Zusammenfassung
Um die Problematik des musikgeschichtlichen Epochenbegriffs „Romantik“ besser begreifen zu können, ist es hilfreich, sich zu vergegenwärtigen, wie bewußt bereits der junge Schumann von der historischen Bedeutung der „romantischen“ Musik seit Beethoven gesprochen hat. 1834, etwa zur Zeit als er aus Wilhelm Christian Müllers „Aesthetisch-historischen Einleitungen in die Wissenschaft der Tonkunst“ Daten zur Musikgeschichte exzerpierte,1 kündigte Schumann Theodor Töpken eine musikhistorische Arbeit an, in der „die letzte Sinfonie von Beethoven (als Wendepunkt der classischen zur romantischen Periode)“ beschrieben werden sollte [31]. Schumanns musikgeschichtliche Ansicht, Beethoven und Schubert hätten die Grundlage geschaffen für „eine neue noch nicht völlig entwickelte Schule, von der sich erwarten läßt, daß sie eine besondere Epoche in der Kunstgeschichte bezeichnen wird“ [51], wurde von seinen Kritikern freilich nicht geteilt. Den einen galt die Musik im allgemeinen als „romantisch“, weshalb die Musik seit Beethoven keine „romantische“ Epoche im besonderen bilden konnte.2 Wenn überhaupt von einer „romantischen“ Epoche die Rede sein könne, dann geschichtsphilosophisch gesehen vom Mittelalter, das längst vergangen war. Schumann alias Florestan kommentierte diese Kritik im „Denk- und Dichtbüchlein“ mit dem Aperçu, „Rezensenten … Daß sich in der Musik, als romantisch an sich, eine besondere romantische Schule bilden könne, ist schwerlich zu glauben“ [49].
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Anmerkungen zu Kapitel 6
Wilhelm Christian Müller, Aesthetisch-historische Einleitungen in die Wissenschaft der Tonkunst, Teil 1 : Versuch einer Aesthetik der Tonkunst im Zusammenhange mit den übrigen schönen Künsten nach geschichtlicher Entwicklung, Teil 2: Uebersicht einer Chronologie der Tonkunst mit Andeutungen allgemeiner Civilisation und Kultur-Entwickelung, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1830. — Robert Schumann, Geschichte der Musik (nach Müllers Ästhetik), RSchH, Sig.: 4871 V, 1 -A3. — Bernhard Meissner, Geschichtsrezeption als Schaffenskorrelat, Studien zum Musikgeschichtsbild Robert Schumanns, Bern: Franke, 1985, S. 77 ff.
Peter Ramroth, Robert Schumann und Richard Wagner im geschichtsphilosophischen Urteil von Franz Brendel, Frankfurt a. M. [u.a.]: Peter Lang, 1991.
Franz Brendel, Geschichte der Musik in Italien, Deutschland und Frankreich, Von den ersten christlichen Zeiten bis auf die Gegenwart, 22 Vorlesungen, Leipzig: Hinze, 11852, S. 436.
Franz Brendel, Geschichte der Musik in Italien, Deutschland und Frankreich, Von den ersten christlichen Zeiten bis auf die Gegenwart, 21855, S. 24, 171, 195.
Franz Brendel, Geschichte der Musik in Italien, Deutschland und Frankreich, Von den ersten christlichen Zeiten bis auf die Gegenwart, 21855, S. 312.
August Wilhelm Ambros, Culturhistorische Bilder aus dem Musikleben der Gegenwart, Leipzig: Matthes, 1860, S. 53.
Julius Alsleben, Abriss der Geschichte der Musik für Musiker und Dilettanten, 12 Vorlesungen über die Entwickelung der heutigen Musik von ihren ersten Spuren bis auf Wagner und Liszt, Berlin, 1862, S. 7.
Paul Frank, Geschichte der Tonkunst, Ein Handbüchlein für Musiker und Musikfreunde, In übersichtlicher, leichtfaßlicher Darstellung, Leipzig: Merseburger, 1863, S. 202.
Heinrich Adolf Köstlin, Geschichte der Musik im Umriß für die Gebildeten aller Stände dargestellt, Tübingen: Laupp, 1875, S. 308.
Martin Wehnert, „Romantik und romantisch“, In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Allgemeine Enzyklopädie der Musik begründet von Friedrich Blume, Zweite, neubearbeitete Auflage, Hrsg. v. Ludwig Finscher, Sachteil, 21 Bde., Bd. 8, Kassel und Stuttgart [u.a.]: Bärenreiter und Metzler, 1998, Sp. 474.
August Reissmann, Allgemeine Musiklehre, Für Lehranstalten und zum Selbstunterricht, Berlin: Weber, 1864, S.289–308.
