Zusammenfassung
Lieber Marinetti, das erste Mal waren Sie im vergangenen Sommer bei uns, zur Ausstellung der futuristischen Bilder. Ich schrieb damals für den Sturm: »Der Futurismus ist ein großer Schritt. Er stellt einen Befreiungsakt dar. Er ist keine Richtung, sondern eine Bewegung. Besser: er ist die Bewegung des Künstlers nach vorwärts.« Die Intensität und Ursprünglichkeit, das Kühne und gänzlich Zwanglose schlug bei mir ein. Ich dachte mehrfach und sagte zu Ihnen — bei Dalbelli —: »Wenn wir in der Literatur auch so etwas hätten!« Damals schwiegen Sie. Nach einigen Monaten schwirrten die literarischen Manifeste über unsere Häuser. Das Unzulängliche war Ereignis geworden.3
War sehr gut ihr Artikel, ich gratuliere / es lebe der Döblinismus / Guillaume Apollinaire1
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Notizen
Guillaume Apollinaire: Paris, 25. März 1913. Karte an Alfred Döblin. Zitiert nach: Alfred Döblin 1878–1978. Eine Ausstellung des Deutschen Literaturarchivs im Schiller-Nationalmuseum Marbach am Neckar. München 1978, S. 109.
Alfred Döblin: Futuristische Worttechnik. Offener Brief an F. T. Marinetti. In: ders.: Aufsätze zur Literatur. Olten, Freiburg i. Br. 1963 (= Ausgewählte Werke in Einzelbänden. Hrsg. von Walter Muschg), S. 15.
Vgl. Alfred Döblin: Die Bilder der Futuristen. In: ders.: Kleine Schriften I(= Ausgewählte Werke in Einzelbänden. Begründet von Walter Muschg. Hrsg. von Anthony W. Riley). Olten, Freiburg i. Br. 1985, S. 116f.
Vgl. Georg Lukács: Die Theorie des Romans. Ein geschichtsphilosophischer Versuch über die Formen der großen Epik. Neuwied, Berlin 1971 (Zuerst 1916), S. 137: »Erst in den Werken Dostojewskis wird diese neue Welt, fern von jedem Kampf gegen das Bestehende, als einfach geschaute Wirklichkeit abgezeichnet. Darum steht er und steht seine Form außerhalb dieser Betrachtungen: […] Er gehört der neuen Welt an.«
Vgl. dazu auch Judith Ryan: From Futurism to »Döblinism«. In: The German Quarterly 54 (1981), S. 424: »Few writers have recognized as clearly as Döblin the precarius status of avantgarde art, its delicate balance between destructionist, revolutionary impulses and contructivist aesthetic principles. Few writers have borne so clearly in mind the psychological and social implications of the new art forms.«
Vgl. Alfred Döblinr Arnold Schönberg, In: DerSturm 2 (1912), Nr. 132, S. 187.
Als bewußte Ironisierung traditioneller Erzählmuster hat Brigitte Bergheim Döblins ’Wang-lun’ interpretiert. Vgl. dies.: Die Neubestimmung des Individuums. Antibürgerliche Romane von Lion Feuchtwanger, Klaus Mann, Alfred Döblin und Bertolt Brecht. Magisterarbeit Karlsruhe 1988 [Masch.], S. 45: »Wang-lun wird durch das Aufnehmen traditioneller Muster als Held angeboten, gleichzeitig aber als Held verweigert, weil er die Erwartungen an seine Rolle nicht erfüllt. Was häufig als ’Reste konventioneller Techniken’ beschrieben wurde, gewinnt einen neuen Sinn. Der Roman spielt mit traditionellen Mustern, sie werden in Versatzstücken aufgegriffen, als ’Angebot’ unterbreitet, zugleich aber weiterverarbeitet und umgewertet. Damit bezieht Döblin die historische Entwicklung der Gattung ein, verfügt über ihre Tradition, zitiert und ironisiert sie. Dies gilt zwar für den Roman insgesamt, wird aber besonders deutlich an der Wang-lun-Figur, die deshalb nicht ’Held’ ist, weil die Muster, nach denen sie zunächst aufgebaut wird, provokativ unterlaufen werden.«
So verurteilte Döblin nicht allein Marinettis politische Ambitionen, sondern auch die Tatsache, daß er bereit war, sein eigenes Kunstprogramm dafür in Frage zu stellen: »Die Italiener, sie wissen selbst nicht wie, gehören zu den siegreichen Völkern. Es hat sich dementsprechend der Dichter d’Annunzio nicht für eine Räterepublik hergegeben, sondern für die Eroberung Fiumes. Jedoch ist nicht dies bemerkenswert, sondern, daß Marinetti, der geldspendende Herr der Futuristen, Anbeter der Fabriken, der Elektrizität, der Rapidität, des Turbodynamos, des Abstrakten, Verwüster der Museen und Bibliotheken, Todfeind Goethes und Dantes, mit einem Worte Er selbst sich nach Fiume begeben hat. Er ist unter öffentlichem Begraben des literarhistorischen Schlachtbeils zu d’Annunzio übergegangen«. Alfred Döblin: Himmlisches und irdisches Theater. In: ders.: Der Deutsche Maskenball von Linke Pool Olten, Freiburg i. Br. 1972 ( = Ausgewählte Werke in Einzelbänden. Hrsg. von Walter Muschg), S. 61.
