Zusammenfassung
Das große Musterbeispiel epischen Gestaltens ist seit eh und je Homer. An der Ilias und an der Odyssee hat man immer wieder seine Prinzipien zu erkennen und abzuleiten versucht, und alle Theorien über ihre Entstehung hängen aufs engste zusammen mit den wechselnden Auffassungen vom Schaffensvorgang im epischen Dichter. Daß die Ilias “wie alle großen Epen das voraussetzungsreiche Erzeugnis einer epischen Spätzeit” ist,2 diese relativ späte Einsicht der Homer-Forschung gab nach Überwindung der radikalen Liedertheorie zwar den Blick auf den Dichter wieder frei, sah in ihm jedoch nur den geschickt planenden und bauenden Kompilator älterer Einzelgedichte oder auch Kleinepen, die der Forscher an Rissen und Verbindungsstücken des fertigen Baus unschwer zu erkennen und wieder herauszulösen vermöge. “Die Bedeutung der Ausgestaltung eines großen Epos soll nicht gering angeschlagen werden”, schrieb Wilamowitz 1912,3 “aber der eigentliche poetische Wert kommt doch nur den Einzelgedichten zu.” Die Anerkennung der Ilias als “das Werk eines Dichters” hatte er noch in der 2. Auflage desselben Werkes ausdrücklich durch den abwertenden Zusatz eingeschränkt: “…mögen wir auch nicht allzu hoch von ihm denken, sehr viel geringer als von den Dichtern vieler seiner Vorlagen”.4
Akademische Antrittsvorlesung in Marburg, 1.6.1960.
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Schröder, W. (1968). Die epische Konzeption des Nibelungenlied-Dichters. In: Nibelungenlied-Studien. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99174-4_1
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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