Zusammenfassung
Die Frage klingt abstrakt. Man ist zugleich aber auch in sehr großem Ausmaß auf materialreiche textgeschichtliche Vergleiche angewiesen, um sie gut bearbeiten zu können. Daher kommt hier sogar die Philosophie (mein Fach) an Grenzen. Immerhin gibt es Verdachtsmomente. Es könnte sein, dass die um 1900 sich herausformende Moderne auf einer unvermerkten, aber drastischen Vereinfachung des (ihren Wahrheitsvorstellungen zugrundeliegenden) populären und wissenschaftlichen Wirklichkeitsverständnisses aufsetzt. Wir heute kennen nur das Ergebnis: Wir verwenden den Ausdruck »wirklich« als ein zweiwertiges Prädikat. Etwas ist entweder wirklich oder aber nicht. Graustufen dazwischen — etwa einen stufenlosen Wirklichkeitswert: mehr oder weniger wirklich — kennen wir ebenso wenig wie harte Wirklichkeitskonkurrenzen, also »gleich Wirkliches«, das so solide nebeneinander steht wie etwa (ich nenne Modi des Wirklichen, die man in der griechischen Antike wohl im Plural unterschieden hätte) die nüchterne Wachheit des Tages, der Rausch der Berauschten, die Vision des Sehers, der Traum der Nacht — und vermutlich mehr.
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Gehring, P. (2015). Goldprobe Hat sich die Form, die wir »Wirklichkeit« nennen, verwandelt?. In: Kaube, J., Laakmann, J. (eds) Das Lexikon der offenen Fragen. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05468-5_40
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Print ISBN: 978-3-476-02620-0
Online ISBN: 978-3-476-05468-5
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