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Die Bewertung des deutscen Rokoko in der Literaturgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts

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Deutsche Rokoko-Dichtung
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Zusammenfassung

Das 18. Jahrhundert gleicht einem gewaltigen Stausee. Aus allen Richtungen fließen hier über- und unterirdische Quellströme, Bäche und Flüsse zusammen, binden, stoßen oder mischen sich, bilden reißende Wirbel und windstillere Buchten und erzeugen zusammen die einzigartige Hochflut, die wir als die Dichtung der Goethezeit bezeichnen. Einzelne Strömungen sind von der Forschung früh erkannt und auf ihrem Weg durch das Jahrhundert verfolgt worden, mit Vorliebe solche, die relativ unvermischt in die klassisch-romantische Dichtung münden. Andere fanden dagegen nur mäßiges Interesse. Unter diesen wäre das literarische Rokoko in Deutschland wohl an erster Stelle zu nennen. Freilich fehlt es nicht an Einzeluntersuchungen. Und etwa seit dem Ende des ersten Weltkrieges versäumt es kaum eine Literaturgeschichte, dem deutschen Rokoko ein flüchtiges Kapitel zu widmen. Das allgemeine Interesse blieb jedoch gering, und die Ergebnisse solcher gelegentlichen Beschäftigungen waren eher entmutigend als anregend. Mit Recht beklagt H. P. H. Teesing 1946 3) die völlig widersprüchlichen Begriffsbestimmungen und zeitlichen Abgrenzungen des literarischen Rokoko bei den einzelnen Forschern; mit Recht weist Martini in seinem oben genannten Forschungsbericht auf die Notwendigkeit einer zuverlässigen Klärung des Rokokobegriffs hin; mit Recht stellt Lüder Beeken 4) 1954 fest: »Sich auf das Feld des literarischen Rokoko wagen, heißt auch heute noch, schwankenden Boden betreten.«

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Notizen

  1. H. P. H. Teesing, Wieland als Dichter van het Rococo, Neophilologus XXX, S. 166 bis 171.

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  2. L. Beeken, Das Prinzip der Desillusionierung im komischen Epos des 18. Jh. Zur Wesensbestimmung des dt. Rokoko, Diss. Hamburg (Masch.).

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  3. Die unvollendete 2. Aufl., hrsg. von W. Kohlschmidt und W. Mohr hat einen Artikel Rokoko angekündigt.

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  4. Erst die 2. Aufl., Bern 1956, führt unter dem Stichwort Rokoko (Bd. III, S. 2290) ganze drei Arbeiten (Heckel, Kind und Cysarz) auf.

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  5. B. v. Wiese, Dichtung und Geistesgeschichte des 18. Jh. Eine Problem- und Literaturschau, DVjs XII, S. 430–478 und XIII, S. 311–355.

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  6. W. Rasch, Die Literatur der Aufklärungszeit. Ein Forschungsbericht, DVjs XXX, S. 533–560 (Rasch gibt nur einen Verweis auf Martinis Bericht zur Wielandforschung von 1950).

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  7. A. Köster, Die dt. Literatur der Aufklärungszeit, Hrsg. J. Petersen, 1925, S. 20–42 und S. 244–253.

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  8. Hier zitiert nach der 5. Aufl., 1856.

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  9. Gerade solche Urteile sind es dann, die mit Vorliebe von anderen Literaturgeschichten wörtlich übernommen werden; vgl. z. B. J. Howald, Geschichte der dt. Literatur, 1903, S. 400.

