Zusammenfassung
Das Verständnis von Geschichte und von der Geschichte der Kirche, wie es uns in der Reformationszeit entgegentritt, enthält im einzelnen mancherlei Varianten, Unterschiede und, wie sich noch zeigen soll, tiefe, unüberbrückbare Gegensätze. Aber im Blick aufs Ganze, auf den Anfang, die Mitte und das Ende, auf das Ziel und den Sinn der Geschichte und Kirchengeschichte war dieses Verständnis von einer bemerkenswerten Einfachheit und Einheitlichkeit. Sein Rahmen und seine hauptsächlichen Punkte waren auf allen Fronten und in den verschiedensten Lagern allgemein anerkannt. Der Grund hierfür ist einmal in der noch das gesamte Denken der Zeit verbindenden autoritativen Grundlage zu erblicken, in der Heiligen Schrift, insbesondere in den entsprechenden Aussagen des Alten Testaments, zum anderen in der Linienführung des auf der Heiligen Schrift aufgebauten Geschichtsbildes bei Augustinus. [1] Wie das ganze Mittelalter hindurch, so blieb das biblisch-augustinische Geschichtsbild auch im 16. Jahrhundert maßgebend; selbst im 17. Jahrhundert hat es bekanntlich noch in Bossuet einen letzten großen Vertreter gefunden. Diesem Geschichtsbild zufolge war der Anfang der Welt, der Menschheit und der Kirche und ihrer Geschichte durch Gottes Schöpfung vor mehr als 4000 Jahren vor Christus gesetzt. Die Erscheinung Christi als des Erlösers der Menschheit bildete den Angelpunkt der Weltgeschichte, die sich seitdem in zwei ungleiche Hälften teilte. Allgemeine Überzeugung war es, daß in der Gegenwart, 1500 Jahre nach Christus, der allergrößte Teil der Gesamtdauer abgelaufen war.
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Anmerkungen
Werner Goez: Translatio Imperii. Ein Beitrag zur Geschichte des Geschichtsdenkens und der politischen Theorien im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Tübingen 1958.
Zum Ganzen vgl. E. Menke-Glückert: Die Geschichtschreibung der Reformation und Gegenreformation. 1912 [ND Leipzig 1971].
Peter Meinhold: Geschichte der kirchlichen Historiographie I. 1967, S. 213 ff.
C. Dejung: Wahrheit und Häresie, eine Untersuchung zur Geschichtsphilosophie bei Sebastian Franck. Diss. phil. Zürich 1979. Das Folgende nach: Chronica, Zeitbuch vnnd Geschichtbibell. 21536 [ND 1969].
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Benrath, G.A. (1984). Das Verständnis der Kirchengeschichte in der Reformationszeit. In: Grenzmann, L., Stackmann, K. (eds) Literatur und Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit. Germanistische Symposien Berichtsbände. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05553-8_11
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05553-8_11
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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