Vgl. dazu Luigi Paglia: Invito alla lettura di Filippo Tommaso Marinctti. Milano 1977 ( = Invito alla Lettura. Sezione Italiana), S. 42f. Auch Paolo Buzzi bezieht in seinem Artikel Le parole in libertà aus dem Jahre 1916 den »Telegrammstil« Marinettis auf dessen Kriegserfahrung. Vgl. Paolo Buzzi: Le parole in libertà. In.: ders.: Futurismo. Scritti. Carteggi. Testimonianze, a.a.O., S. 55: »Oggi la Poesia non è tanto musica, quanto rombo. La guerra è rumore. Marinetti l’aveva affermato nelle sue meravigliose parole in libertà sulle prime guerre balcaniche.«
F. T. Marinetti: Supplement zum technischen Manifest der Futuristischen Literatur. In: Der Sturm 3 (1913), Nr. 150/151, S. 280. Christa Baumgarth hat den Anhang des Supplements übersetzt: »Vorhut: 200 meter pflanzt-die-bajonette-auf vorwärts Schlagadern anschwellung wärme gärung haare achselhöhlen haarknoten rotblond blond atemzüge & tornister 18 kilo vorsicht = schaukel schrott Sparbüchse Weichheit: 3 schauder befehle steine wut feind magnet leichtigkeit ruhm heldentum vorhut: 100 meter maschinengewehre gewehrschüsse ausbruch geigen messing pink pum pank bim bum maschinengewehre tataratarata Vorhut: 20 meter batailloneameisen reiterei-spinnen straßen-furten general-inselchen meldereiter-heuschrecken sand-revolution haubitzen-volksredner wolken-gitter gewehre-märtyrer schrapnells-heiligenscheine multiplikation addition division haubitzen-abziehen granate-tilgung triefen fließen erdrutsch blöcke lawine Vorhut. 3 meter durcheinander hin-und-her festkleben loslösen zerreißen feuer entwurzeln baustellen erdrutsch Steinbruch brand panik Verblendung zermalmen eintreten hinausgehen laufen kotspritzer leben-raketen herzen-leckerbissen bajonette-gabeln beißen zerschneiden stinken tanzen springen wut jagdhunde-explosion haubitzen-turner getöse-trapeze explosion rose freude leiber-gießkannen köpfe-fußball verstreuung«. Christa Baumgarth: Geschichte des Futurismus, a.a.O., S. 250f.
Ebd., S. 12. In diesem Kontext sind nicht nur die Schlachtbeschreibungen des »Wang-lun« zu betrachten, sondern auch seine Erzählung Die Schlacht, die Schlacht!, die zuerst in Der neue Merkur, April 1915 veröffentlicht wurde. Vgl. Alfred Döblin: Prosa aus fünf Jahrzehnten. Erzählungen. Novellen. Geschichten. Chroniken. Miniaturen. Satiren. Märchen. Skizzen und Entwürfe. Olten, Freiburg i. Br. 1977 ( = Ausgewählte Werke in Einzelbänden. Hrsg. von Walter Muschg), S. 185–200.
Vgl. Walter Muschgs Nachwort in: Alfred Döblin: Die drei Sprünge des Wang-lun. Chinesischer Roman. Olten, Freiburg i. Br. 1960 ( = Ausgewählte Werke in Einzelbänden. Hrsg. von Walter Muschg), S. 481.
Vgl. Alfred Döblin: Reform des Romans, geschrieben 1919 anläßlich Otto Flakes Roman Die Stadt des Hirns. In: Aufsätze zur Literatur, a.a.O., S. 32: »’GRANDS Poètes incendiaires! O mes Frères Futuristes! Voici le grand roman boute-feu que je vous ai promis. Comme notre ame à nous, il est polyphonique. C’est à la fois un chant lyrique, une épopée, un roman d’aventures et un drame. Je suis le seul qui ais osé écrire ce chef-d’oeuvre.’ Das war im Jahre 1909. Es sind zehn Jahre um, seit dieser afrikanische Roman ’Mafarka le futuriste’ von Marinetti erschienen ist, und von neuem wird der Roman ’gesprengt’«. Im Gegensatz zu Marinettis Roman sieht Döblin jedoch bei Flake das Formexperiment als mißlungen an: »Flake ist keiner, dem nicht alle vorhandenen Formen genügen könnten.«
Wie Arnim Arnold behauptet: Die Literatur des Expressionismus. Sprachliche und thematische Quellen. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1966 ( = Sprache und Literatur), S. 99.
In einem Brief an Martin Buber vom 13.10.1912 schreibt Döblin: »Sehr geehrter Herr, ich komme jetzt zurück auf die chinesischen Dinge, wegen derer ich Sie fragte, als Sie in Italien waren, Ergo: Die beiden Sachen, die Sie mir nannten, kannte ich. Nun wollte ich Sie, da Sie darin gut versiert sind, noch um allerhand chinesische Litteraturangaben bitten […]. Ich brauche zu meinem schon ’in Arbeit befindlichen’ Roman […] allerlei chinesisches Diverse, das mir Milieusicherheit garantiert. […] Sittenschilderungen, Dinge des täglichen Lebens, Prosa besonders des 18. Jahrhunderts (Kienlungperiode); davon kann ich natürlich nicht genug haben. Kennen Sie etwas leidlich Biographisches über Kienlung selbst? Ich behandle das Schicksal der Wu-weisekte (unter Wang-luns Führung); sind Ihnen monographische Arbeiten über diese oder eine verwandte Sekte bekannt?« Alfred Döblin: Briefe. Olten, Freiburg i. Br. 1970 ( = Ausgewählte Werke in Einzelbänden. Hrsg. von Walter Muschg), S. 58f.
