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Unanständigkeit

Mißachtung und Verteidigung der guten Sitten in der Gelehrtenrepublik der Frühen Neuzeit

  • Chapter
Die unanständige Gelehrtenrepublik
  • 220 Accesses

Zusammenfassung

Als die Studenten der Helmstedter Universität am 30. Juni 1722 den Hörsaal betraten, in dem normalerweise ihr Professor für orientalische Sprachen und alttestamentliche Exegese Hermann von der Hardt seine Vorlesung hielt, erwartete sie ein ungewohntes Bild. In der Mitte des Raumes stand ein Tisch, der so ausgeschmückt war, als sollte auf ihm eine Leiche aufgebahrt werden. Wachslichter brannten, Räucherstäbchen verbreiteten ihren Geruch über Stühle und Bänke. Doch auf dem Tisch, mit einer roten Samtdecke halb verhüllt, lag keine Leiche, sondern die Grammatik und das hebräische Wörterbuch von Johannes Reuchlin.2 Reuchlin hatte seinen 200. Todestag, und Professor von der Hardt, der seinen Sinn für Zeremonien und Verhüllungen nicht nur in seiner exegetischen Arbeit auslebte, legte Wert darauf, den Studenten das Gedenken eines hochgeschätzten Mannes sinnlich nahezubringen. Diese Insistenz auf Sinnlichkeit und Zeremonie war nicht immer so harmlos wie an Reuchlins Todestag im Juni. Als von der Hardts Jonas-Kommentar konfisziert und verboten wurde, verbrannte dieser acht handgeschriebene Folianten mit seinen Studien und sandte die Asche an den Zensor, der für das Verbot verantwortlich war.3 Da spricht jemand nicht mehr, da inszeniert er einen stummen Protest.

C’est la liberté, qui règne dans la République de Lettres. Cette République est un état extrêmement libre. On n’y reconnait que l’empire de la verité et de la raison.

Pierre Bayle1

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Anmerkungen

  1. Zitiert nach Dena Goodman: The Republic of Letters. A Cultural History of the French Enlightenment, Ithaca 1994, S. 12. — Dieser Aufsatz entstand zunächst als Vortrag für das von Anthony Grafton und Herbert Jaumann geleitete Symposion »Gelehrtenkultur im Zeitalter des Konfessionalismus« am 2.–4. Juni 1997 an der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Für Hinweise danke ich Peter Burke, Norbert Schindler, Egon Flaig und Valentin Groebner.

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  2. Zur von der Hardt-Episode vgl. Friedrich C. G. Hirsching: Historisch-litterarisches Handbuch, Bd. 2, Leipzig 1735, nach Hardts eigener Beschreibung im Jonas-Kommentar: Aenigmata prisci orbis. Jonas in luce […], Helmstedt 1723, S. 411: In exequiis Reuchlini Helmstadiensibus, via in profunda aenigmata monstrata. Zu von der Hardt (1660–1756) vgl. DBA 473, 165–328; Hans Möller: Hermann von der Hardt als Alttestamentler, maschinenschriftliche Habilitationsschrift Leipzig 1962; vgl. weiter A. G. Hoffmann: Art. ›Hardt‹ in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, Zweite Section, H-N, Zweiter Theil, Leipzig 1828, Sp. 388–395;

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  3. F. Lamey: Hermann von der Hardt in seinen Briefen und seinen Beziehungen zum Braunschweiger Hofe, zu Spener, Franke und dem Pietismus. Beilage I zu den Hss. der Großherzoglichen Badischen Hof- und Landesbibliothek Karlsruhe, Karlsruhe 1891;

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  4. Dieter Merzbacher: Die »Herwiederbringung der herrlichen Schriften, so fast verloren gewesen«. Das ›concilium Constantiense‹, ein Editionsprojekt Hermann von der Hardts und des Herzogs Rudolf August von Braunschweig-Lüneburg, in: Dorothea Klein u. a. (Hg.): Vom Mittelalter zur Neuzeit. Festschrift für Horst Brunner, Wiesbaden 2000, S. 569–592;

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  5. Ralph Häfner: Tempelritus und Textkommentar. Hermann von der Hardts ›Morgenröte über der Stad Chebron‹. Zur Eigenart des literaturkritischen Kommentars im frühen 18. Jahrhundert, in: Scientia Poetica 3 (1999), S. 47–71; ders.: »Denn wie das buch ist, muß der leser seyn« — Allegorese und Mythopoesis in den ›Hohen und hellen Sinnbildern Jonae‹ des Helmstedter Gelehrten Hermann von der Hardt, in: Herbert Jaumann (Hg.): Die europäische Gelehrtenrepublik im Zeitalter des Konfessionalismus, Wiesbaden 2001, S. 183–202;

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  6. Martin Mulsow: Sintflut und Gedächtnis: Hermann von der Hardt und Nicolas-Antoine Boulanger, in ders. und Jan Assmann (Hg.): Sintflut und Gedächtnis, München 2006, S. 131–161.

