Zusammenfassung
Der ganze Duktus des zuletzt zitierten Briefes erwies das Rilke’sche Gewissen als eines, das unerbittlich fordert. Von »Fordern« zu sprechen, ist nur sinnvoll, wenn dem irgendwie auch ein Schuldigsein entspricht. Nicht fixiert das Gewissen, was jeweils in einem konkreten Moment zu leisten ist. Der Gewissensanruf kann nur daraufhin verstanden werden, »was zur existenzialen Bedingung der Möglichkeit des je faktisch-existenziellen Seinkönnens gehört« (S. u. Z. S. 280). Die eine entscheidende Bedingung dieser Möglichkeit verfolgten wir in der Entwicklung Rilkes zum »Freisein« für die Wahl seiner eigensten eigentlichen existenziellen Möglichkeiten des Geschuldeten; sie konkretisierte sich in der spezifischen Weise seines Kunstschaffens. Das Ringen um dieses »Freisein für« verbarg sich unter der Metapher von Armsein, Armut, Namenlosigkeit und schließlich der Sachlichkeit des Sagens. Ein Freisein für das eigenste Schuldigsein, »das Eine, das not tut« zu sagen. Aus dem Wählen dieses Freiseins dafür versteht es sich, daß Rilke das Wort Gewissen aus dem tiefsten Grunde seiner Existenz heraufrufen und höchst sinnvoll gebrauchen konnte. Die »Stimme des Gewissens« ist nicht »freischwebend« (Heidegger) außer uns und irgendwo vorhanden. Auch an Rilkes Gewissensproblem ist einzusehen, daß sowohl der »Anruf« wie das »Anrufverstehen« als »Gewissen-habenwollen« eine Weise-zu-sein des Daseins selbst ist.
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Buddeberg, E. (1956). Schuldig-sein. Das Nicht und das Nichts. In: Denken und Dichten des Seins. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99341-0_13
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-99341-0_13
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-99342-7
Online ISBN: 978-3-476-99341-0
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