aber nur im Blick auf den Osten begründbare, pseudo-historische Legendentradition (Or), orientalisch-jüdische Weisheitslehre aus dem Problemkreis der Hybris (Salm), frühe Reichsgeschichte und antik-orientalische Ethnographie (Er), germanische Früh- (?) und normannisch-deutsche Zeitgeschichte (Ro) —, treten die »Spielmannsepen« nach Art der jeweiligen Aktualisierung der Stoffe, nach geographischer Herkunft, »politischer« Haltung, Überlieferung usw. zu je nach dem Blickpunkt verschiedenen Gruppen zusammen oder besser: auseinander. Die Gliederungen der Literaturgeschichten (oben S. 4ff.) erschöpfen die Möglichkeiten längst nicht. Einer der »Legendenromane« (de Boor), der Or, tritt mit Anklängen an die Schematik der Orientabenteuer zum Er, mit der Möglichkeit französischer Vorbilder zu Er und Ro (s. unten S. 52); der andere, Osw, steht mit weifischen Beziehungen diesen vielleicht im »reichspolitischen« Sinn nahe. »Volkstümliche Legende« (Schwietering) wird zweifellos dem Salm nicht gerecht; die Gruppierung Salm/Osw/Or ergibt sich eher aus der Überlieferung. Die Überlieferung von Er und Ro ist demgegenüber aber nur insofern vergleichbar, als die Stoffe der höfischen Geschmacksrichtung gemäß sind; im einzelnen ist dabei das gemeinsame Höfische für den Er vielfach ein Reflex der Fassung B, und für dieses Werk ist dann auch eine an die andere Gruppe gemahnende Stofftradition im Spätmittelalter charakteristisch.
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Notizen
Hier noch einige weitere Sammlungen: F. Bernatzky, Über die Entwicklung der typischen Motive in den mittelhochdeutschen Spielmannsdichtungen, besonders in den Wolfdietrichen, Diss. Greifswald 1909;
W. von Unwerth, Herzog Iron, PBB 38 (1913), S. 280–313;
Th. Walker, Die altfranzösischen Dichtungen vom Helden im Kloster, Diss. Tübingen 1910;
Hertha Marquardt, Die Hilde-Gudrunsage in ihrer Beziehung zu den germanischen Brautraubsagen und den mhd. Brautfahrtepen, ZfdA 70 (1933), S. 1–23;
D. Scheludko, Versuch neuer Interpretation des Wolfdietrichstoffes, ZfdPh 55 (1930), S. 1–49;
A. Jensen, Hild og Trud, Danske Studier 1926, S. 51–65, und: Den forklædte bejler, ebd. 1927, S. 44–64 (zum verkleideten Freier — mit Hinweis auf ‘Digenis Akritas’ — vgl. auch E. Seemann, Wolfdietrichepos und Volksballade, ArchfLituVdtg 1 [1949], S. 119–176). S. im übrigen o. S. 14.
P. Schultz, Die erotischen Motive in den deutschen Dichtungen des 12. und 13. Jahrhunderts, Diss. Greifswald 1907, schließt bis auf Ro die »Spielmannsepen« aus.
R. Hünnerkopf, Beiträge zur deskriptiven Poetik in den mittelhochdeutschen Volksepen und in der Thidrekssaga, Diss. Heidelberg, Borna-Leipzig 1914.
B. Nagel, Das Nibelungenlied, Frankfurt 1965, S. 51.
Fr. Neumanns eingehende Beschreibung (Verfasserlexikon 2, Sp. 961–983, 5, Sp. 572–580) führt zu dem Ausruf: »Welche Unsicherheit auf dem Felde der Quellenforschung!« (Sp. 579). Es geht dabei in unserem Zusammenhang um die »spielmännische Kudrun« bzw. darum, ob dieses hypothetische Doppelepos auf andere »Spielmannsepen« gewirkt oder umgekehrt aus anderen entlehnt hat. Von hierher gehörigen Arbeiten betreffen neben der genannten von I. Schröbler (bes. S. 75 ff.) die letzteren näher: Th. Frings, Hilde, PBB 54 (1930), S. 391–418;
H.W.J. Kroes, Kudrunprobleme, Neophilologus 38 (1954), S. 11–23; ders., Die Hildestelle in Lamprechts Alexanderlied und die Kudrunsage, ebd. 39 (1955), S. 258–261;
B. Boesch, (ed.) Kudrun, Tübingen 19543, S. LVI; H.Kuhn, Kudrun, in: Münchener Universitätswoche an der Sorbonne zu Paris (ed. J.Sarrailh und A.Marchionini), München 1956, S. 135–143. Vgl. auch Jungandreas (o. Anm. 55), S. I42f.; Droege, Das ältere Nibelungenepos, S. 202; Marquardt, S. 15f., und o. zum Hor.
