Zusammenfassung
Vergleicht man die deutschsprachige Überlieferung des ausgehenden Mittelalters mit der des 13. und 14. Jahrhunderts, so fällt zuerst ihr Umfang ins Auge und dann der überwältigende Anteil der Prosa, neuer, aber auch alter; jener »Emanzipationsprozeß […], durch den sich eine volkssprachliche Laienkultur aus der universalen Schriftlichkeit des Lateinischen« ausgliedert und der im 15. Jahrhundert neue Dimensionen gewinnt, vollzieht sich im wesentlichen in Prosa, und Prosatexte sind es, die am breitesten tradiert und bevorzugt gedruckt werden. Bezogen auf das Gesamtcorpus der erhaltenen Handschriften und erst recht der Drucke in der Volkssprache, ist die Versliteratur, in Reimpaaren und Strophen, quantitativ von geringer Bedeutung. Doch werden nach 1400 alte Texte in erstaunlicher Zahl und manche sogar nach längerer Pause mit neuem Elan abgeschrieben, ehe ihre Tradierung meistens noch vor der Reformation abbricht. Und die Neuschöpfungen in alten und neuen Gattungen sind ebenso zahlreich wie vielfältig, oft allerdings an eine Praxis gebunden, die durchaus auf eine Öffentlichkeit hin orientiert sein kann, aber einer breiten Schriftlichkeit nicht bedarf. [1]
Joachim Heinzle danke ich herzlich für ergänzende Hinweise und Berichtigungen.
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Anmerkungen
Vgl. Klaus Grabmüller/Peter Johanek/Konrad Kunze/Klaus Matzel/Kurt Ruh/Georg Steer: Spätmittelalterliche Prosaforschung. DFG-Forschergruppe-Programm am Seminar für deutsche Philologie der Universität Würzburg. Jb. f. Internationale Germanistik 5,1 (1973) 156–176 (hier S. 156 das Zitat); Kurt Ruh: Epische Literatur des deutschen Spätmittelalters. In: Europäisches Spätmittelalter. Hg. von Willi Erzgräber. Wiesbaden 1978 (Neues Handbuch der Literaturwissenschaft. 8), S. 117–188; Kurt Ruh: Geistliche Prosa. Überlieferung, Übersetzung, Typologie. Ebd. S. 565–605; Hugo Kuhn: Entwürfe zu einer Literatursystematik des Spätmittelalters. Tübingen 1980, hier insbes.: Versuch über das 15. Jahrhundert in der deutschen Literatur, S. 77–101 (wieder in: H. K.: Liebe und Gesellschaft. Hg. von Wolfgang Walliczek. Stuttgart 1980, S. 135–155).
Vgl. John Flood: Das gedruckte Heldenbuch und die jüngere Überlieferung des Laurin D. ZfdPh 91 (1972) 29–48, hier S. 46 f. Gegenüber der Statistik S. 46 verschieben sich die Relationen nur unwesentlich, wenn man die ›Herzog Ernst‹-Prosa ausklammert (die überlieferungsgeschichtlich der Heldendichtung fernsteht) und dafür die Drucküberlieferung aller Heldendichtungen zugrunde legt. Für das Heldenbuch und die Einzeldrucke der aventiurehaften Dietrichepen s. jetzt Heinzle [wie Anm. 5], S. 283 ff. (und Michael Curschmann, AfdA 91 [1980] 33).
Vgl. allgemein Werner Fechter: Das Publikum der mittelhochdeutschen Dichtung. Frankfurt a.M. 1935 (Deutsche Forschungen. 28), bes. S. 64ff.; Heinzle: Dietrichepik [wie Anm. 5], S. 268ff.
Hugo Kuhn: Zugang zur deutschen Heldensage (1952). In: H. K.: Dichtung und Welt im Mittelalter. Stuttgart 21969, S. 181–195, hier S. 185. — Zum Begriff der Faszination s. Kuhn: 15. Jahrhundert [wie Anm. 1], S. 88, 94, 96 (bzw. S. 145, 149, 151).
George T. Gillespie: Probleme um die Dichtungen vom ›Wunderer‹ oder ›König Theoderichs Glück und Ende‹. In: Deutsche Literatur des späten Mittelalters. Hamburger Colloquium. Hg. von Wolfgang Harms/L. Peter Johnson. Berlin 1975, S. 99–115.
Vgl. Lilli Fischel: Bilderfolgen im frühen Buchdruck. Konstanz 1963, S. 107ff. Eine durchillustrierte Heldenbuch-Hs. ist nicht bekannt. Wenn die Bilderfolge des Drucks nicht erst für den Druck geschaffen worden ist, knüpfte sie möglicherweise an den Bilderzyklus eines ›Ortnit‹/›Wolfdietrich D‹ an und erweiterte ihn; die Hss. a und b aus der elsässischen Werkstatt von 1418 weisen nur je 1 (Doppel-)Bild (a: Abb. 10, s. u. S. 371) auf, aber der verlorene wolff dietherich gemolt Laubers z.B. (Rudolf Kautzsch: Diebolt Lauber und seine Werkstatt in Hagenau. ZfB 12 [1895] 1–32, 57–113, hier S. 108) war wohl durchgehend illustriert. — Zur Illustration von Heldendichtung erst seit dem 15. Jh. vgl. Hella Frühmorgen-Voss: Text und Illustration im Mittelalter. München 1975 (MTU. 50), S. 11–15, und Norbert H. Otts Beitrag im vorliegenden Band.
Thomas Cramer: Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jahrhunderts. Bd. 1. München 1977, S. 79–82; vgl. Jörn Reichel, 2VL 1 (1978), Sp. 1041 f.
Vgl. Hanns Fischer: Studien zur deutschen Märendichtung. Tübingen 1968, S. 57–59. Für die aventiurehafte Dietrichepik vgl. Heinzle [wie Anm. 5], S. 75 f.
Jakob Twinger: ›Straßburger Chronik‹. Hg. von C. Hegel. Leipzig 1870/1871 (Die Chroniken der deutschen Städte. 8/9), S. 380, 25, bezogen auf die aventiurehafte Dietrichepik.
Ulrich Fuetrer: ›Bayerische Chronik‹. Hg. von Reinhold Spiller. München 1909 (Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte. N. F. 2,2); gedächtnüss: S. 3,16 u. ö., summ: S. 5,6, S. 214,13.
Püterich von Reichertshausen: ›Ehrenbrief‹. Hg. von Fritz Behrend/Rudolf Wolkan. Weimar 1920, Str. 100, 2; Hugo von Montfort. Hg. von J. E. Wackerneil. Innsbruck 1881 (Ältere tirolische Dichter. 3), Nr. XV, 158.
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Kornrumpf, G. (1984). Strophik im Zeitalter der Prosa: Deutsche Heldendichtung im ausgehenden Mittelalter. In: Grenzmann, L., Stackmann, K. (eds) Literatur und Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit. Germanistische Symposien Berichtsbände. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05553-8_29
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