Zusammenfassung
GRABBES AUSGANGSPUNKT IST DIE VON TIECK BEFÜRWORTETE episch-historische Art des Geschichtsdramas. An Tieck schickt Grabbe sein wildes und weitläufiges Erstlingswerk „Herzog Theodor von Gothland.“ Es ist scheinbar ein historisches Drama, ja schon ein Kriegs-Drama wie die meisten Stücke Grabbes; es fehlt nicht an Feldherrn, Soldaten, Grafen, Königen, Zweikämpfen und Schlachten. Aber Grabbe selbst schreibt später darüber: „Gothland ist in der Handlung eine Erfindung, obwohl ich, eh’ ich ihn begann, aus angeborener Liebe nordische Natur und Geschichte studiert habe.“ Das Drama will also nur ganz allgemein „nordisch“ sein, im Sinn von leidenschaftlich, shakespearisch. Auch Tieck sagt in seinem berühmten Brief über Gothland nichts vom Stoff. Er erkennt das Drama als die Konfession eines grossen aber äusserst gefährdeten Dichters, und er schreibt diesem mit sehr tiefem Verständnis die Worte: „Sind Sie … jung … , so möchte ich in Ihrem Namen erbangen, denn wenn Ihnen schon so früh die echte poetische Hoffnungs- und Lebenskraft ausgegangen ist, wo Brot auf der Wanderung durch die Wüste hernehmen? Ich möchte Sie dann warnen, diesem Zerstörungsprozesse des Lebens nachzugeben.“ Wir sind hier unmittelbar an dem Punkt angelangt, wo Grabbes Geschichtsverehrung einsetzen muss. Die Geschichte ist ihm Rettung aus dem Nichts, vielleicht das einzige Brot auf der Wanderung durch die Wüste. Die Religion, die idealistische Sittlichkeit, die überlieferte Form der Gesellschaft, die eigene Persönlichkeit, — all das kann ihn nicht erfreuen und tragen, aber aus der Vergangenheit der Menschheit strahlen einzelne lichte Sterne, die zeigen, dass vielleicht nicht ein wert-volles aber ein starkes, heroisches Leben möglich ist.
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Literatur
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Sengle, F. (1952). Grabbe und Büchner. In: Das Deutsche Geschichtsdrama. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-98830-0_10
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