Döblins »Wallenstein« und die Geschichte

Zusammenfassung

Im Bewußtsein der Lesenden, auch derjenigen, die wachsam und empfänglich die Literatur der Jahre zwischen den Kriegen miterlebten, scheinen heute vom Werk Alfred Döblins vor allem der letzte große Wurf vor der Auswanderung, »Berlin Alexanderplatz«, und der Zukunftsroman »Berge, Meere und Giganten« lebendig und wirksam zu sein, während der zweibändige Roman »Wallenstein« hinter diesen Werken zurücktritt. Wie immer das zu erklären sein mag: Bedeutung und Gewicht des Wallensteinromans rechtfertigen solches zeitweilige Zurücktreten nicht. »Wallenstein«, 1920 erschienen, ist der große historische Roman der Nachkriegszeit. Erst mit ihm wird die ganze Spannweite der Erzählungskunst Döblins sichtbar. Es ist die gleiche epische Kraft, die sich vorher in großer Form an der fernen Welt des alten China bewährt, in den »Drei Sprüngen des Wang-lun« von 1915, die sich im »Wallenstein« der geschichtlichen Vergangenheit gestaltend annimmt, in »Berge, Meere und Giganten« (1924) der Zukunft, in »Berlin Alexanderplatz« (1929) endlich der unmittelbarsten Gegenwart. Ferne, Vergangenheit, Zukunft, nächste Gegenwart: so schreitet der Erzähler die Welt ab, bemächtigt sich ihrer Dimensionen.