Der Weg Ins Zwanzigste Jahrhundert

Zusammenfassung

Aufbruch und Suche. Die Jahre von 1871–1890 schienen erreichter Abschluß zu sein. Das Deutsche Reich hatte sich vor aller Welt mächtig behauptet und gefestigt. Wachsender Wohlstand und gesicherter Friede waren der tragenden Adels- und Bürgerschicht Anzeichen genug, daß hinter dieser — lang ersehnten und erkämpften — deutschen Größe höhere Gerechtigkeit walte. Man zog sich beruhigt auf Börse und Exerzierplatz, in Handel und Geschäft zurück, verblieb jedoch geistig dabei in einer historisierenden oder idyllischen Scheinwelt, die sich mehr und mehr in ihrer inneren Unwahrheit von den wirklichen Daseinsmächten löste und entfernte. Das Geld begann, den Geist zu überwinden. Es ist erreicht, schien jedenfalls jenen Schichten, die unmittelbar nutznießend und staatstragend waren, die treffliche Umschreibung auch ihres inneren Wohlstandes, der sich literarisch weithin vor allem etwa noch an Geibel, Heyse, Scheffel, Dahn, Ebers, Roquette, Julius Wolff, Spielhagen, Fr. W. Weber, Karl Gerok, die Gartenlaube (Marlitt!), an eine national aufgeschwemmte Klassikertradition und einen sentimentalen Aufguß pseudoromantischer Goldschnitt-Literatur hielt. Der deutsche Macht- und Industriestaat war geistig zur Provinz geworden und hatte zudem selbstbewußt auf einen Anschluß an das europäische literarische Leben verzichtet. Deutscher Geist: seit achtzehn Jahren eine contradictio in adjecto, erklärte Nietzsche 1888 in seiner Götzendämmerung (ersch. 1889).