Zusammenfassung
Trotz aller Bemühungen um einen morphologischen Kulturbegriff, eine systematische Stilanalyse und eine innere Wesensbestimmung der deutschen Kunst hatte man um 1920 das Gefühl, doch nicht zu der angestrebten „Ganzheit“ zurückgefunden zu haben, die man seit der Reaktion gegen den Positivismus als das höchste wissenschaftliche Ideal betrachtete. Im Zuge des Expressionismus setzt daher eine zweite methodische Welle ein, die sich noch stärker als bisher um eine philosophische Gesamtschau der Kunst bemüht und so zu einer weiteren Annäherung innerhalb der Geisteswissenschaften führt. Stil und Form werden dabei in steigendem Maße durch die „Expression“, das im weltanschaulichen Sinne Essentielle des künstlerischen Ausdrucks, verdrängt. Welches Medium man bei dieser Betrachtungsweise wählt, ob Literatur, Musik oder bildende Kunst, spielt oft nur eine untergeordnete Rolle. So gesehen, stellt Walzels Prinzip der „wechselseitigen Erhellung der Künste“ bloß eine bescheidene Vorstufe zu den jetzt einsetzenden „Grenzüberschreitungen“ dar. Was die von der Phänomenologie oder vom Existentialismus herkommenden Forscher dieser Jahre erfassen wollen, sind lediglich die „geistigen Grundkräfte“ einer bestimmten Epoche, und zwar im Sinne einer expressionistischen Simultaneität, die überhaupt nichts Geschiedenes, sondern nur noch das ekstatische Ineinssein aller Dinge kennt.
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Hermand, J. (1965). Im Zeichen des Expressionismus. In: Literaturwissenschaft und Kunstwissenschaft. Sammlung Metzler. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99103-4_3
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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