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Leibfromm: Der Sportkörper als Erlöser in Marieluise Fleißers Eine Zierde für den Verein

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Theatralität und die Krisen der Repräsentation

Part of the book series: Germanistische Symposien Berichtsbände ((GERMSYMP))

Zusammenfassung

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts vollzog sich bedingt durch den enormen technischen Wandel ein kultureller Umbruch, der traditionelle Wahrneh-mungs- und Deutungsmuster in allen Lebensbereichen erfaßte und die Formen menschlichen Verhaltens nachhaltig veränderte.1 Dieser Prozeß der Modernisierung führte zu einer Vielzahl neuer Sinnangebote und Handlungsmöglichkeiten2, war aber zugleich von einer Krise der Wahrnehmung begleitet. Diese Krise läßt sich umfassend als Krise der Repräsentation begreifen, und zwar über eine bloß sprachtheoretische Definition3 hinaus, insofern der angedeutete Wandel alle Zeichen- und Sinnsysteme betrifft.4 Der folgende Beitrag wird in diesem Zusammenhang am Beispiel von Marieluise Fleißers Roman Eine Zierde für den Verein das Verhältnis von Religion, Sport und Repräsentation5 thematisieren und zeigen, inwiefern der Körper als Darstellungsmittel des in sich höchst widersprüchlichen Modernisierungsprozesses fungiert.

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Notizen

  1. Modernisierung verstanden als Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten ist auf die Auflösung bzw. Veränderung gegebener Ordnung angelegt. Vgl. auch Vietta, Silvio/ Kemper, Dirk: Ästhetische Moderne in Europa. Grundzüge und Problemzusammenhänge seit der Romantik. München 1997.

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  2. Vgl. Behnke, Kerstin: »Krise der Repräsentation«. In: Ritter, Joachim / Gründer, Karlfried (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Basel 1992, Bd. 8, Sp. 846–853.

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  3. Vgl. dazu Brandstetter, Gabriele: Tanz-Lektüren. Körperbilder und Raumfiguren der Avantgarde. Frankfurt/Main 1995, bes. S. 51.

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  4. Zum Verhältnis von Sport und Religion vgl. auch Weis, Kurt: »Die Priester der Muskelkraft. Über die olympischen Spiele als Religionsersatz«. In: Caysa, Volker (Hg.): Sportphilosophie. Leipzig 1997, 318–326. Unter ›Repräsentation‹ werden hier nicht nur Zeichenoperationen, sondern verschiedene Formen körpergebundener Darstellung, Vergegenwärtigung und Stellvertretung verstanden, die rituellen Charakter haben können und Identität stiften bzw. bekräftigen. Eine bloß historische Trennung zwischen mittelalterlich/frühneuzeitlichem und modernem Repräsentationsbegriff geht an Theatralität als Körperlichkeit wohl vorbei. Als Überblick zu den verschiedenen Bedeutungsebenen des Begriffes vgl. auch Ragotzky, Hedda/ Wenzel Horst (Hg.): Höfische Repräsentation: Das Zeremoniell und die Zeichen. Tübingen 1990, dies., Einführung, S. 1–15.

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  5. Vgl. genauer Eisenberg, Christiane: »Massensport in der Weimarer Republik. Ein statistischer Überblick«. In: Archiv für Sozialgeschichte 33 (1993), S. 137–177.

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  6. Eine Entwicklung übrigens, die gerade in den Städten aufschlußreiche Verbindungen zur Geschichte des Kinos aufweist. Vgl. dazu Elsaesser, Thomas: Das Weimarer Kino — aufgeklärt und doppelbödig. Berlin 1999.