August Reissmann, „Die Romantik und die Tonkunst“, In: Neue Berliner Musikzeitung, 28 (1874), S. 313 ff. u. 321 ff.
August Reissmann, Leichtfassliche Musikgeschichte in zwölf Vorlesungen, gehalten im Conservatorium der Musik zu Berlin, Zweite Auflage, Berlin: Janke, 1881, S. 171–190.
Ludwig Bußler, Geschichte der Musik, 6 Vorträge über die fortschreitende Entwickelung der Musik in der Geschichte, Berlin: Habel, 1882, S. 163 ff.
Paul Marsop, Der Einheitsgedanke in der deutschen Musik, Eine kritisch-ästhetische Studie, Berlin: Barth, 1885, S. 40.
Paul Marsop, Der Einheitsgedanke in der deutschen Musik, Eine kritisch-ästhetische Studie, Berlin: Barth, 1885, S. 51.
Ludwig Meinardus, „Klassizität und Romantik in der deutschen Tonkunst, Vortrag, gehalten am 2. November 1892 in öffentlicher Sitzung der Königlichen Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt“, In: Jahrbücher der königlichen Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt, (1893), S. 306.
Karl Heinz Bohrer, Die Kritik der Romantik, Der Verdacht der Philosophie gegen die literarische Moderne, Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1989, S. 251.
Edgar Istel, Die Blütezeit der musikalischen Romantik in Deutschland, Leipzig: Teubner, 1909.
Werner Hilbert, Die Musikaesthetik der Frühromantik, Fragment einer wissenschaftlichen Arbeit, Remscheid: Schmidt, 1911, S. 41.
Arnold Schering, „Aus den Jugendjahren der musikalischen Neuromantik“, In: Jahrbuch der Musikbibliothek Peters, 24 (1917), S. 45–64.
Arnold Schering, „Kritik des romantischen Musikbegriffs“, In: Jahrbuch der Musikbibliothek Peters, 44 (1937), S. 9–28.
Walter Benjamin, Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik, Bern: Francke, 1920 (Neue Berner Abhandlungen zur Philosophie und ihrer Geschichte, Hrsg. v. Richard Herbertz, Fünftes Heft).
Gustav Becking: „Zur musikalischen Romantik“, In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistespeschichte, 2 (1924) 3, S. 581–615.
Arnold Schmitz, Das romantische Beethovenbild, Darstellung und Kritik, Berlin und Bonn: Dümmler, 1927, Nachdruck: Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1978, S. 1.
S. Werner Braun, Das Problem der Epochengliederung in der Musik, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1977.
Peter Rummenhöller, Romantik in der Musik, Analysen, Portraits, Reflexionen, Kassel [u.a.]: Bärenreiter, dtv, 1989, S. 9.
Friedrich Blume, „Romantik“, In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Allgemeine Enzyklopädie der Musikwissenschaft, Hrsg. v. Friedrich Blume, 16 Bde., Bd. 11., Kassel: Bärenreiter, 1963. Sp. 785.
Carl Dahlhaus, Die Musik des 19. Jahrhunderts, Wiesbaden: Athenaion, Laaber: Laaber Akademische Verlagsanstalt, 1980, S.13.
Carl Dahlhaus, Die Idee der absoluten Musik, 2. Auflage, Kassel: Bärenreiter, 1987, S. 8 f.
Rudolf Schäfke, Geschichte der Musikästhetik in Umrissen, Zweite Auflage mit einem Vorwort von Werner Körte, Tutzing: Schneider, 1964, S. 326.
Arno Forchert, Studien zum Musikverständnis im frühen 19. Jahrhundert, Voraussetzungen und Aspekte zeitgenössischer Deutung instrumentaler Musikwerke, (Habil. mschr.) Berlin (FU), 1966.
Eduard Hanslick, Vom Musikalisch-Schönen, Ein Beitrag zur Revision der Aesthetik der Tonkunst, Historisch-kritische Ausgabe, 2 Tie., Teil 1, Hrsg. v. Dietmar Strauss, Mainz [u.a.]: Schott, 1990, S. 45, 52,91.
Albrecht v. Massow, „Absolute Musik“, In: Handwörterbuch der musikalischen Terminologie, Hrsg. v. Hans Heinrich Eggebrecht, Stuttgart: Steiner, 1994, S. 5.]
Rights and permissions
Copyright information
© 1999 Springer-Verlag GmbH Deutschland
About this chapter
Cite this chapter
Tadday, U. (1999). Qual und Marter dieser musikalischen Übergangsperiode. In: Das schöne Unendliche. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05580-4_7
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05580-4_7
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-01664-5
Online ISBN: 978-3-476-05580-4
eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)