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  7. Universitätsbibliothek Rostock, Mss. hist. part. K(iel) 2°, fol. 395 ff. Zur ritualistischen Deutung der römischen Pompa vgl. Egon Flaig: Die pompa funebris — das symbolische Kapital vorweisen, in ders.: Ritualisierte Politik. Zeichen, Gesten und Herrschaft im Alten Rom, Göttingen 2003, S. 49—68.

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  8. Zu den Hintergründen dieser Vorgänge vgl. Martin Mulsow: Bibliotheca Vulcani. Das Projekt einer Geschichte der verbrannten Bücher bei Johann Lorenz Mosheim und Johann Heinrich Heubel, in: Das achtzehnte Jahrhundert 18 (1994), S. 56–71.

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  9. Clifford Geertz’ Begriff des »deep play« (Geertz: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme, Frankfurt 1987, bes. S. 202 ff.)

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  10. ist meines Erachtens noch zu wenig für akademische oder pseudoakademische Rituale fruchtbar gemacht worden. Zur frühneuzeitlichen République des lettres, deren Normen, Netzwerke und Kommunikationsweisen seit etwa zwei Jahrzehnten intensiv erforscht werden, nenne ich nur einige einschlägige Literatur: Sebastian Neumeister und Konrad Wiedemann (Hg.): Res publica literaria. Die Institutionen der Gelehrsamkeit in der frühen Neuzeit, Wiesbaden 1987;

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  11. Herbert Jaumann: Gibt es eine katholische Respublica litteraria? Zum problematischen Konzept der Gelehrtenrepublik in der Frühen Neuzeit, in: ders. (Hg.): Kaspar Schoppe (1576–1649). Philologe im Dienste der Gegenreformation, Frankfurt 1998, 361–379;

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  12. Hans Bots und Françoise Waquet: Commercium litterarium. La Communication dans la république des lettres/Forms of Communication in the Republic of Letters 1600–1750, Amsterdam und Maarssen 1994;

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  13. Herbert Jaumann (Hg.): Die europäische Gelehrtenrepublik im Zeitalter des Konfessionalismus, Wiesbaden 2001.

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  14. Zum Problem der Ehre in der Frühen Neuzeit vgl. Martin Dinges: Die Ehre in der historischen Anthropologie. Bemerkungen zur Wissenschaftsgeschichte und zur Konzeptualisierung, in: Klaus Schreiner und Gerd Schwerhoff (Hg.): Verletzte Ehre. Ehrkonflikte in Gesellschaften des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, Köln und Wien 1995, 29–62;

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  15. Ludgera Vogt und Arnold Zingerle (Hg.): Ehre. Archaische Momente in der Moderne, Frankfurt 1995;

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  16. Andreas Grießinger: Das symbolische Kapital der Ehre. Streikbewegungen und kollektives Bewußtsein deutscher Handwerksgesellen im 18. Jahrhundert, Frankfurt 1981.

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  17. Vgl. allg. Dieter Groh: Anthropologische Dimensionen der Geschichte, Frankfurt 1992.

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  18. Zur Ehr- und Rangbegriffen in der gelehrten Welt vgl. jetzt das wichtige Buch von Marian Füssel: Gelehrtenkultur als symbolische Praxis. Rang, Ritual und Konflikt an der Universität der Frühen Neuzeit, Darmstadt 2006.

