Zusammenfassung
Unter Kunstmärchen ist eine Gattung von Märchenerzählungen zu verstehen, die im Unterschied zu Volksmärchen nicht in mündlicher Überlieferung anonym tradiert, sondern als individuelle Erfindung eines bestimmten, namentlich bekannten Autors meist schriftlich festgehalten und verbreitet werden (vgl. Hasselblatt S. 134 f.). Während ein Volksmärchen als »Allgemeinbesitz« angesehen wird, der nicht ein für allemal und in jeder Formulierung fixiert ist, sondern mit der Zeit z. B. »zerredet« werden darf, gilt ein Kunstmärchen als »Eigentum« seines Verfassers, dessen Rechte zu achten sind, z. B. indem man sich hütet, ein Plagiat zu begehen (vgl. Katann S. 389). Die Bezeichnung ›Kunstmärchen‹ enthält — wenn sie es auch suggeriert — keine literarische Wertung, sondern hebt allein das Moment des Gemachten heraus im Unterschied zu dem »Sichvonselbermachen« (Jacob Grimm) der »Naturpoesie« (zur Diskussion über »Naturpoesie« und »Kunstpoesie« vgl. Jolles S. 221 ff.). Im alltagssprachlichen Wortgebrauch werden als Kunstmärchen zuerst Märchen von Dichtern verstanden, was durch Anthologie-Titel wie »Deutsche Dichtermärchen von Goethe bis Kafka« oder »Märchen deutscher Dichter« nachdrücklich eingeprägt wird.
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Tismar, J. (1977). Definition. In: Kunstmärchen. Sammlung Metzler. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99245-1_1
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-99245-1_1
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-10155-6
Online ISBN: 978-3-476-99245-1
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