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  10. »Glaube, Sittlichkeit, Nationalität« sind auch die Wertmaßstäbe, die Eichendorff in seinen literaturhistorischen Abhandlungen an die Geschichte der deutschen Dichtung anlegt. Man vergleiche dazu seine abfälligen Urteile über Gleim und die Anakreontiker, über den »gänzlich in die Parfümwolke von Amoretten« vertieften Zachariae, über die Schäferwelt Geßners (»ohne Religion, ohne Staat, Nationalität und Physiognomie«, dafür aber »Hirten mit Zopfperücken und Schäferinnen im Reifrock mit den Schminkpflästerchen der Unschuld, mit einem Wort: einen bal champêtre des Herrn von Daphnis und Fräulein von Chloe«), Ebenso wie im protestantischen wird hier im katholischen Lager Wieland zum »Großmeister… jenes galanten Kotillonordens«, zum charakterlosen »Repräsentanten und Sprecher der Charakterlosigkeit seiner Zeit« erklärt (Eichendorff, Neue Gesamtausgabe, Hrsg. G. Baumann, 1958, IV, S. 178, 181 ff., 761 ff., 807, 844 u. ö.).

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  11. Vgl. etwa Franz Horn, Geschichte und Kritik der dt. Poesie und Beredtsamkeit 1805, oder K. A. Schaller, Handbuch der klassischen Literatur der Deutschen, Bd. I, 1812.

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  12. III. Theil; die erste Auflage erschien 1828.

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  13. Diese Würdigung Wielands ist, wenn man von der parteiischen Biographie J. G. Grubers (1815 f.) füglich absieht, einzigartig im 19. Jh. und geht weit über die schwachen Verteidigungsversuche Joh. W. Loebells (C. M. Wieland, 1858) hinaus. Da sie einerseits von der nachfolgenden Literaturgeschichtsschreibung vollkommen vergessen wurde, sie andererseits jedoch in überraschenderweise mit demjenigen fast wörtlich übereinstimmt, was nach 1945 über Wieland geschrieben worden ist, seien hier ein paar Stellen ausführlicher zitiert. »Wieland trat auf, der heitere, liebenswürdige, feine Wieland, ein in Anmuth, Leichtigkeit, Scherz und Witz überfließender, unerschöpflicher Genius. Man muß nothwendig die ganze steife, verrenkte, manierliche, pathetische Zeit kennen, die ihm vorherging, um den freien Schwung dieses Genius recht würdigen zu können, und um zugleich, was wir vom höhern Standpunkt der heutigen Zeit, zu dem er uns auf seinen Achseln selbst gehoben hat, etwa an ihm noch auszusetzen hätten, billig zu entschuldigen. Wieland gab der deutschen Poesie zuerst wieder die Unbefangenheit, den freien Blick des Weltkinds, die natürliche Grazie, das Bedürfniß und die Kraft des heitern Scherzes. Keck, launig, imponierend, schnitt er die Zöpfe der Philister hinunter … und lehrte die Deutschen … in der Welt, wie sie ist, durch Entfernung der Unnatur die Natur von selbst wieder zu finden, und die entfesselten Glieder in leichter, sicherer Harmonie zu bewegen … Darum fand er auch mit sicherem Tackte, was die Vorfahren und andere Völker in liebenswürdiger Grazie auszeichnet, allwärts heraus, und gewann leicht die schwere Kunst, den eigenen Geist daran zu verfeinern, der eigenen Poesie es einzuhauchen und die Musterhaftigkeit desselben den Deutschen klar zu machen … Wieland machte die Harmonie und Grazie, von denen das ganze griechische Leben durchdrungen war, seinem Geiste eigen. Hatte vor Wieland wohl irgend ein neuer Europäer die griechische Grazie erkannt und in sich aufgenommen? … Was Winckelmann hier für die plastische Kunst, das that Wieland für die Dichtkunst … Die anmuthige und lebendige Auffassung des griechischen Alterthums durch Wieland pflanzte sich auf die vornehmem Dichter des vorigen Jahrhunderts fort, insbesondere auf Göthe. Oder fühlt ihr nicht die sanfte ionische Luft, wenn ihr seinen Wilhelm Meister, seinen Tasso, seine Iphigenie lest? …«

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  14. Hier seien die Literaturgeschichten von Aug. Koberstein, W. Wackernagel, Th. Mündt, Joh. Schaefer und W. Scherer genannt.

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  15. Vgl. dazu auch Benno Böhm, Sokrates im 18. Jh. Studien zum Werdegang des modernen Persönlichkeitsbewußtseins, 1929, S. 171 ff.