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  7. Vgl. Thomas Rüster, Die verlorene Nützlichkeit der Religion. Katholizismus und Moderne in der Weimarer Republik. Paderborn, München, Wien 1994, hier 13–15. Dennoch kann der Katholizismus als Bewegung als Teil eben des Modernisierungsprozesses, gegen den er Stellung bezog, verstanden werden. Schließlich bildete er ein Orientierungsangebot unter verschiedenen Wahlmöglichkeiten, dem nicht zuletzt politisch erhebliche Bedeutung zukam. Insofern ist er als eine moderne Bewegung gegen die Moderne zu begreifen. Eine solche Differenzierung führt ins Zentrum der aktuellen Moderne-Debatte, die versucht, die zu einfache Moderne/Anti-Moderne-Opposition aufzubrechen. Vgl. dazu aus der Perspektive einer Geschichte der Ästhetik Vietta/Kemper (s. Anm. 2); aus philosophischer Klinger, Cornelia: Flucht Trost Revolte. Die Moderne und ihre ästhetischen Gegenwelten. München/Wien 1995. Zur vorgeschlagenen Einordnung des Katholizismus vgl. Loth, Wilfried (Hg.): Deutscher Katholizismus im Umbruch zur Moderne. Stuttgart/Berlin/Köln 1991, Einleitung S. 9–19, hier: S. 10.

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  8. Unter dem Gesichtspunkt der Körper-Inszenierung ließe sich für das immer noch wenig beachtete Werk von Fleißer insgesamt eine neue, vielversprechende Lesart entwickeln. Demgegenüber untersucht die Forschung ihre Texte bislang fast durchweg unter dem Aspekt weiblicher Autorschaft und den freilich unabweisbaren Parallelen zwischen ihrem Leben und Schreiben. So beispielsweise noch Göttel, Sabine: »Natürlich sind es Bruchstücke«. Zum Verhältnis von Biographie und literarischer Produktion bei Marieluise Fleißer. St. Ingbert 1997, die allerdings selbst das Biographismus-Paradigma schon kritisiert.

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  9. Der Turmspringer Rih wird im Roman von seiner Mutter an den Gottesdienstbesuch erinnert, und in der Tat wird für die Zeit vor 1945 häufig von einer ›Feminisierung‹ der katholischen Kirche gesprochen, denn Frauen bildeten die überwiegende Mehrheit sowohl der regelmäßigen Kirchgänger als auch der katholischen Verbände. Vgl. Ruff, Mark Edward: »Katholische Jugendarbeit und junge Frauen in Nordrhein-Westfalen 1945–1962. Ein Beitrag zur Diskussion über die Auflösung des katholischen Milieus«. In: Archiv für Sozialgeschichte 38 (1998), S. 263–284, hier: S. 264.

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  10. Auch Siegfried Kracauer konstatierte mehrfach eine »gegen früher ungemein gesteigerte[n] religiöse[n] Bedürftigkeit«. Siegfried Kracauer, »Katholizismus und Relativismus«. In: ders.: Das Ornament der Masse. Essays. Frankfurt/M. 1977, S. 187–196, hier S. 195.

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  11. Vgl. Schleef, Einar: Droge Faust Parsifal Frankfurt/Main 1997. Nach seinen Ausführungen zu den Ritualen der Chor-Bildung und dem Chor als Jagdgemein-schaft stellt der Verfasser übrigens selbst undm.E. folgerichtig den Bezug zu Fleißer her. Vgl. Schleef, S. 10–12.

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  12. Vgl. dazu auch Schmitz, Walter: »… hier ist Amerika oder nirgends: Die negative Erlösung in Marieluise Fleißers Roman Eine Zierde für den Verein«. In: Text und Kritik 64, hrsg. v. Heinz Ludwig Arnold, München 1979, S. 61–73, hier: S. 64.

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  13. Vgl. dazu auch Vedder, Ulrike: »›Keine Sportperson‹? Marieluise Fleißer und der Sportgeist«. In: Frauen in der Literaturwissenschaft, Rundbrief 47: Sport und Kult, Hamburg 1996, 57–63, bes. 58.

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  14. An dieser Trennlinie liegt auch der Ansatzpunkt zu einer Ästhetik des Sports vgl. Seel, Martin: Ethisch-Ästhetische Studien. Frankfurt/Main 1996, 188–200.

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Fleig, A. (2001). Leibfromm: Der Sportkörper als Erlöser in Marieluise Fleißers Eine Zierde für den Verein. In: Theatralität und die Krisen der Repräsentation. Germanistische Symposien Berichtsbände. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05566-8_22

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05566-8_22

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-01827-4

  • Online ISBN: 978-3-476-05566-8

  • eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)

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