Diese »Milieusicherheit«, trotz der vielen Irrtümer, die Walter Muschg in seinem Nachwort zu der Ausgabe aufgeführt hat (vgl. S. 500f.), wird auch in der Rezension von Oskar Loerke herausgehoben: »Der Geschmack der chinesischen Landschaft und chinesischer Menschen ist so stark, daß wir die Frage vergessen, woher der Dichter soviel Kenntnis und Sicherheit gewonnen habe und ob wohl alles mit der Wirklichkeit übereinstimme.« Oskar Loerke: Vier Bücher vom Schicksal. In: Die neue Rundschau 27 (1916), S. 703.
Vgl. Alfred Döblin: Arzt und Dichter. In: Die Literarische Welt 3 (1927), Nr. 43, S. 1f.
Weitere Höhepunkte der kritischen Auseinandersetzung mit dem Futurismus bilden der Roman Berge Meere und Giganten und das Manifest Der Geist des naturalistischen Zeitalters, beide 1924 entstanden. Vgl. dazu im einzelnen Walter Busch: »Naturalismus, Naturalismus; wir sind noch lange nicht genug Naturalisten«: Alfred Döblin und der italienische Futurismus – ein Vergleich in naturwissenschaftlicher Sicht. In: Hanno Möbius, Jörg Jochen Berns (Hrsg.): Die Mechanik in den Künsten. Studien zur ästhetischen Bedeutung von Naturwissenschaft und Technologie. Marburg 1990, S. 245–265.
Herwarth Waiden: Das Begriffliche in der Dichtung. In: Der Sturm 9 (1918), S. 66. Dieser Aufsatz ist auch enthalten in: Herwarth Waiden (Hrsg.): Expressionismus. Die Kunstwende. Berlin 1918, S. 33–38.
Vgl. Herwarth Waiden: Vulgärexpressionismus. In: Hans-Jürgen Schmitt (Hrsg.): Die Expressionismusdebatte. Materialien zu einer marxistischen Realismuskonzeption. Frankfurt a. M. 1973, S. 75–90 (Zuerst in: Das Wort2 (1938), S. 89–100). Als einen bewußten »Bedeutungswandel« beschreibt Waiden in seinen Ausführungen die »Wortkunst«: »Das Material der Künstler sind das Wort, der Ton und die Farbe, die Formmittel also, mit denen sie den Inhalt ausdrücken. Ihre beliebige wiederholte oder wiederholbare Verwendung nennt man Formeln. Wenn sich alles verändert, wenn im Interesse der Gesellschaft sogar vieles und unter Umständen alles verändert werden muß, sollten Formen und Formeln ewig sein?« Ebd., S. 82f.
Vgl. dazu die materialreiche Untersuchung von Werner Rittich: Kunsttheorie, Wortkunsttheorie und lyrische Wortkunst im »Sturm«. Greifswald 1933 ( = Greifswalder Forschungen zur deutschen Geistesgeschichte).
Die literarhistorische Forschung, die sich mit den Storni-Autoren beschäftigt, hat bisher weitgehend versäumt, auch die unbekannteren, von Herwarth Waiden beeinflußten »Wortkünstler« vorzustellen. Darauf verweist auch Gerhard Rühm im Nachwort zu den von ihm herausgegebenen Gedichten von Franz Richard Behrens: »[…] die gesamte ’Wortkunst’ des Sturm – also der eigentlich literarische, auch sprachlich radikale expressionismus – wird, mit ausnahme von august stramm, in der Sekundärliteratur ebenso wie in den einschlägigen anthologien fast durchweg ignoriert.« In: Franz Richard Behrens: Blutblüte. Die gesammelten Gedichte. Hrsg. v. Gerhard Rühm. Werkausgabe Band 1. München 1979 (= Frühe Texte der Moderne). Daß diese »Wortkünstler« durchaus nicht durchweg epigonal gewesen sind, ist an dem Werk des Malers und Schriftstellers Thomas Ring ebenfalls aufgezeigt worden. Vgl. dazu: Volker Pirsich: Thomas Ring – Das dichterische Werk 1916–1933. In: Thomas Ring (1892–1983). Duisburg 1988 (= Katalog der Ausstellung des Wilhelm-Lehmbruck-Museums Duisburg).
Vgl. dazu auch Kurt Möser: Literatur und die »Große Abstraktion«. Kunsttheorien, Poetik und »abstrakte Dichtung« im »Sturm« 1910–1930. Erlangen 1983, S. 52–66.
Der Begriff »Wortkunst« findet sich schon bei Holz in der Schrift Revolution der Lyrik. Vgl. dazu, zur Entstehung und zur Ausformulierung der »Wortkunsttheorie« im einzelnen Hans-Georg Rappl: Die Wortkunsttheorie von Arno Holz. Diss. Köln 1957.
