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Zusammenfassung

Die Termini »Verzweigungen« und »Scharniere« werden eingeführt, um den Prozess begreifen und beschreiben zu können, der den ästhetischen Gegenstand Lied ausmacht. Als Objekt mit beschreibbaren Eigenschaften, seien es immanente, die aus dem Tonsatz erschlossen, oder anhaftende, die von Spieler oder Hörer, indem er auf textliche, musikalische Einzelheiten reagiert, beigefügt werden, ist ein Lied nicht verständlich. Seine Expressivität und Verständlichkeit geht aus der Wechselwirkung von Struktur und Kontingenzen, von Innen und Außen der Musik hervor. Ob dieser Prozess in einer Symbiose von Sprache und Musik kulminiert, die ein neues Ganzes bilden, in dem nach derVerto nung‘ der Text von ‚seiner‘ Musik nicht mehr ablösbar ist,1 erscheint eher zweifelhaft. Der Verführungskraft einer hypostasierten Kategorie des Ganzen ist zu widerstehen. Durch abstrakte Abwendung, durch Hypostasierung des isolierten Details, entkommt man ihrem Bann jedoch nicht — das lehrt die Erfahrung der de-la-Motte-Schule.2 Die Idee des Ganzen hat regulative Funktion3 in einem Prozess des Verstehens, der stets primär bleibt und unabschliessbar ist. Indem man die Idee des Ganzen (im Kantschen Sinn) der Analyse zugrundelegt, gelangt man — nicht zu Einheit und symbiotischer Ganzheit, in der der Prozess sein Ende erreicht, sondern zu durchgängiger funktionaler Bestimmtheit der Einzelheiten, die so, als Funktionen des Prozesses, erst verständlich und ausdrucksvoll werden.

In memoriam Wolfgang Kübler

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Notizen

  1. Helga Lühntag, Beethovens Annäherungen an Goethe, in: Beethoven und Goethe, hrsg. von Jochen Golz, Michael Ladenburger, Bonn u. a. 1999 (Veröffentlichungen des Beethoven-Hauses, Ausstellungskatalog; Bd. 7), S. 23–42, Zitat auf S. 28.

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  2. Diether de la Mottes erste Arbeiten wirkten befreiend. Sein Analyse-Buch (Musikalische Analyse, mit kritischen Anmerkungen von Carl Dahlhaus, Kassel u. a. 1972) demonstrierte, dass die Hinwendung zur Geschichte Phantasiehorizonte zu öffnen und der Werkbetrachtung Beweglichkeit zu verleihen vermag. Versäumt wurde, diese Erfahrung methodisch zu reflektieren und zu entwikkeln. Das hat mit der Theoriefeindlichkeit der deutschen Musiktheorie zu tun. Ohne systematische Reflexion aber blieb nur der Weg der unendlichen Wiederholung der Primärerfahrung, die mittlerweile zum — imitierbaren — Stil geworden ist.

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  3. Der Ausnahmen sind selbstredend viele: Carl Dahinaus, Schönbergs Lied ‚Streng ist uns das Glück und spröde‘, in: ders., Schönberg und andere, Mainz 1978, S. 172–180; Michael Zimmermann, Harmlosigkeit und Melancholie bei Christian Morgenstern und Paul Hindemith, in: Das musikalische Kunstwerk. Festschrift Carl Dahlhaus zum 60. Geburtstag, hrsg. von Hermann Danuser, Helga de la Motte-Haber u. a., Laaber 1988, S. 725–735.

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  4. Brief an Theresa Malfatti von Ende Mai 1810 (Ludwig van Beethoven, Briefwechsel, Gesamtausgabe, Bd. 2, München 1996, S. 123).

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  5. Von Theresa Malfatti stammt eine Abschrift des Lieds »Kennst du das Land«, die Beethoven vervollständigte. Das Faksimile wurde als Band 13 der Reihe 3 vom Beethoven-Haus mit einem Kommentar von Helga Lühning publiziert: Drei Liedernach Gedichten von Goethe, Bonn 1999.

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  6. Das gilt auch für den Dichten Ich glaube also, dass der Autor seinen Figuren etwas von sich selbst mitgibt und bin ebenso überzeugt, dass von ihm erfundene Gestalten ihn selbst beeinflussen. T. S. Eliot, Die drei Stimmen der Dichtung, in: ders., Essays 2, Frankfurt/Main 1988, S. 13.

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  7. Zum folgenden vgl. vom Verf., Klanggestaltung und Zeitdisposition bei Alfred Cortot, oder: Der Pianist bei der Lektüre der Partitur, in: Der Grad der Bewegung. Tempovorstellungen und -konzepte in Komposition und Interpretation 1900–1950, hrsg. von Jean-Jacques Dünki, Anton Haefeli, Regula Rapp, Bern 1998, S. 133–159.

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  8. Vgl. E. T. Cone, The Composer’s Voice, Berkeley 1974; ders., Poet’s love or composer’s luve, in: Music and text: critical inquiries, hrsg. von Steven Paul Scher, Cambridge 1992, S. 177–192.

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  9. Roland Barthes, Le grain de la voix, in: ders., L’obvie et l’obtus. Essais critiques III, Seuil 1982, S. 236–245, dt. in: ders., Der entgegenkommende und der stumpfe Sinn, Frankfurt/Main, S. 269–278.

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Georg Günther Reiner Nägele

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Kabisch, T. (2002). Verzweigungen und Scharniere. In: Günther, G., Nägele, R. (eds) Das Lied im Deutschen Südwesten im 18. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-98865-2_12

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-98865-2_12

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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