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  16. C. Lemcke, Von Opitz bis Klopstock, 2. Aufl. 1882 (1. Aufl. 1871).

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  17. So verteidigt der alte Herder z. B. in der ‘Adrastea’ (Suphan XXIV, S. 209) ausdrücklich Hagedorn, Uz, Gütz, Kleist und Gleim und empfiehlt seinem Leser: »Laß dir diese Sänger der Lebensphilosophie, die man jetzt Versificatoren nennt, nicht verleiden, guter Jüngling; sie enthalten mehr als den neuern Klingklang in Schellen und Reimen.«

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  18. L. Hirzel, Wielands Beziehungen zu den dt. Romantikern, 1904 (nur eine erste Zusammenfassung, die dringend der Erweiterung und Vertiefung bedarf); verschiedene Aufsätze von Bernhard Seuffert zu Wieland; Käthe Kluth, Wieland im Urteil der vorklassischen Zeit, Diss. Greifswald 1927 (nur eine unzuverlässige Vorarbeit); H. W. Seiffert [S. 1]; Franz Oexle, Wielands Begegnung mit dem Sturm und Drang, Diss. Freiburg 1950 (Masch.); Heinz Schubert, Schiller und Wieland. Ein Beitrag zur Geschichte der Weimarer Klassik, Diss. Tübingen 1958 (Masch.); viele Hinweise finden sich auch in den Wielandarbeiten von Gruber, Loebell, Sengle, Wolffheim und Martini.

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  19. Heide Hüchting, Die Literatursatire der Sturm- und Drang-Bewegung, Diss. Berlin 1942 (äußerst dürftig: nur Wieland und ganz flüchtig J. G. Jacobi und Voltaire); Hans M. Wolff, Rousseau, Möser und der Kampf gegen das Rokoko, Monatsh. f. Dt. Unterricht XXXIV, 1942, S. 113–125 (wenig).

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  20. Vilmar in der Vorrede zur 4. Auflage seiner Literaturgeschichte [S. 3], S. VII.

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  21. »Briefe von den Herren Gleim und Jacobi«, Berlin 1768, S. 249: »Die wahren Empfindungen nicht, die angenommenen machen den Dichter.«

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  22. W. Oehlke, Lessing und seine Zeit, 2. Aufl. 1919, Bd. I, S. 130. Vgl. dazu Ph. Witkop, Die neuere dt. Lyrik, 1910, Bd. I, S. 141 f.: Die Forderung der Anakreontiker nach strenger Trennung von Dichtung und Leben ist eine Forderung, »die dem Künstler stets als die eigentliche Sünde wider den heiligen Geist erscheinen wird«!

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  23. Ph. Witkop, a. a. O., S. 140.

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  24. Ich nenne hier nur: J. Minor (Chr. F. Weiße 1880), H. Hahn (Götz 1889), H. Zimmer (Zachariae 1892), G. Ransohoff (J. G. Jacobi 1892), W. Gensei (Cronegk 1894), E. Petzet (Uz 1896, 2. unveränd. Aufl. 1930), G. Wahl (Joh. Chr. Rost 1902), E. Reclam (Michaelis 1904), O. Potkoff (Löwen 1904), H. Kirchgeorg (Zachariae 1904), F. Kasch (Goeckingk 1909) und Th. Feigel (Klamer Schmidt 1909).

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  25. »Wem ja die Tändeleien des Hamburger Herrn von Gerstenberg in die Hände gefallen sind, der wird von Stund an gerne der Versuchung widerstehen, die Liebes- und Wein Seligkeit unserer vor jahrhundertlichen Poeten zum Gegenstand einer näheren Betrachtung zu erwählen«: H. Feuerbach, Uz und Cronegk. Zwei fränkische Dichter aus dem vorigen Jahrhundert, 1866, S. 33.

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  26. Vgl. hierzu die in Anm. 26 genannten Arbeiten von Ransohoff und Feigel.

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Anger, A. (1963). Die Bewertung des deutscen Rokoko in der Literaturgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts. In: Deutsche Rokoko-Dichtung. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99329-8_1

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