Einer der wenigen, der auf diesen Einfluß im einzelnen hingewiesen hat, ist Wilhelm Emrich, der über die Schrift Die Kunst. Ihr Wesen und ihre Gesetze von Arno Holz ausführte: »[…] sie traf in das Kernproblem auch aller späteren modernen Kunstströmungen (Impressionismus, Expressionismus, abstrakte Kunst, Surrealismus u. a.), nämlich in die Frage nach der Eigengesetzlichkeit des jeweiligen Kunstmaterials, der Worte, Töne, Farben, Linien usw., und sie verband diese Frage schon damals mit einer entsprechend scharfen Kritik an der vergangenen Kunst, die diese Eigengesetzlichkeit nicht beachtet habe […]«. Wilhelm Emrich: Arno Holz und die moderne Kunst. In: ders.: Protest und Verheißung. Studien zur klassischen und modernen Dichtung. Frankfurt a. M., Bonn 1960, S. 155.
Vgl. dazu auch Hans-Jost Frey, Otto Lorenz: Kritik des freien Verses. Heidelberg 1980.
»1. Was halten Sie von den jüngsten rhythmischen und metrischen Reformen, die in unsere poetische Literatur eingeführt worden sind? 2. Was läßt sich nach Ihrer Meinung für und wider den sogenannten ’freien Vers’ (verso libero) in Italien sagen, der sich vom ’vers libre’ herleitet, den Gustave Kahn in Frankreich eingeführt hat? Was halten Sie vom ’vers libre’?« (Übersetzung von Christa Baumgarth: Geschichte des Futurismus, a.a.O., S. 17). Zu der Umfrage vgl. im einzelnen: F. T. Marinetti: Enquête Internationale sur le Vers libre et Manifeste du Futurisme. Milano 1909 ( = Edizioni Futuristi di »Poesia«). Marinetti stellt diese Diskusssion direkt in den Kontext der poetologischen Vorgeschichte des Futurismus.
Vgl. Poesia. Rassegna Internazionale 1 (1905), Nr. 1
Poesia 2 (1906), Nr. 3–5, ohne Seitenangabe. In der Enquête internationale sur le Vers libre, a.a.O., vgl. S. 62f. Vor dem Beitrag von Holz befindet sich die Stellungnahme Richard Dehmels, vgl. S. 60f.
Poesia 2 (1906), Nr. 6–8, S. 5ff.
Herwarth Waiden: Arno Holz. In: Der Sturm 4 (1913), Nr. 160/61, S. 26.
Arno Holz: Die Revolution der Lyrik. In: ders: Die Revolution der Lyrik. Eine Einführung in sein Werk und eine Auswahl von Alfred Döblin. Wiesbaden 1951 ( = Verschollene und Vergessene), S. 41.
Vgl. Dieter Breuer Deutsche Metrik und Versgeschichte. München 1981 ( = Uni-Taschenbücher), S. 244.
Vgl. Arno Holz: Die befreite deutsche Wortkunst. In: ders.: Werke. Hrsg. von Wilhelm Emrich und Anita Holz. Darmstadt 1961, S. 80f.: »Auf diese Überzeugung, die ich mit den Dingen sich deckend und daher nicht für widerlegbar halte, fußend, goß ich mein ’neues Sprachblut’ – über die Herkunft und den tiefen Sinn dieser Wendung vergleiche den ’Nachtrag’ meiner Schrift ’Revolution der Lyrik’, Berlin 1899, S. 109 – goß ich, ich wiederhole, mein neues Sprachblut in die beiden Formen des deutschen Dramas und der deutschen Lyrik. In beide damit eine Veränderung hervorrufend, die, so relativ kurz ihre Einwirkung auch erst andauert, literaturgeschichtlich bereits heute nicht mehr geleugnet werden kann.«
Vgl. dazu im einzelnen: Onno Frels: Zum Verhältnis von Wirklichkeit und künstlerischer Form bei Arno Holz. In: Christa Bürger, Peter Bürger, Jochen Schulte-Sasse (Hrsg.): Naturalismus /Ästhetizismus. Frankfurt 1979 (= Hefte für Kritische Literaturwissenschaft), S. 103–138.
Vgl. Arno Holz: Briefe. Eine Auswahl. Hrsg. von Anita Holz und Max Wagner. Mit einer Einführung von Hans Heinrich Borcherdt. München 1948, S. 240. In dem vorangegangenen Brief hatte Holz geschrieben: »P. S. Zu Ihrer Wendung, ’Neue Wortkunst’. Nicht bloß ihr Begriff, der vor mir nicht da war, und ihre Formulierung, die seitdem nicht überboten wurde, sondern auch bereits ihr Ausdruck stammt von mir. ’Die neue Wortkunst. Eine Zusammenfassung ihrer ersten, grundlegenden Dokumente.’ Angezeigt von mir 1913, nachdem ich gut 20 Jahre an diesen ersten, ’grundlegenden’ gearbeitet hatte.« Ebd., S. 239.
Fritz Mauthner: Beiträge zu einer Kritik der Sprache. Erster Band: Zur Sprache und zur Psychologie. Frankfurt a. M., Berlin, Wien 1982 ( = Ullstein Materialien. Zuerst 1901/02), S. 91.
Ähnlich argumentiert noch Bertolt Brecht 1939 in seinen Reflexionen über unregelmäßige Rhythmen: »Es ist ferner zuzugeben, daß das Lesen unregelmäßiger Rhythmen zunächst einige Schwierigkeiten bereitet. Unser Ohr ist zweifellos in einer physiologischen Umwandlung begriffen. Die akustische Umwelt hat sich außerordentlich verändert. Man denke allein die Straßengeräusche der modernen Stadt.« Bertolt Brecht: Über reimlose Lyrik mit unregelmäßigen Rhythmen. In: ders.: Gesammelte Werke in 20 Bänden. Hrsg. v. Suhrkamp Verlag in Zusammenarbeit mit Elisabeth Hauptmann. Frankfurt 1967 (= werkausgabe edition suhrkamp), Band 19, S. 402.
