Zusammenfassung
BETRACHTET MAN DIE WORTFÜHRER DER NEUEN ANTIBIEDERMEIER-lichen Bewegung, die Pariser Emigranten, so scheint ein Geist aufgekommen zu sein, der jedes Verständnis für das geschichtliche Drama unmöglich macht. „Andere Menschen und Völker, die Ehrgeiz haben, suchen etwas zu werden, der echte Deutsche sucht etwas gewesen zu sein“, so spottet Börne, der sich stolz „den gegenwärtigsten aller Menschen“ nennt, „die sich je in den Strassen von Paris umhergetrieben haben“.1) „Modern“ wird zum Schlagwort auch für die Kunst. Das Volk der „grossen Revolution“ und der Julirevolution wird vor allem deshalb zum Vorbild, weil es seine Vergangenheit abzuschütteln und mit allen „katholischen“ Traditionen zu brechen versucht. Für Heine ist sogar Uhland, wegen seiner Mittelalterverehrung, katholisch. Sein scharf geführter Federkrieg gegen die Romantik, gegen die idealistische Philosophie, gegen die „Schwäbische Schule“ ist nicht nur ein literarischer Kampf, sondern ein Kampf gegen Deutschland überhaupt, gegen seine Substanz, seine Vergangenheit, zu der sich Uhland, auch und gerade wo er Neues erstrebt, bekennt. Für die frühe Entfaltung des Geschichtsdramas gibt es in Frankreich keine gleichgewichtige Parallele; wo sich aber später, vor allem unter dem Einfluss Schillers und Scotts, ein geschichtliches Drama in Frankreich entwickelt hat, da hört Heines Respekt vor dem französischen Geiste auf Victor Hugo, so sagt er, „hegt eine krankhafte Scheu vor den brausenden Strömen der Gegenwart und geht nicht gern zur Tränke, wo das Tageslicht in den frischen Fluten sich abspiegelt. …..
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Literatur
Näheres darüber bei H. Bessler, Studien zum historischen Drama der Jungdeutschen, Diss. Leipzig 1935. Dort auch über die allgemeinen geschichtlichen und geschichtsphilosophischen Neigungen der Jungdeutschen, die aber m. E. Bessler zu ernst nimmt. Das Meiste war Anpassung an den Gegner (s.u. über „Wullenweber“). Die im jungdeutschen Geschichtsdrama waltende „Diskrepanz zum gegebenen Stoffe“ arbeitet auch Bessler heraus.
Karl Gutzkow als Dramatiker, Stuttgart 1915, Breslauer Beiträge zur Literaturgesch., Neuere Folge, 48. Heft. Auch die Zeit selbst arbeitet mit dem Begriff des sozialen Dramas. Umso unverständlicher die lakonische Abfertigung Gutzkows (½ Seite) durch E. Dosenheimer, Das deutsche soziale Drama von Lessing bis Sternheim, Konstanz 1949.
Robert Prutz, Über das deutsche Theater, Dramat. Werke, Leipzig 1849, IV, 5.
Nicht gedruckt. Darüber ausführlich: F. Brosswitz, Heinrich Laube als Dramatiker, Breslauer Diss. 1908, S. 9 ff.
Vgl. Paul Weiglin, Gutzkows und Laubes Literaturdramen, Berlin 1910, Palästra CIII. Gutzkows berühmt gewordene und bis ins 20. Jahrhundert häufig gespielte Tragödie „Uriel Acosta“ (1846) gehört zeitlich und thematisch zu dieser Dramengruppe. Auch hier ist die Selbstdarstellung, nicht die Geschichtsdarstellung ausschlaggebend. Dem Wert nach stellen wir dies Stück, wie alle tragischen Versuche Gutzkows, hinter seine Lustspiele. Diese Meinung vertrat schon Hebbel (Kritik von „Urbild des Tartuffe“).
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Sengle, F. (1952). Geschichtsdrama und Jungdeutsches Aktualitätsstreben. In: Das Deutsche Geschichtsdrama. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-98830-0_11
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-98830-0_11
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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