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Der gesellschaftliche Durchbruch des Walzers »Sobald die ersten Takte anheben, klären sich die Mienen, die Augen leuchten auf, und alle durchrieselt es!«

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Zusammenfassung

Nach dem Ende der Befreiungskriege gegen die Napoleonische Besetzung Europas kann das geplagte Wien wieder aufatmen: Der Wiener Kongreß (1814–1815) will einen europäischen Friedensplan herbeiführen. Dieses Datum betrifft auch die Walzergeschichte, denn auf den Festen der am Kongreß beteiligten Politiker aus ganz Europa setzt sich der Walzer als wichtigste Tanzattraktion durch. Spöttisch formuliert der Prince de Ligne sein berühmtes Bonmot: »Le congrès ne marche pas — il danse!« Wenn die Politiker schon nicht mit ihren Aufgaben vorankommen — das Feiern und Tanzen lassen sie sich nicht entgehen. Ein Beobachter des Geschehens, der Graf de la Garde, beschreibt seine Eindrücke folgendermaßen:

»Die Orchester beginnen Walzer zu spielen. Gleich schien sich ein elektrisches Fluidum der ganzen zahllosen Versammlung mitzuteilen. Deutschland ist das Vaterland des Walzers; in diesem Lande und besonders in Wien hat dieser Tanz, bei dem musikalischen Blut der Österreicher, all den Reiz bekommen, der ihm eigen ist; man muß es nur dort mit ansehen, wie der Herr seine Dame nach dem Takte stützt und hebt im wirbelnden Drehn und diese dem süßen Zauber sich hingibt und mit dem verschwimmenden Blick noch verführerischer wird. Man kann aber auch kaum die Macht begreifen, die der Walzer ausübt. Sobald die ersten Takte anheben, klären sich die Mienen, die Augen leuchten auf, und alle durchrieselt es. Die anmutigen Kreisel bilden sich, während die Zuschauer, die das Alter zur Untätigkeit verdammt, den Takt und den Rhythmus mit dem Fuße markieren, in Gedanken und in der Erinnerung noch in dem Vergnügen schwelgend, das ihnen versagt ist. Man mußte diese hinreißend schönen Frauen sehen, ganz in Blumen und Diamanten, durch die unwiderstehliche Musik fortgezogen, hingegossen in den Arm ihrer Tänzer; sehen, wie die glänzende Seide, die leichte Gaze ihrer Kleidung jeder Bewegung folgte und lieblich wogende Wellenlinien zeichnete und zuletzt dann: diese ekstatische Wonne, die ihr reizendes Antlitz atmete, wenn die Ermüdung sie zwang, die himmlischen Regionen zu verlassen und von der Erde neue Kräfte zu fordern. Erst die Nacht endete diese Freuden und die Strahlen der aufgehenden Sonne erst schienen dieser so animierten, blendenden Gesellschaft ein Ziel setzen zu können!«

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Schutte, S., Ritzel, F. (1991). Der gesellschaftliche Durchbruch des Walzers »Sobald die ersten Takte anheben, klären sich die Mienen, die Augen leuchten auf, und alle durchrieselt es!«. In: Gesellige Musik. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99036-5_8

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-20437-0

  • Online ISBN: 978-3-476-99036-5

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