Gustav Landauer hat bereits in seiner Schrift Skepsis und Mystik. Versuche im Anschluß an Mauthners Sprachkritik. Münster, Wetzlar 1978 (Zuerst: Berlin 1903), darauf hingewiesen, daß man Mauthners Sprachkritik auch gegen seine eigene Intention kehren könne: »Mauthner zwar sagt mehrmals, der Naturalismus sei eine erfreuliche Bestätigung seiner Sprachkritik; ich lasse das sehr dahingestellt, da ich dem Naturalismus keine künstlerische, nur soziale Bedeutung zuerkenne, die er infolge der Schwächlichkeit und Hinfälligkeit, mit der er bei uns auftrat, aber auch schon wieder nahezu eingebüßt hat. Ich dagegen finde – vielleicht zu Mauthners Entsetzen – tiefere Zusammenhänge zwischen der Sprachkritik und den Dichtern Stefan George, Hugo von Hofmannsthal, Richard Dehmel und Alfred Mombert.« Ebd, S. 72.
Vgl. dazu Michael Trabitzsch: »’Wortkunst’ bei Arno Holz meint die rhythmische Verknüpfung von Worten, die jedes für sich einzelne Eindrücke, Impressionen aufnehmen. ’Wortkunst’ im Sinne des Sturm ist: äußerste Konzentration auf die den Sinn und das Gefühl des Erlebnisses tragenden Worte und rhythmische Reihung dieser Worte zu einem von jedem gegenständlichen Vorwurf abgehobenen Ausdruck des inneren Erlebens.« In: August Stramm: Briefe an Nell und Herwarth Waiden, a.a.O., S. 94f.
So heißt es ähnlich wie in Waldens Ausführungen bei Schreyer: »Der Rhythmus gestaltet die Sprachbetontheit. Er gibt die Reihe der Entwicklungsstufen der Bewegungsrichtung. Das Wortkunstwerk wirkt in der Zeit, ist ein Nacheinander von Wortgestalten, die nur durch die Bewegung, das Nebeneinander zu einer Einheit zusammengeschlossen werden können. […] Die Worte im Vers sind aus den Grundwortarten gebildet. Jedes Wort im Wortkunstwerk ist ein selbständiger Wert. Alle Worte im Wortkunstwerk stehen untereinander in Beziehung. Diese Beziehung kann in der einzelnen Wortgestalt selbst gestaltet sein. Solche Beziehungsarten sind die Deklination und die Konjugation.« Lothar Schreyen Expressionistische Dichtung, In: Otto F. Best (Hrsg.): Theorie des Expressionismus. Stuttgart 1982, S. 175 (Zuerst in: Sturm-Bühne. Jahrbuch des Theaters der Expressionisten. Berlin 1918/19).
Herwarth Waiden: Kritik der vorexpressionistischen Dichtung. In: Der Sturm 11 (1920), S. 100.
Herwarth Waiden: Ruf an August Stramm. In: Der Sturm 7 (1916), S. 62.
Vgl. den Anhang in: August Stramm: Das Werk. Hrsg. von René Radrizzani. Wiesbaden 1963, S. 430ff. Diese Ausgabe enthält sämtliche gedruckten und alle im Nachlaß erhaltenen vollständigen Werke Stramms. Sie wird im folgenden zitiert. Vgl. auch: August Stramm: Die Dichtungen. Sämtliche Gedichte, Dramen, Prosa. Hrsg. von Jeremy Adler. München 1990.
Zur Biographie vgl. im einzelnen René Radrizzani in: August Stramm: Das Werk, a.a.O., S. 401–451. Beiträge zum Werk August Stramms enthält: August Stramm. Literatur. Kunst. Kultur im Expressionismus. Hrsg. von Lothar Jordan. Münster 1990 [ = Programmheft einer interdisziplinären Veranstaltungsfolge des Literaturvereins Münster].
Vgl.: August Stramm: Das Werk, a.a.O., S. 440f. Das Tagebuch betitelte Konvolut aus den Monaten von April bis Juni 1915 befindet sich wie der übrige Nachlaß August Stramms in der Universitätsbibliothek der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
Vgl. dazu August Stramms Brief vom 27.6.1915 an Herwarth Waiden. In: August Stramm: Briefe an Neil und Herwarth Waiden. Hrsg. von Michael Trabitzsch. Berlin 1988, S. 79: »Ach Kinder meine Gedichte sind ja auch gequält Einzelne ein wenig rausgekommen. Ich dichte so viel, es wogt alles, und wenn es zum Aufschreiben kommt eine nichtssagende schematische Form. Sollte ich einmal heimkommen werde ich sie sammeln und Tropfblut nennen. Mir fehlen immer Worte. Heute Nacht 4 Uhr sind wir hier am Fluß angekommen hingeworfen, geschlafen,dann gebadet. !! Jetzt sitze ich nackt hier in der Sonne im Rasen und schreibe, seit sechs Wochen zum ersten mal die Kleider vom Leibe.« Vgl. dazu auch: August Stramm: Alles ist Gedicht Briefe. Gedichte. Bilder. Dokumente. Hrsg. von Jeremy Adler. Zürich 1990.
