Zusammenfassung
Seit Jahrhunderten sind Nationalisten hüben und drüben bestrebt, die Prager tschechische und die Prager deutsche Literatur gegeneinander auszuspielen, als ob es das einzige Ziel der Literaturen wäre, den monochromen Nationalstaat vorzubereiten. Es ist eine schönere Aufgabe, die Horizonte offen zu halten, die anderen Prager Literaturen in ihrem Zusammenspiel zu betrachten und Prag zu einer europäischen Literaturmetropole ersten Ranges zu erheben. Immerhin: Es begann mit kirchenslawischen Texten im Kloster Sasau (bis ins 11. Jahrhundert), ehe man in anderen Klöstern Lateinisch schrieb, die fahrenden Sänger aus Deutschland kamen, das alte Tschechische in Chroniken und dramatischen Szenen zu lesen und zu hören war, Gäste aus Italien und Frankreich ihren Aufenthalt am Hofe nahmen und sogar englische katholische Dichterinnen, wie Elisabeth Jane Weston, als Flüchtlinge ihre Förderung durch Kaiser Rudolf II. fanden. Selbst wenn ich die historischen Sprachstufen vernachlässige, komme ich noch auf sechs oder sieben Literatursprachen, die man in Prag pflegte (Kirchenslawisch, Lateinisch, Tschechisch, Deutsch, Hebräisch, Jiddisch), bevor noch von Europa die Rede war. Es gab Zeiten, in denen hebräische Texte in deutschen Lettern gedruckt wurden, um sie einem weiteren Leserkreis und auch den Frauen zu öffnen.
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Demetz, P. (2017). Essay von Peter Demetz. In: Becher, P., Höhne, S., Krappmann, J., Weinberg, M. (eds) Handbuch der deutschen Literatur Prags und der Böhmischen Länder. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05400-5_42
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05400-5_42
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-02579-1
Online ISBN: 978-3-476-05400-5
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