Zusammenfassung
Wilhelm von Burgsdorff [1] (1772–1822) gehört wie Karl Gustav von Brinkmann, Karl von Finckenstein oder Alexander von der Marwitz zu den Randerscheinungen der Romantik; wie sie adlig, freizügig und leichtsinnig und mit einem Hunger nach Liebe und Erlebnisfülle, der im Rahel- und Humboldtkreis eine teilweise Erfüllung fand; er ist wie sie z. T. auch heute nur noch durch den hinterlassenen Briefwechsel und andere fragmentarische Lebensdokumente bekannt. Wenn ihn der Trieb zur Geselligkeit und das Spielen mit dem Eros der Rahel und der Berliner Salonkultur nahebringen, so sind es andere Bindungen, die ihn über dreißig Jahre lang mit Ludwig Tieck [2] verknüpfen: der märkische Gutsbesitzersohn besucht dasselbe Berliner Gymnasium wie die Söhne des Seilermeisters Tieck und des Regierungsbeamten Wackenroder; wie sie genießt er eine hervorragende Schulbildung unter dem Aufklärer Friedrich Gedike, (dem auch Karl Philipp Moritz sein englisches Reisewerk widmet), er frequentiert wie sie den Kreis Johann Friedrich Reichardts und kennt den ersten Aufschwung einer empfindsam-klassischen Musik- und Theaterkultur in Berlin; und das überragende Jugenderlebnis des Freundes Reichardts ist die Französische Revolution. Als Göttinger Student nimmt er den Bürgersohn Tieck unter seine Fittiche und führt ihn in den grand monde von lauter »Grafen und Herrn« [3] (so Tieck an seine Schwester) ein und nährt jenen Geschmack an der Adelskultur, dem die bürgerliche Romantikergeneration nie untreu geworden ist.
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Anmerkungen
Zu Burgsdorff s. den immer noch unentbehrlichen Aufsatz von Alfons Fedor Cohn: Wilhelm von Burgsdorff. In: Euphorion 14 (1907), S. 533–565. Ebenfalls F. Poppenberg: Ein Lebens- und Gefühlsfragment aus der Romantik. In: Maskenzüge. Berlin 1912, S. 77–99.
Achim von Arnim: Erzählungen von Schauspielen. In: Europa. Eine Zeitschrift. Herausgegeben von Friedrich Schlegel. Frankfurt 1803, Bd. 2, S. 140–192. Schlegels »Vorerinnerung« S. 140–6.
A. F. Cohn: Wilhelm von Burgsdorff, Englisches Theater um 1800. In: TheaterKalender auf das Jahr 1913. Hg. v. Hans Landsberger und Arthur Rundt. Berlin 1912, S. 197–213. Es handelt sich hier lediglich um eine Teilveröffentlichung. Das noch nicht ganz edierte Tagebuch befindet sich im Tieck-Nachlaß, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz/Berlin, Kapsel 23.
Georg Forster: Werke. Sämtliche Schriften, Tagebücher und Briefe. Hg. v. der Akademie der Wissenschaften der DDR. Bd. 12: Tagebücher. Bearb. v. Brigitte Leuschner. Berlin 1973, S. 289.
Vgl. Herschel Baker: John Philip Kemble. The Actor in His Theatre. Cambridge, Mass. 1942, bes. S. 226ff.
Ludwig Tieck: Ueber die Kupferstiche nach der Shakspearschen Gallerie in London. Briefe an einen Freund. In: Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste 55 (1795), 2. Teil, S. 187–226.
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Paulin, R. (1988). Wilhelm von Burgsdorffs Reiseeindrücke von Paris und London 1798–1800 und 1817 und ihre Beziehungen zu Tiecks Englandbild. In: Wiedemann, C. (eds) Rom-Paris-London. Germanistische Symposien Berichtsbände. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05555-2_35
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