Diese Sprachskepsis gilt nicht allein für die späte Lyrik Stramms, sondern auch für das im Sturm im Juli 1914 veröffentlichte Drama Rudimentär, das die Sprachlosigkeit zu Beginn thematisiert. Vgl. dazu: Christoph Hering: Die Botschaft des Schweigens. Über die Steigerung der Ausdrucksgebärden im Verstummen der Sprache. In: Jeremy D. Adler, John J. White (Hrsg.): August Stramm. Kritische Essays und unveröffentlichtes Quellenmaterial aus dem Nachlaß des Dichters, a.a.O., S. 14–30; sowie Edgar Piel: Der Schrecken der ’wahren? Wirklichkeit. Das Problem der Subjektivität in der modernen Literatur. München 1978, S. 138–156.
Vgl. dazu auch Stramms Brief vom 27.5.1915. In: ders.: Briefe an Nell und Herwarth Waiden, a.a.O., S. 76: »Eigenartig Tod und Leben ist eins, es ist ein Kunstweben. Tod und Leben ist eins. Leben ist die Fläche und Tod ist der unendliche Raum dahinter, dahinter. Die Basis. Beide sind eins. Ununterbrochen gleitet das Leben durch den Raum versinkt und taucht wieder auf, oder auch nicht mehr.«
Vgl. dazu auch D. P. Meier-Lenz: Der Futurismus und sein Einfluß auf Alfred Döblin und August Stramm. In: Die Horen 19 (1974), H. 2, S. 28: »Die futuristische Technik verselbständigt sich unter seinen Händen zu sublimer Kreation. Durch eigene schöpferische Leistung entfernt er sich von ursprünglich futuristischen Kategorien und gibt dem Expressionismus/Dadaismus neue Impulse, die sich in der konkreten Poesie, ja sogar in der hermetischen Lyrik eines Paul Celan (’Sehschlitze für das Entsternte’) niederschlagen. Auch von allen ideologischen Imperativen des Futurismus befreit sich Stramm. Durch seine Antikriegslyrik wird die ideologische Diskrepanz am überzeugendsten erkennbar.«
So kann man Lothar Jordan folgen, wenn er die Lyrik Stramms zwischen Tradition und Moderne anzusiedeln versucht. Vgl. Lothar Jordan: Zum Verhältnis traditioneller und innovativer Elemente in der Kriegslyrik August Stramms. In: Jörg Drews (Hrsg.): »Das Tempo dieser Zeit ist keine Kleinigkeit«. Zur Literatur um 1918. München 1981, S. 112: »Aber seine Zuordnung zum Beginn der literarischen Moderne läßt sich nur mit der Tendenz, methodisch streng mit Sprache zu arbeiten, und nicht mit seinen Intentionen begründen. Bezieht man nämlich seine freilich selten explizite und daher weitgehend zu rekonstruierende Poetologie mit ein, so rückt Stramm, aus dem 19. Jahrhundert kommend, ziemlich genau an die Nahtstelle zwischen Tradition und Moderne. Konventionelle ästhetische Ziele, neue poetische Wege, – so lautet die Kurzformel Stramms besonderer literarischer Stellung«.
Vgl. dazu auch Patrick Bridgewater: The Sources of Stramm’s Originality. In: Jeremy D. Adler, John J. White (Hrsg.): August Stramm. Kritische Essays und unveröffentlichtes Quellenmaterial aus dem Nachlaß des Dichters, a.a.O., S. 36f.; zu weitergehenden Einflüssen auf Stramm, durch Hans Vaihinger und Georg Simmel beispielsweise, vgl. Eckhard Philipp: Dadaismus. Einführung in den literarischen Dadaismus und die Wortkunst des ’Sturm’-Kreises, a.a.O., S. 97–107. Die ausführlichste Untersuchung über Stramms Lyrik im ganzen ist immer noch: Elmar Bozzetti: Untersuchung zu Lyrik und Drama August Stramms. Diss. Köln 1961.
Die Datierung dieser Skizze ist nicht eindeutig geklärt, sie ist entweder 1914 noch vor dem Weltkrieg oder Anfang 1915 entstanden. Vgl. dazu Joseph L. Brockington: Vier Pole expressionistischer Prosa. Kasimir Edschmid, Carl Einstein, Alfred Döblin, August Stramm. New York, Bern, Frankfurt a. M., Paris 1987 ( = Studies in Modern German Literature), S. 151–181
Eine kuriose Erklärung für Stramms »Telegrammstil« findet sich bei Friedrich A. Kittler: Aufschreibesysteme 1800–1900, a.a.O., S.196f.: »August Stramms Gedichte, deren 6 bis 8 Zeilen nur 1 bis 3 Wörter enthalten, sind Telegrammstil als Literatur. Und das nur darum, weil der Postinspektor nach gründlicher Post- und Telegraphenschulung schließlich an der Philosophischen Fakultät Halle mit Historischen, kritischen und finanzpolitischen Untersuchungen über die Briefpostgebührensätze des Weltpostvereins und ihre Grundlagen promoviert hat. Seitdem es einen Weltpostverein gibt, haben Signifikanten ihre standardisierten Preise, die aller Bedeutung spotten. Seitdem es Telegramm und Postkarte gibt, ist Stil nicht mehr der Mensch, sondern eine Zeichenökonomie.«
Arthur Rimbaud: Oeuvres. Hrsg. von Suzanne Bernard. Paris 1960 ( = Classiques Garnier), S. 345. Vgl. dazu im einzelnen Peter Bürger: Prosa der Moderne, a.a.O., S. 159–174.
