Zusammenfassung
Das Gehen hat für Thomas Bernhard eine werkkonstituierende Funktion. Motivisch zieht es sich von den Spaziergängen des Malers in Frost (1963), über die Geh- und Denkbewegungen des Fürsten auf der Burgmauer in Verstörung (1967), bis hin zu den Waldwanderungen, die der Ich-Erzähler in Ja (1978) mit der Perserin unternimmt (vgl. dazu auch Huber/Mittermayer 2008). Dass das Gehen zugleich eine produktionsästhetische Werkbedingung ist, die sich quasi als ›Ausdruck der Füße‹ ins Werk einschreibt (vgl. Nietzsche 2003, 365), wird nirgendwo so sinnfällig wie an dem 1971 erschienenen Prosastück Gehen. Der Text nimmt in seiner formalen Komposition mittels gestaffelter Inquit-Formeln einen Extrempunkt ein und hat zudem in der inhaltlichen Gestaltung des Großstadtsujets eine Sonderstellung im Werk Bernhards.
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Literatur
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Greite, T. (2018). 17 Gehen. In: Huber, M., Mittermayer, M. (eds) Bernhard-Handbuch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05292-6_18
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