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Schriftstellers »Verantwortung« und Autors »Tod«. Autorkonzepte und offene Gesellschaft am Beispiel des deutsch-deutschen Literaturstreits.

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Autorschaft: Positionen und Revisionen

Part of the book series: Germanistische Symposien Berichtsbände ((GERMSYMP))

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Zusammenfassung

Die Aufklärung hat den dichtenden Volkserzieher, die klassisch-romantische Ästhetik den Dichter-Priester und die Erlösung der Welt durch die Kunst erfunden. Seither ist die Selbstzuschreibung von »Verantwortung« — Verantwortung des Künstlers für Denken und Normenbildung der Gesellschaft — fester Bestandteil schriftstellerischer Identitätskonzepte, der sich durch die im selben historischen Kontext entstandene Überzeugung, dass Menschen frei, mithin für sich selbst verantwortlich sein sollen, kaum je verunsichert zeigte. Der Universalitätsanspruch, in dem diese Selbstzuschreibung von Anfang an verankert war, das heißt: der Anspruch, im Namen verbindlicher Wahrheit und universeller Werte für alle und zu allen zu sprechen, hat sich durch den Prozess fortschreitender Pluralisierung von Wahrheit, der moderne Gesellschaften kennzeichnet, wenig irritieren lassen. Eher im Gegenteil: Die dissoziierenden Kräfte des Modernisierungsprozesses provozierten überhaupt erst jene kulturkritisch grundierten Selbstentwürfe, in denen die Dichter als »Bewahrer der Natur« (Schiller), als »ächte Priester« (Novalis) oder letzte »Statthalter des gesellschaftlichen Gesamtsubjekts« (Adorno) figurieren, denen es obliegt, in der als bedrohliche Zersetzung gesellschaftlicher Einheit, Totalität und normativer Bindung verstandenen Moderne für eben diese Einheit, Totalität und Normativität einzustehen. Die Selbstzuschreibung von »Verantwortung« wird in dieser Sicht lesbar als Konsequenz einer latent (teils auch offen) gegenmodernen Reserve gegen die plurale Gesellschaft.

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Notizen

  1. Vgl. Vf.: »Aufklärung und Propaganda. Politische Konsensbildung in Literatur und Publizistik der frühen Nachkriegszeit in Westdeutschland.« In: IASL 25 (2000), H. 2, S. 115–133;

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  2. Königsdorf, Helga: »Der Schmerz über das eigene Versagen. Was bleibt von der DDR-Literatur.« In: Die Zeit vom 1. Juni 1990.

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  3. Braun, Volker: »3. Oktober 1990.« In ders.: Wir befinden uns soweit wohl. Wir sind erst einmal am Ende. Frankfurt/M. 1998, S. 57.

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  4. Wolf, Christa: »Wo ist euer Lächeln geblieben? Brachland Berlin 1990.« In dies.: Auf dem Weg nach Tabou. Texte 1990–1994. Köln 1994, S. 45.

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  5. Schirrmacher, Frank: »›Dem Druck des härteren, strengeren Lebens standhalten‹. Auch eine Studie über den autoritäten Charakter: Christa Wolfs Aufsätze, Reden und ihre jüngste Erzählung Was bleibt.« In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2. Juni 1990.

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  6. Erneut in: «Es geht nicht um Christa Wolf«. Der Literaturstreit im vereinten Deutschland. Hg. v. Thomas Anz, München 1991, S. 77–89.

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  7. Das kann hier aus Platzgründen nicht näher gezeigt werden. Vgl. dazu die in Anm. 1 genannten Aufsätze sowie Laurien, Ingrid: Politisch-kulturelle Zeitschriften in den Westzonen 1945–1949. Ein Beitrag zur politischen Kultur der Nachkriegszeit. Frankfurt/M./Bern/New York/Paris 1991 (Europäische Hochschulschriften, Reihe III, Bd. 502).

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  8. Vgl. Stockinger, Ludwig: »Der Bedeutungsverlust des Weimarer Kulturmodells nach 1989. Voraussetzungen und Konsequenzen für die Hochschullehre in den neuen Bundesländern.« In: Konzepte und Perspektiven germanistischer Literaturwissenschaft. Hg. von Christa Grimm, Ilse Nagelschmidt und Ludwig Stockinger. Leipzig 1999, S. 79–89.

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  9. Greiner, Ulrich: »Mangel an Feingefühl«. In: Die Zeit vom 1. Juni 1990. Erneut in: «Es geht nicht um Christa Wolf» (s. Anm. 9), S. 66–70.

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  10. Greiner, Ulrich: »Keiner ist frei von Schuld. Deutscher Literaturstreit: Der Fall Christa Wolf und die Intellektuellen«. In: Die Zeit vom 27. Juli 1990. Erneut in: «Es geht nicht um Christa Wolf» (s. Anm. 9), S. 179.

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  11. Wolf, Christa: Was bleibt. 5. Aufl. München 1999 (dtv 11929), S. 96. — Ich lese die Charakterisierung des Publikums der Dichterlesung am Ende von Was bleibt als Porträt der Bürgerrechtsbewegung der späten achtziger Jahre.

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  12. Bogdal, Klaus-Michael: »Wer darf sprechen? Schriftsteller als moralische Instanz — Überlegungen zu einem Ende und einem Anfang.« In: Der deutsch-deutsche Literaturstreit oder »Freunde, es spricht sich schlecht mit gebundener Zunge«. Hg. von K. Deiritz und H. Krauss. Hamburg 1991, S. 41.

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  13. Vgl. Petersdorff, Dirk von: »200 Jahre Kunstreligion!« In ders.: Verlorene Kämpfe. Essays. Frankfurt 2001, S. 15–45;

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  14. Breuer, Stefan: Ästhetischer Fundamentalismus. Stefan George und der deutsche Antimodernismus. Darmstadt 1995.

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  15. Greiner, Ulrich: »Die deutsche Gesinnungsästhetik. Noch einmal: Christa Wolf und der deutsche Literaturstreit. Eine Zwischenbilanz«. In: Die Zeit vom 2. November 1990. Erneut in: «Es geht nicht um Christa Wolf» (s. Anm. 9), S. 208–216.

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  16. Vgl. Bohrer, Karl Heinz: »Die Ästhetik am Ausgang ihrer Unmündigkeit.« In: Merkur, H. 10/11 (Okt./Nov.) 1990, S. 851–865;

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  17. Steiner, George: Von realer Gegenwart. Hat unser Sprechen Inhalt? München 1990.

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  18. Hage, Volker: »Kunstvolle Prosa«. In: Die Zeit vom 1. Juni 1990. Erneut in: «Es geht nicht um Christa Wolf» (s. Anm. 9), S. 71–76.

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  19. Seitennachweise im laufenden Text beziehen sich auf Hilbig, Wolfgang: Ich. Roman (1993). Frankfurt 1995 (Fischer TB 12 669).

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Lohmeier, AM. (2002). Schriftstellers »Verantwortung« und Autors »Tod«. Autorkonzepte und offene Gesellschaft am Beispiel des deutsch-deutschen Literaturstreits.. In: Detering, H. (eds) Autorschaft: Positionen und Revisionen. Germanistische Symposien Berichtsbände. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05568-2_30

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