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  19. Vgl. Roger Chartier: Volkskultur und Gelehrtenkultur. Überprüfung einer Zweiteilung und einer Periodisierung, in: Hans-Ulrich Gumbrecht und Ursula Link-Heer (Hg.): Epochenschwellen und Epochenstrukturen im Diskurs der Literatur- und Sprachhistorie, Frankfurt 1985, S. 381 und 385 f: »Das Populäre ruht nicht in den Corpora, die man nur zu sichten und zu inventarisieren hätte: es ist vielmehr in erster Linie durch ein Aneignungsverhältnis bestimmt, durch eine Art des Gebrauchs kultureller Produktionen wie legitimer Gedanken und Gesten […]. Das Populäre ist also weder die für das Volk hergestellte Kultur noch jene vermeintliche entwurzelte Kultur, sondern ein spezifisches Beziehungsverhältnis zu einem kulturellen Objekt.«

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  20. Vgl. auch Norbert Schindler: Widerspenstige Leute. Studien zur Volkskultur in der frühen Neuzeit, Frankfurt 1992, S. 11 f.

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  21. Anne Goldgar: Impolite Learning. Conduct and Community in the Republic of Letters 1680–1750, New Haven und London 1995, S. 7 f: »The concentration in all fields of scholarship on form rather than content, exchange rather than the thing exchanged, moderation rather than vituperation in argument, suggests that civility was of much more fundamental importance to the Republic of Letters than merely a demonstration of party affiliation. […] This kind of ideology means that relationships between individuals on a micro, day-to-day level would be the most important defining element of the community to its own members. Thus although we can place various scholars and scientists in different religious, political, or philosophical camps, I would argue that individual citizens of the Republic of Letters in the late seventeenth and early eighteenth centuries identified much more strongly with the concept of a community to be defended by behavioural rules than with these subsets of that community. Consequently the place to look for communal values is interactions among scholars.« Vgl. die Rezensionen von Peter N. Miller: Citizenship and Culture in Early Modern Europe, in: Journal of the History of Ideas (1996), S. 725–742, sowie Daniel Roche in der Revue d’Histoire Moderne et Contemporaine 43 (1996), S. 293–306.

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  22. Das gilt trotz der reichen Literatur über Umgangsformen. Vgl. Manfred Beetz: Frühmoderne Höflichkeit. Komplimentierkunst und Gesellschaftsrituale im altdeutschen Sprachraum, Stuttgart 1990; ders.: Der anständige Gelehrte, in: Neumeister/Wiedemann (Anm. 6), S. 155–173;

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  23. Maurice Magendie: La Politesse mondaine et les théories de l’honnêteté, en France, aux XVIIe siècle, de 1600 à 1660, 2 Bde. Paris 1925;

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  24. Pascale Hummel: Moeurs érudites. Étude sur la micrologie littéraire (Allemagne, XVIe-XVIIIe siècles), Genf 2002.

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  25. Vgl. Stephen Shapin: A Social History of Truth: Civility and Science in Seventeenth-Century England, Chicago 1994;

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  26. weiter Paula Findlen: Possessing Nature. Museums, Collecting, and Scientific Culture in Early Modern Italy, Berkeley 1994;

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  27. Mario Biagioli: Galilei der Höfling. Entdeckungen und Etikette: Vom Aufstieg der neuen Wissenschaft, Frankfurt 1999. Diese Veröffentlichungen haben den Blick der Forschung auf die Durchsetzung des epistemologischen Unternehmens Wissenschaft im Kontext des Höflichkeits-Diskurses gelenkt. Die Beschäftigung hat bereits für zahlreiche Impulse und methodische Veränderungen im Feld der Wissenschaftsgeschichte gesorgt.

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  28. Vgl. allg. zu dieser Problematik Martin Mulsow: Kulturkonsum, Selbstkonstitution und intellektuelle Zivilität: Die Frühe Neuzeit im Mittelpunkt des kulturgeschichtlichen Interesses, in: Zeitschrift für historische Forschung 25 (1998), S. 529–547.

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  29. Vgl. Laus Liste seiner unveröffentlichten Schriften im Anhang von Die Original-Rede: Welche (…) Wilhelm Ludwig von der Groeben (…) Theodor Ludwig Lau (..) gehalten (…), Altona 1736, S. 31: »46. Defensio physico-moralis-Juridica: Atheismum, posito quod tale Ens Theoretico-physico-morale vere dari possit; quod tamen negatur! non esse Crimen, consequenter nullis Poenis subjectum: sed potius Corporis Statum, imo Mentis valde aegrae Morbum miserrimum, Commiseratione fraterna, Amore Proximi, Tolerantia, Medicinaque Mentis & Corporis dignissimum.« Wiederabgedruckt in Theodor Ludwig Lau: Meditationes philosophicae de Deo, Mundo, Homine (1717); Meditationes, Theses, Dubia philosophico-theologica (1719); Dokumente, Ndr. hg. von M. Pott, Stuttgart 1992. Christian Thomasius, Vorreiter der deutschen Frühaufklärung und Lehrer Laus, hatte in seiner Disputation von 1697 An haeresis sit crimen? die gestellte Frage klar verneint. Zu Thomasius vgl. Friedrich Vollhardt (Hg.): Christian Thomasius (1655–1729). Neue Forschungen im Kontext der Frühaufklärung, Tübingen 1997.

