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Zur Frühgeschichte des Walzers Revolutionäre Veränderungen des öffentlichen Tanzens im 18. Jahrhundert

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Book cover Gesellige Musik
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Zusammenfassung

Paarweises Anfassen oder gar Umarmen der Geschlechter und heftiges Drehen zur Musik: Bevor diese Tanzpraxis des ›Rock’n Roll‹ in der bürgerlichen und adeligen Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert beim ›Walzer‹ auftaucht, gibt es eine lange Vorgeschichte in den ›niederen‹ Schichten des Volkes. Durch die Jahrhunderte hindurch zieht sich eine Spur von Entrüstungen, Beschimpfungen und Verboten von Seiten der geistlichen und weltlichen Obrigkeiten gegen die Tanzfreuden der einfachen Leute. Vor allem in den ländlichen Regionen scheinen im Mittelalter die Tanzvergnügen des Walzens, Hopsens, Schleifens und Drehens mit ihrer oft deftigen Sinnlichkeit weit verbreitet. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts finden sich in einem Tanzlehrbuch folgende Äußerungen zum Walzer:

»Nun ist zwar nicht zu leugen, daß […] also auch noch diese Stunde bey unsern natürlichen Täntzen allerhand Leichtfertigkeit und Muthwille ausgeübet wird: absonderlich aber bey denjenigen, so jährlich bey den Mayenfarthen, Pfingst-Bier, Kirmeß- und Fastnachts-Zeiten, entweder unter freyen Himmel, oder auch in öffentlichen Bier- und Schenck-Häusern angestellet werden, also wobey man öffters nichts, als geile Reden, unzüchtige Geberden, und leichtfertige Betastungen wahrnimmet, da Knechte und Mägde, Junggesellen und Jungfrauen, Männer und Weiber nicht anders, als das thumme Horn-Vieh, in und durch einander lauffen, und offtermahls solche genaue Bekandt- und Verwandtschafft mit einander machen, daß man es über drey Viertel-Jahr gewahr wird […]. Das Tantzen ist iederzeit eine Ursache vieler schändlichen Dinge und Ergernissen gewesen: Manche ehrliche Frau hat dabey verlohren, was sie zuvor lange bewahret: Manche unglückselige Jungfer hat gelernet, was ihr besser wäre verborgen geblieben.«

(Gottfried Taubert: Rechtschaffener Tantzmeister, Leipzig 1717, S. 108–109)

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Notizen

  1. Ein von England aus im 18. Jahrhundert in Europa verbreiteter Gesellschaftstanz, der in Reihen und Gruppen getanzt wurde. Es bürgerte sich bald ein, die letzte Tour als Einzelpaar und im Walzer zu tanzen.

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  2. Neben ›Dreher‹ u. a. Bezeichnungen ein üblicher Begriff für die ›3er‹-Tänze, die bald alle ›Walzer‹ genannt wurden.

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  3. (franz.) Hut.

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© 1991 Springer-Verlag GmbH Deutschland

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Schutte, S., Ritzel, F. (1991). Zur Frühgeschichte des Walzers Revolutionäre Veränderungen des öffentlichen Tanzens im 18. Jahrhundert. In: Gesellige Musik. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99036-5_7

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-99036-5_7

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-20437-0

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