Zusammenfassung
Die beiden bedeutenden Spätgedichte »Brod und Wein« (zuerst »Der Weingott« genannt) und »Der Rhein«, in denen Dionysos eine wichtige Rolle spielt, hat Hölderlin an Heinse gerichtet, an den „berühmten Verfasser des Ardinghello“, den „herrlichen, alten Mann“, von dem er fortfahrend in seinem Brief an Neuffer vom 16. Februar 1797 behauptete, er „habe noch nie so eine gränzenlose Geistesbildung bei so viel Kindereinfalt gefunden“. Die Widmung der Rheinhymne „an Vater Heinze“ und die vertraute Anrede „Mein Vater“ in der ursprünglichen Schlußstrophe hat Hölderlin später, vermutlich auf die Nachricht von Heinses Tod, mit dem Namen seines Freundes Sinclair überschrieben. Heinses Einfluß auf die Elegie »Brod und Wein« ist zuerst von Emil Petzold1 untersucht worden. Die persönliche Bekanntschaft zwischen Heinse und Hölderlin sowie literarische Übereinstimmungen zwischen dem »Ardinghello« und Hölderlins »Hymne an die Göttin der Harmonie« und dem »Hyperion« wurden erstmalig in zwei Dissertationen oberflächlich behandelt2 und von Erich Hock3 überprüft und nach dem neuesten Stand der Forschung berichtigt. Friedrich Beißner hat 1957 in der Stuttgarter Hölderlin-Ausgabe4 in wenigen Zeilen die Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen zu Heinses Wirkungen auf den »Hyperion« dahingehend beurteilt, daß der »Ardinghello« wegen der fehlenden dichterischen Integration und zuchtvollen Disposition des Ganzen als Kunstwerk für den »Hyperion« nicht vorbildlich sein konnte.
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Anmerkungen
Emil Petzold: Hölderlin’s Brod und Wein. Ein exegetischer Versuch. Programm Sambor 1896/97.
Hans Nehrkorn: Wilhelm Heinse und sein Einfluß auf die Romantik. [Diss. Göttingen] Goslar: F. A.Lattmann 1904.
Theodor Reuß: Heinse und Hölderlin. [Diss. Tübingen] Stuttgart: J.F. Steinkopf 1906.
vgl. außerdem Ludwig von Pigenot, über Heinses Einfluß auf den späten Hölderlin, in Bd 6 der von Norbert von Hellingrath 1913 begonnenen und von ihm und Friedrich Seebaß 1923 vollendeten hist.-krit. Ausgabe der sämtl. Werke Hölderlins. Berlin: Propyläen-Verlag, S. 480–481 u. 484–489.
Erich Hock: Dort drüben in Westfalen. Hölderlins Reise nach Driburg mit Wilhelm Heinse und Diotima. Münster: Regenberg 1949; 2. Aufl. in Vorbereitung.
Ders.: Wilhelm Heinses Urteil über Hölderlins Hyperion. In: Hölderlin-Jahrbuch 1950, S. 108–119.
von Pierre Grappin »Ardinghello et Hyperion«, in: Études Germaniques, 10, 1955, S. 200–213.
Wilhelm Böhm: Hölderlin. Halle: Max Niemeyer 1928, I. S. 336.
Wolfgang Schadewald: Das Bild der exzentrischen Bahn bei Hölderlin, in: Hölderlin-Jahrbuch 1952, S. 1–16;
Lawrence Ryan: Hölderlins Hyperion, Exzentrische Bahn und Dichterberuf. Stuttgart: J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung 1965, S. 6 bis 7.
Wilhelm Michel: Das Leben Friedrich Hölderlins. Bremen: Carl Schünemann 1940, S. 193–196; fotomechan. Nachdruck 1964. Zu den übrigen Untersuchungen vgl. Anm. 4.
vgl. hierzu und zum folgenden Wolfgang Schadewaldt in seiner Untersuchung »Hölderlin und Homer«, Erster Teil, in: Hölderlin-Jahrbuch 1950, S. 2–27, der ebenfalls diese Zusammenhänge hervorhebt und zu dem Schluß kommt, daß es „die Liebe als das lebendige innere Prinzip des All- und Einsseins“ war, in dem Homer und das Griechentum dem jungen Hölderlin begegnete (S. 26).
vgl. Detlev Lüders: Die unterschiedene Einheit, eine Grundstruktur im Spätwerk Hölderlins, 2. u. 3. Teil. in: Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts 1964, S. 102–119.
vgl. Louis Wiesmann: Das Dionysische bei Hölderlin und in der deutschen Romantik. Basel: Benno Schwabe & Co. 1948. (Basler Studien zur deutschen Sprache und Literatur. Nr 6.)
Max L. Baeumer: Das Dionysische in den Werken Wilhelm Heinses, Studie zum dionysischen Phänomen in der deutschen Literatur. Bonn: H. Bouvier & Co. 1964. (Abhandlungen zur Kunst-, Musik- u. Literaturwissenschaft. Bd 19.)
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Baeumer, M.L. (1966). „Eines zu seyn mit Allem“ Heinse und Hölderlin. In: Heinse-Studien. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99209-3_4
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