Zusammenfassung
Den methodischen Möglichkeiten, die die Untersuchung der gegenseitigen Beziehungen zwischen Text und Bild im Mittelalter eröffnet, steht die Mediävistik, wie es scheint, in jüngster Zeit wieder aufgeschlossener gegenüber. [1] Skeptisch zwar angesichts des Erkenntniswerts großangelegter Strukturvergleiche der Medien Literatur und bildende Kunst, wie sie die in der Wölfflin-Nachfolge entstandenen Arbeiten auszeichnete, ist man doch zuversichtlich, was die zugegeben »neopositivistische« Aufarbeitung von Bilderzyklen in Handschriften, die Rezeption literarischer Stoffe und Texte auf Fresken, Teppichen oder Elfenbeinen, oder ähnliche Materialbereitstellungen betrifft. Dennoch gilt uneingeschränkt die Feststellung von Christel Meier und Uwe Ruberg: »Der grundsätzlichen Bedeutung der Kombinationen von Text und Bild im Mittelalter hat die mediävistische Forschung bisher noch ungenügend entsprochen, ihre hermeneutischen Möglichkeiten nicht hinreichend genutzt. Denn meist wurde die wissenschaftliche Erschließung beide Medien beteiligender Werke aus der Perspektive jeweils nur einer der betroffenen Einzeldisziplinen unternommen und der Gegenstand der anderen bestenfalls als stoffliche, der Quellenkunde dienende Basis ausgewertet. Die Überlieferungslage fordert aber die Entwicklung von vergleichenden Verfahren, die die Fragen nach der Parallelität, Transformation und der Funktionalität der Medienverbindung grundlegend systematisch und historisch klären helfen«. [2] Die Kunstwissenschaft immerhin stellt mittlerweile ein methodisches Instrumentarium bereit, das geeignet erscheint, die Frage der »Wechselbeziehungen« zwischen den beiden Medien angemessen zu untersuchen — nachdem sie sich von allzu einseitigen stilkritischen Ansätzen gelöst und — in Deutschland später als anderswo — die ikonographisch-ikonologische Methode Warburgs und Panofskys rezipiert hat oder Probleme der Stillagen und der Gebrauchsfunktion von Stilen intensiver diskutiert. [3]
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Anmerkungen
Hugo Kuhn: Geleitwort. In: Hans Folz. Die Reimpaarsprüche. Hg. von Hanns Fischer. München 1961 (MTU. 1), S. VIIf.
Werner Schröder: Rezension von Peter Jörg Becker: Handschriften und Frühdrucke mittelhochdeutscher Epen. Wiesbaden 1977. AfdA 90 (1979) 22–28, hier S. 23.
So Hugo Kuhn: Versuch über das 15. Jahrhundert in der deutschen Literatur. In: H. K.: Entwürfe zu einer Literatursystematik des Spätmittelalters. Tübingen 1980, S. 77–101, hier v. a. S. 81.
Vgl. dazu Norbert H. Ott: Rechtspraxis und Heilsgeschichte. Zu Überlieferung, Ikonographie und Gebrauchssituation des deutschen ›Belial‹. München 1983 (MTU. 80), S. 249–251.
Julius von Schlosser: Materialien zur Quellenkunde der Kunstgeschichte, 1. Heft, S., 30. Zit. Dagobert Frey: Gotik und Renaissance als Grundlagen der modernen Weltanschauung. Augsburg 1929, S. 51.
Vgl. dazu Norbert H. Ott: Die Bilderlosigkeit jiddischer Handschriften. Zur Frage von Gebrauchssituation und Anspruch jiddischer Literatur anhand ihrer Überlieferung. Trierer Beiträge, Sonderheft 2 (Oktober 1977) 42–45.
Vgl. dazu Norbert H. Ott: Titelminiaturen als Besitzerhinweise. Zu zwei Lüneburger Rechtsspiegel-Handschriften des frühen 15. Jahrhunderts. Jb. der Deutschen Exlibris-Gesellschaft 1980, S. 3–10.
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Ott, N.H. (1984). Überlieferung, Ikonographie — Anspruchsniveau, Gebrauchssituation. In: Grenzmann, L., Stackmann, K. (eds) Literatur und Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit. Germanistische Symposien Berichtsbände. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05553-8_32
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