Zur immer noch viel umstrittenen Frage der Urverwandtschaft insgesamt s. die Bibliographie bei R. Bossuat, Manuel bibliographique de la littérature Française du moyen âge, Melun 1951, S.12ff., und in den Supplementbänden.
Es fehlt hier v.a. die schöne, um Versöhnung wissenschaftsgeschichtlicher wie nationaler Gegensätze bemühte Abhandlung Fr. Panzers, Die nationale Epik Deutschlands und Frankreichs in ihrem geschichtlichen Zusammenhang, ZfdB 14 (1938), S. 249–265.
Vgl. den Forschungsbericht von C. Minis, Französisch-deutsche Literaturberührungen im Mittelalter, RomJb 4 (1951), S. 55–123, 7 (1955/56), S. 66–95.
Zusammenstellungen bei Fr. Geissler, Brautwerbung in der Weltliteratur, Halle 1955; ohne Auswertung des Gesammelten.
Dieser Teil der Abhandlung jetzt erneut von M. Braun, Das serbokroatische Heldenlied, Göttingen 1961, S. 131 ff.
Wesentliches über Kompositions- und Lebensweise des Liedes hat schon J. Meier, Werden und Leben des Volksepos, Halle 1909, gesagt.
Nachwort zu Panzers Aufsatz: Nibelungische Ketzereien I, PBB 72 (1950), S. 463–498, S. 498–500; Raoul de Cambrai und die deutsche Heldendichtung, in: Romanica. Festschrift Fr.Neubert, Berlin 1948, S. 107–116.
The Literature of the Middle Ages, New York-London 19623, S. 109. Zu Hartmanns ‘Erec’ de Boor 2, S. 69, zu ‘Yvain’/’Iwein’ P. Wapnewski, Hartmann von Aue, Stuttgart 19642, S. 60 ff.
Zum ganzen grundsätzlich R. Bezzola, Le sens de l’aventure et de l’amour, Paris 1947,
und H. Stolte, Eilhart und Gottfried. Studie über Motivreim und Aufbaustil, Halle 1941.
Formeln sind gesammelt in den Anmerkungen zu den verschiedenen Ausgaben, dazu für Salm, Or und Ro gesondert noch in der ihrem genannten Aufsatz zugrunde liegenden Diss. I.Benaths (Masch. Leipzig 1962). Die wohl umfangreichste Sammlung existiert größtenteils nur handschriftlich, der Rest in Maschinenschrift: W. Freitag, Die epische Formel in der frühmittelhochdeutschen Dichtung, Diss. Marburg 1923. Ehrismann (S. 289f.) macht erschöpfende Angaben zur älteren Literatur; Benath gibt (84, S. 316) eine kleine, etwas zufällige Auswahl.
Es fehlt dort vor allem die materialreiche Abhandlung von A. Daur, Das alte deutsche Volkslied nach seinen festen Ausdrucksformen betrachtet, Leipzig 1909.
Besonders hingewiesen sei auf J. Lindemann, Über die Alliteration als Kunstform im Volks- und Spielmannsepos, Diss. Breslau 1914,
und Fr. Bode, Die Kampfesschilderungen in den mittelhochdeutschen Epen, Diss. Greifswald 1909 (S. 297 ff.: »Spielmannsepen« sowie ‘Virginal’ und ‘Wolfdietrich’ [A und B]). Über den Formelbegriff und seine Geschichte in der germanistischen Forschung orientiert jetzt Marianne von Lieres und Wilkau, Sprachformeln in der mittelhochdeutschen Lyrik bis zuWalther von der Vogelweide, München 1965, S. 10ff. Vgl. auch den Artikel Formel im Reallexikon 12, S. 471–476, bes. S. 474 (H. de Boor-W.Mohr).
A. Blumenröder, Die Quellenbemfungen in der mittelhochdeutschen Dichtung, Diss. Masch. Marburg 1922.
Fr. Wilhelm, Über fabulistische Quellenangaben, PBB 33 (1908), S. 286–339, S. 325 ff.;
K. Burdach, Über den Ursprung des mittelalterlichen Minnesangs, Liebesromans und Frauendienstes, in: Vorspiel I, 1, Halle 1925, S. 253–333, S. 285, Anm. 2 (zuerst BSB 1918): (mit besonderem Bezug auf die »Spielmannsromane«) als literarisches Zwischenglied kommt die Legende in Frage. S. u. S. 71 f.
