Forschungsgeschichte, Forschungsstand, Forschungsaufgaben

Zusammenfassung

Die Kenntnis des Tristanstoffes erhielt sich durch den zum Volksbuch gewordenen und auf Eilharts Dichtung zurückgehenden spätmittelalterlichen ›Prosatristan‹ weit in die Neuzeit hinein. Ein ähnliches Nachleben und Nachwirken war Gottfrieds ›Tristan‹ nicht beschieden. Immerhin verdient es vermerkt zu werden, daß noch im Jahre 1722 in Hamburg eine Handschrift des Gottfriedschen Romans abgeschrieben wurde. 1785 veröffentlichte dann Christoph Heinrich Myller oder Müller (1740–1807) im zweiten Bande seiner »Sammlung deutscher Gedichte aus dem 12., 13. und 14. Jahrhundert« zum erstenmal Gottfrieds ›Tristan‹ (dazu auch die Fortsetzung Heinrichs von Freiberg), und zwar nach der Handschrift F. Man darf die Wirkung der ersten Ausgaben mittelhochdeutscher Dichtungen nicht überschätzen : Sie mußte schon wegen der sprachlichen Schwierigkeiten auf kleine Kreise beschränkt bleiben, um so mehr, als die notwendigen Hilfsmittel zu ihrer Erschließung fehlten, die für den ›Tristan‹ erst die zweite Ausgabe, die von Eberhard von Groote (1789–1864) im Jahre 1821 (nach der Handschrift H), in Form von Einleitung, Anmerkungen und Wörterbuch brachte.

Der forschungsgeschichtliche Überblick im ›Tristan‹-Buche Gottfried Webers (»Die Entwicklung der Gottfried-Forschung und die gegenwärtige Fragestellung«, Bd I, S. 9–31, dazu »Exkurs I: Zur Forschungsgeschichte«, Bd II, S. 7–46) sichtet die Forschung im Hinblick auf ihren Beitrag zur inneren Wesenserkenntnis des Gottfriedschen Werkes. Insofern überschneidet sich die hier folgende Zusammenfassung, die nicht auf diesen einen – für die gegenwärtige Gottfried-Forschung freilich entscheidenden – Gesichtspunkt abgestellt ist, nicht mit dem dort Ausgeführten, sondern beide Darstellungen ergänzen einander.