Auf Stramm läßt sich beziehen, was Walter Benjamin über die Veränderung des Erzählens nach dem Ersten Weltkrieg anläßlich einer Würdigung des Werkes des russischen Dichters Nikolai Lesskow bemerkte: »Mit dem Weltkrieg begann ein Vorgang offenkundig zu werden, der seither nicht zum Stillstand gekommen ist. Hatte man nicht bei Kriegsende bemerkt, daß die Leute verstummt aus dem Felde kamen? nicht reicher – ärmer an mitteilbarer Erfahrung. Was sich dann zehn Jahre später in der Flut der Kriegsbücher ergossen hatte, war alles andere als Erfahrung gewesen, die von Mund zu Mund geht. Und das war nicht merkwürdig. Denn nie sind Erfahrungen gründlicher Lügen gestraft worden als die strategischen durch den Stellungskrieg, die wirtschaftlichen durch die Inflation, die körperlichen durch die Materialschlacht, die sittlichen durch die Machthaber. Eine Generation, die noch mit der Pferdebahn zur Schule gefahren war, stand unter freiem Himmel in einer Landschaft, in der nichts unverändert geblieben war als die Wolken und unter ihnen, in einem Kraftfeld zerstörender Ströme und Explosionen, der winzige, gebrechliche Menschenkörper.« Walter Benjamin: Der Erzähler. Betrachtungen zum Werk Nikolai Lesskows. In: ders.: Gesammelte Schriften. Band II.2. Hrsg. von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser. Frankfurt a. M. 1977, S. 439.
Diese Verkennung hat unter anderem dazu geführt, daß die »stramme ’Sturm’-Methode« von den Dadaisten als eine Attitüde aufgefaßt wurde und zum Gegenstand von Parodien wurde. Vgl. die Gedichte Richard Huelsenbecks Capriccio und Schmerz. Siehe dazu Kurt Möser: »Nach der strammen ’Sturm’-Methode gedichtet« – Parodien und andere Textverarbeitungen im Umfeld der Lyrik August Stramms. In: Der Deutschunterricht37 (1985), H. 6, S. 58–73.
Vgl. Otto Nebel: Schriften zur Kunst. Mit einem Geleitwort hrsg. von René Radrizzani. München 1988.
Die auch beeinflußt sein können von Velimir Chlebnikows »Palindromen«, worauf im Kommentar zu Velimir Chlebnikow: Werke. Poesie. Prosa. Schriften. Briefe. Hrsg. von Peter Urban. Hamburg 1985, S. 548 verwiesen wird: »Ein dem Palindrom nicht nur formal nahestehendes Formprinzip hat Anfang der zwanziger Jahre Otto Nebel mit der ’Runenfuge’ gefunden […]«. Dafür spricht, daß Nebel einige Gedichte des russischen Futuristen übertragen hat, vgl. Otto Nebel: Prosa, Gedichte, Nachlaß. Das dichterische Werk. Band 2. Hrsg. von René Radrizzani. München 1979 ( = Frühe Texte der Moderne), S. 222f.
Vgl. dazu im einzelnen Jörg Drews: »Denn wer den Bestien seiner Zeit genug hat angetan/ der hat gelebt«. Notizen zu den Ähnlichkeiten zwischen Karl Kraus’ »Die letzten Tage der Menschheit« und Otto Nebels »Zuginsfeld«. In: ders. (Hrsg.): »Das Tempo dieser Zeit ist keine Kleinigkeit«. Zur Literatur um 1918, a.a.O., S. 128–142.
Ernst Jünger: Der Kampf als inneres Erlebnis. Berlin 1933 ( = Fünfte Auflage), S. 1f.
Vgl. dazu Heidrun Ehrke-Rotermund: Ernst Jünger und der nationalistische Kriegsroman gegen Ende der zwanziger Jahre. In: Viktor Zmegac: Geschichte der deutschen Literatur vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Band III.1: 1918–1945. Königstein/ Ts. 1984 (= Athenäum-Taschenbücher), S. 82–85. Die Korrespondenzen zwischen Ernst Jünger und dem Futurismus hat Martin Meyer: Ernst Jünger. München 1990, S. 185ff., eingehend erläutert.
Carl Schmitt zitiert nach: Verortung des Politischen. Carl Schmitt in Plettenberg. Hrsg. von der Stadt Plettenberg mit Unterstützung des Nordrhein-Westfälischen Hauptstaatsarchivs Düsseldorf. Bearbeitet von Ingeborg Villinger. Hagen 1990, S. 40.
Vgl. Theodor Däubler: Hymne an Italien. München 1916. Die Sammlung enthält Gedichte auch aus früheren Sammlungen.
Vgl. zu Däublers Biographie im einzelnen Thomas Rietzschel: Theodor Däubler. Eine Collage seiner Biographie. Leipzig 1988 (= Reclams Universal-Bibliothek).