H. Schreiber, Studien zum Prolog in mittelalterlicher Dichtung, Würzburg-Aumühle 1935, S. 10. Dort die feine Beobachtung: »liturgisch, im Stile einer Weihnachtsantiphon, beginnt ‘Orendel’«.
E.Fr. Ohly, Sage und Legende in der Kaiserchronik, Münster 1940, S. 5f.
W. Schwartzkopff, Rede und Redeszene in der deutschen Erzählung bis Wolfram von Eschenbach, Berlin 1909, S. 46f. Vgl. u. Anm. 293.
R. Ritter, Die Einleitungen der altdeutschen Epen, Diss. Bonn 1908, in Abschnitt C (ähnlich für den Epilog Iwand, S. 64f., Anm. 36). Ritter streicht dabei allerdings den Or-Prolog (S. 85).
Es wären noch zu nennen: W. Hawel, Das schmückende Beiwort in den mittelhochdeutschen volkstümlichen Epen, Diss. Greifswald 1908;
E. Hüttig, Der Vergleich im mittelhochdeutschen Heldenepos, Diss. Jena, Halle 1930 (mit nur gelegentlichen Seitenblicken auf die »Spielmannsepik«).
A. Simon, Vom Geist und Stil der frühmittelhochdeutschen Dichtung, Diss. Heidelberg 1933, S. 5 bzw. 25. Diese Untersuchung schließt die epischen Denkmäler aus.
P. Kluckhohn, Ministeirialität und Ritterdichtung, ZfdA 52 (1910), S. 135–168, S. 164, gibt das »ethische Moment« Anlaß, die Heldenepen an Ritter, die »Spielmannsepen« an Spielleute zu binden. Zur Niedens detaillierterer Aufgliederung liegt ein ähnliches Wertungsprinzip zugrunde: »ein hoher Geist, höfische Ethik: ritterlicher Stand; ein niederer Geist, Listethik: fahrender Sänger« (S. 10). Unter dem Stichwort erbarmen ähnlich H.Buttke, Studien über Armut und Reichtum in der mittelhochdeutschen Dichtung, Diss. Bonn, Würzburg 1938: »ohne sittlichen Kern« (S. 49 u.ö.). S.u. S. 68 und 73.
C. Erdmann, Fabulae Curiales. Neues zum Spielmannsgesang und zum Ezzo-Liede, ZfdA 73 (1936), S. 87–98, S. 94.
Für die noch frühere Zeit: G. Ehrismann, Der Stil des Georgsliedes, PBB 34 (1909), S. 177–183. Vgl. o. Anm. 258.
Über die ‘Hochzeit’ s. v. a. H.Schneider, Literaturgesch., S. 161; zur ‘Crescentia’ o. S. 72. Über diese Literatur des Übergangs ist, ohne daß die »Spielmannsepik« berührt worden wäre, mehrfach gehandelt worden: Grundlegend von W. Stammler, Die Anfänge weltlicher Dichtung (o. Anm. 13); ferner W. Mohr, Lucretia in der Kaiserchronik, DVjschr 26 (1952), S. 433–446;
S. Beyschlag, Zur Entstehung der epischen Großform in früher deutscher Dichtung, WW 5 (1954/55), S. 6–13; hierüber auch Halbach (o. Anm. 23), Sp. 504.
Zur Erhellung des Hintergrundes: K. Hampe, Der Kulturwandel um die Mitte des 12. Jahrhunderts, AfKultg 21 (1931), S. 129–150.
S. Stein, Die Ungläubigen in der mittelhochdeutschen Literatur von 1050–1250, Diss. Heidelberg 1933 (Nachdr. Darmstadt 1963), S. 53. Die sicher eindrucksvollere Formulierung von A.Haas ruht auf der traditionellen Vorstellung von »spielmännischem« Erzählen: »wo alles zu allem in Beziehung gesetzt werden kann, mag auch einmal ein ‘guter’ Heide zwischendurch vorkommen« (Aspekte der Kreuzzüge in Geschichte und Geistesleben des mittelalterlichen Deutschlands, AfKultg 46 [1964], S. 185–202, S. 197f.).
