Zusammenfassung
Seit Vicos geschichtsphilosophischen Ideen (s. S. 2) erregte der Gedanke an eine geschichtsbildende Volksindividualität, die Vorstellung von einem geschichtlich wirkenden „Volksgeist“ mehr und mehr die Gemüter. Dazu kam das Erwachen einer poetisch überhöhten Aufwertung der Kulturgüter vor allem des Landvolkes. Der „Zurück-zur-Natur“-Prophet Jean Jacques Rousseau (1712–1778) wurde aus sozialem Bewußtsein und Zivilisationsüberdruß nicht nur zum philosophischen Vorkämpfer der französischen Revolution; seine Lehre von der Dominanz des Gefühls, der Gleichheit von Naturnähe und reinem wahren Leben machte ihn zugleich zum Leitstern einer romantischen Volkskunde. Er wollte der Menschenliebe der gebildeten Welt die Naturhaftigkeit und unbefangene Bildungslosigkeit der Landleute empfehlen, und von daher läßt es sich erklären, wenn die Romantiker seine demokratische Naturphilosophie zur Primitivitätsbewunderung und Bauernverherrlichung uminterpretierten.
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Literatur
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Weber-Kellermann, I. (1969). Die Verklärung der Volkskunde durch die Romantiker. In: Deutsche Volkskunde zwischen Germanistik und Sozialwissenschaften. Sammlung Metzler. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-98951-2_3
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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