Sinn und Ziel der Polemiken

Zusammenfassung

Wer nur wenige Nummern der ›Fackel‹ kennt, nur einzelne Satiren, Aphorismen, Glossen oder Gedichte von Kraus gelesen hat, — der wird Kraus nie gerecht werden können. Von einer teilweisen oder oberflächlichen Lektüre auf die falsche Fährte gelockt, könnte man ihn leicht für einen geistreichen, aber galligen Satiriker halten; nichts würde man ahnen von der Schönheit seiner Lyrik; nichts wissen davon, daß der heftige Polemiker begeisterte Aufrufe für große Künstler und wahre Kunstwerke geschrieben hat; nichts würde man erfahren von seiner einfühlenden Theaterbesessenheit, seinem sorgfältig bewahrenden Wirken für Sprachschätze, seinem warmherzigen Eintreten für Unglückliche und Verfolgte. Wer nur einen Bruchteil seines Werkes kennt, zuckt vielleicht die Achsel über diese „aufdringliche Selbstbiographie in Fortsetzungen“, wenn von der Zeitschrift ›Die Fackel‹ die Rede ist. Es würde genügen, nur zwei oder drei Jahrgänge der ›Fackel‹, wenn möglich aufeinanderfolgende, vollständig zu lesen, um den ganzen Reichtum im Werk dieses so mannigfaltig interessierten Autors wenigstens zu ahnen. Kraus, der schrieb, wie er sprach, hat sehr wenig über sich selbst berichtet; aus seinen Schriften erfährt man fast nichts über ihn. Aber über seine Ideen erfährt man alles, was man wünschen kann.

„Nicht die erste, sondern die letzte Wirkung der Kunst ist Menschlichkeit.“

(Kraus)