H. Fischer, Über die Entstehung des Nibelungenliedes, MSB 1914, Nr. 7, S. 5f. bzw. 7; Eggers (o. Anm. 13), S. 98. In diesem Sinn ist »der soziologische Ort des ‘Spielmänni-schen’« auch von H.Kuhn bestimmt (Frühmittelhochdeutsche Literatur, S. 501). Zum ‘Nibelungenlied’ s.u. S. 92. In indirekter Wendung gegen Vogts Klassifizierung (Grundriß II, 1 [o. Anm. 20], S. 230: Salm, Or und Osw haben es »auf den Beifall eines Straßenpublikums abgesehen«) hat schon Ehrismann vermutet, daß »auch auf den Burgen des Adels« ein durchaus rustikaler Ton geherrscht haben wird (S. 319, Anm. 1, zum Salm). Zur Realität adeliger Lebensführung jetzt A. Borst, Rittertum im Hochmittelalter. Idee und Wirklichkeit, Saeculum 10 (1959), S. 213–231.
Hieran hält gegen Naumann (Höfische Kultur, S. 62) L. Wolfffest: Welfisch-Braunschweigische Dichtung der Ritterzeit, NddJb 71/73 (1948/50), S. 68–89.
Bes. durch K. Langosch, Politische Dichtung um Kaiser Friedrich Barbarossa, Berlin 1943, S. 66ff.;
Wolff, a.a.O.; J. Dünninger, Regensburg und die deutsche Dichtung des Mittelalters, in: Wirtschaft und Wissenschaft. 10 Vorträge, Regensburg 1949, S. 95–102, S. 97.
Von kunsthistorischer Seite widerspricht K. Simon, Diesseitsstimmung in spätromanischer Zeit und Kunst, DVjschr 12 (1934), S. 49–91, S. 85 ff.
Hierzu E. Neumann, Die Dichtung des 12. Jahrhunderts in neuer Mittelalterschau, WW 4 (1953/54), S. 203–209, S. 206f.;
W. Mohr, Rez. in Euphorion 51 (1957), S. 78–92, S. 84 (findet Züge weifischen Reichsbewußtseins).
Elsbeth Kaisers Trauendienst im mittelhochdeutschen Volksepos’, Breslau 1921, berührt sich nur am Rande mit unserem Thema, desgleichen die Masch.-Diss. von Annemarie Laubscher (Die Entwicklung des Frauenbildes im mittelhochdeutschen Heldenepos, Würzburg 1954) und Martha Busenkell (Das Schönheitsideal innerhalb der deutschen Literatur von der karolingischen bis zur staufischen Epoche, Bonn 1941). G. F. Lussky, Die Frauen in der mittelhochdeutschen Spielmannsdichtung, in: Studies in German Literature in Honor of Alexander Rudolph Hohlfeld, Madison 1925, S. 118–147, behandelt von dieser nur Ro und kann im übrigen keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erheben.
Edith L. Kirchberger, The Rôle of Woman as Mother in the German Epic of the Twelfth and Early Thirteenth Centuries, Diss. Masch. Wisconsin 1949, war mir nicht zugänglich.
Die Masch.-Diss. von B. Wurzer, Das Komische in der deutschen Heldendichtung von der Frühzeit bis zum hohen Mittelalter, Innsbruck 1951, gibt eine höchst unsystematische Darstellung aus den Forschungsgebieten »Spielmannsepos«, Heldenepos und Heldenlied, darunter ein Forschungsreferat zur Entwicklung des Spielmannstums und eine lockere Aufzählung von Merkmalen des »Spielmännischen« (mhd. Ironie z.B.!). Grundsätzlich fehlt es an einer einheitlichen Konzeption des Komischen, ohne die der schwierige Gegenstand nicht bewältigt werden kann.
H.G. Weinand, Tränen, Bonn 1958, S. 24, bzw. K.R.Kremer, Das Lachen in der deutschen Sprache und Literatur des Mittelalters, Diss. Bonn 1961, S. 50f.; S. 69f. zum Lachen der Tochter Konstantins und der Kudrun. Eine im übrigen sehr verdienstliche Arbeit.
E.R. Curtius, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, Bern 19542, S. 425 ff.
W. Stach, Die Gongolf-Legende bei Hrotsvit, HistVjschr 30 (1935), S. 168–174, 361–397.
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Curschmann, M. (1968). Gruppierung und literaturgeschichtliche Stellung. In: »Spielmannsepik«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99498-1_3
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