Vgl. dazu auch Friedhelm Kemp: Theodor Däubler. In: Gunter E. Grimm und Frank Rainer Max: Deutsche Dichter. Leben und Werk deutschsprachiger Autoren. Band 7 ( = Vom Beginn bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts). Stuttgart 1989 (= Reclams Universal-Bibliothek), S. 12: »Nach dem Nordlicht macht sich in Däublers Dichtungen mehr und mehr, gegen dessen Espressivo, eine Tendenz zu einer Geometrik geltend, die manches mit dem Kubismus gemeinsam haben dürfte; in ihr verkörpert sich das ’Geistige’ gegenüber dem Elementar-Emotionalen. Und dieses Kubische wiederum wird futuristischen Brechungen unterworfen.«
Vgl. Bernhard Rang: Theodor Däubler. In: Wolfgang Rothe (Hrsg.): Expressionismus als Literatur. Gesammelte Studien. Bern, München 1969, S. 251: »Däubler war Vorbereiter der expressionistischen Bewegung. Eine genauere Stilanalyse seiner Dichtungen läßt erkennen, daß auch vor-expressionistische Elemente bei ihm wirksam waren. Den Dingen, der Gegenstandswelt war dieser so ganz zum Schauen befähigte Dichter nahe. Er rühmt bei Cézanne, daß dieser der Dingwelt gerecht werde und doch das Absolute suche; bei ihm sei ’Wirklichkeit und Geistigkeit Tat… doch ohne dekoratives Überbleibsel’.«
Vgl. Theodor Däubler: Acht Jahre »Sturm«. In: Das Kunstblatt 1 (1919), S. 48f.
Theodor Däubler Futuristisches Tempo. In: Die Aktion 6 (1916), Sp. 140.
Vgl. dazu Theodor Däubler: Kandinsky. In: ders.: Im Kampf um die moderne Kunst und andere Schriften. Hrsg. von Friedhelm Kemp und Friedrich Pfäfflin. Darmstadt 1988 (Zuerst 1919), S. 159.
Theodor Däublen Das Nordlicht. In: ders.: Dichtungen und Schriften. Hrsg. von Friedhelm Kemp. München 1956, S. 653.
Dieser Fassung folgte 1921/22 die überarbeitete Genfer Ausgabe, eine von Däubler konzipierte AthenerFassung blieb zu seinen Lebzeiten unveröffentlicht.
Vgl. beispielsweise Kasimir Edschmid: Theodor Däubler und die Schule der Abstrakten. In: ders.: Die doppelköpfige Nymphe: Aufsätze über die Literatur und die Gegenwart. Berlin 1920, S. 116–125.
Vgl. Carl Schmitt: Theodor Däublers »Nordlicht«. Drei Studien über die Elemente, den Geist und die Aktualität des Werkes. München 1916, S. 69: »Ecce saeculum. In ihm entstand Däublers ’Nordlicht’. Es ist so tief, wie die Zeit flach, so groß, wie die Zeit klein, so voll des göttlichen Geistes wie die Zeit leer davon; die Kompensation des Zeitalters der Geistlosigkeit; mehr als ein Buch der Zeit: das Buch des Aeons. Es hält dem mechanistischen Zeitalter das Gegengewicht. […] Es bedeutet die in einem großen Kunstwerk inkarnierte Polarität einer geist = und kunstlosen Welt. Es trägt in sich das ganze Gewicht des geistigen Ausgleichs einer Welt, die der Geist verließ.«
Vgl. Walter Rathenau: Zut Kritik der Zeit Berlin 1912. Vgl. dazu auch Carl Schmitts Rezension: Kritik der Zeit In: Die Rheinlande 22 (1912), S. 323f.
Ähnlich hat auch Clemens Heselhaus Däublers Zyklus einzuordnen versucht. Vgl. Clemens Heselhaus: Deutsche Lyrik der Moderne von Nietzsche bis Yvan Goll. Die Rückkehr zur Bildlichkeit der Sprache. Düsseldorf 1961, S. 63–73.
Rückblickend schreibt Schmitt über das Werk Däublers: »Was der europäische Impressionismus, was Futurismus, Kubismus und Expressionismus in vielen chaotischen Ansätzen aufgebrochen hatten, fand in der deutschen Sprache eine unerwartete Erfüllung.« Vgl. Carl Schmitt: Ex Captivitate Salus. Erfahrungen aus der Zeit 1945/47. Köln 1950, S. 46.
Vgl. dazu im einzelnen Hannelore Wegener: Gehalt und Form von Theodor Däublers dichterischer Bilderwelt Diss. Köln 1962.
Vgl. beispielsweise Walther Huder: Über Theodor Däubler. In: Theodor Däubler. 1876–1934. Berlin 1968 (= Katalog der Ausstellung zur Eröffnung des Theodor-Däublers-Archiv bei der Akademie der Künste, Berlin), S. 24.
Vgl. Die Aktion 6 (1916), Sp. 79. Diese Sondernummer war allein Italien gewidmet und enthält Texte von Papini, Gedichte von Paolo Buzzi in der autorisierten Übersetzung von Däubler, von Aldo Palazzeschi, ebenfalls in der Übersetzung Däublers, Am Strande hingelagert von F. T. Marinetti, ein früheres Gedicht, und weitere zeitgenössische Texte der italienischen Moderne. Auch für den Sturm übersetzte Däubler Gedichte von Aldo Palazzeschi. Vgl. Der Sturm 6 (1916), S. 9f.
Theodor Däubler: Expressionismus. In: ders.: Im Kampf um die moderne Kunst und andere Schriften, a.a.O., S. 110 (Zuerst 1916).
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Schmidt-Bergmann, H. (1991). Die Revision des literarischen Futurismus. In: Die Anfänge der literarischen Avantgarde in Deutschland über Anverwandlung und Abwehr des italienischen Futurismus. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99450-9_5
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