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  30. Vgl. etwa Jakob Friedrich Reimmann: Historia universalis atheismi, Hildesheim 1725, Ndr. hg. von W. Schröder, Stuttgart 1992; Johann Anton Trinius: Freydencker-Lexicon, Leipzig-Bernburg 1759. Zur Gewalt in der akademischen Praxis des Klassifizierens vgl. Pierre Bourdieu: Homo academicus, Frankfurt 1988. Vgl. auch den achten Essay in diesem Band.

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  31. Vgl. neben Norbert Elias besonders Jean Delumeaus Begriff der »inneren Mission«: Un chémin d’histoire. Chrétienté et christianisation, Paris 1981, S. 115 ff; vgl. weiter Ronnie Po-Chia Hsia: Social Discipline in the Reformation. Central Europe 1550–1750, London 1989.

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  32. Sehr differenziert Lyndal Roper: Saufen, Fressen, Huren. Disziplinlosigkeit und die Ausbildung protestantischer Identität, in dies.: Ödipus und der Teufel. Körper und Psyche in der Frühen Neuzeit, Frankfurt 1995, S. 147–169. Lyndal Roper korrigiert eine einlinige Vorstellung von konfessionalistischer Sozialdisziplinierung als Triebunterdrückung mit der diskurstheoretischen Einsicht, daß Moralistik und Texte der Übertretung psychosozialer Schranken im engen Zusammenhang zu sehen sind, als zwei Seiten der gleichen Medaille. Diese Einsicht kann auch für die Bewertung der hier präsentierten Fälle hilfreich sein.

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  33. Vgl. zu diesem Komplex Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, Frankfurt 1982; Norbert Schindler: Jenseits des Zwangs? Zur Ökonomie des Kulturellen inner- und außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft, in ders.: Widerspenstige Leute (Anm. 8), S. 20–46.

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  34. Markus Völkel: Historiker oder Narr: Das Lächerliche in Theorie und Praxis frühneuzeitlicher Geschichtsschreibung (16. und 17. Jahrhundert), in: Zeitschrift für historische Forschung 21 (1994), S. 483–511. Zur Rolle des Komischen vgl. auch Wolfgang Preisendanz und Rainer Warning (Hg.): Das Komische (Poetik und Hermeneutik Bd. VII), München 1976.

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  35. Margaret C. Jacob: The Radical Enlightenment. Pantheists, Freemasons and Republicans, London 1981.

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  36. Auf Jacobs Deutung der Gruppe als freimaurerisch nehme ich hier keinen Bezug, wohl aber auf die libertinistischen Elemente, die Christiane Berkvens-Stevelinck hervorgehoben hat: Les Chevaliers de la Jubilation: Maçonnerie ou libertinage?, in: Quaerendo 13 (1983), S. 50–73 und S. 124–148.

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  37. Zur Fixierung der ›Nischen‹ als Bedingung ihrer Duldung vgl. die analoge Beschreibung von Robert Scribner: Reformation, Karneval und die verkehrte Welt, in: Richard van Dülmen und Norbert Schindler (Hg.): Volkskultur. Zur Wiederentdeckung des vergessenen Alltags, Frankfurt 1984, S. 117–152; S. 136: »Satire und Parodie waren in der Welt des Karnevals erlaubt, weil ihre Implikationen geschieden wurden von der irdischen Welt. Gleichwohl wuchs die Angst, daß diese Scheidelinie nicht mehr wirksam aufrechterhalten werden könne. Wie wichtig die Scheidelinie war, läßt sich an der Darstellung von Volksjustiz erkennen, die sich in zahlreichen Karnevalsfesten findet. Im Kontext der Welt des Spiels war die Bestrafung derer, die angeblich ihrer gerechten Strafe entgangen waren, durch das Volk bloß ein Karnevalsspaß. Wurde sie dagegen in der realen Welt zum Ausdruck gebracht, so wurde sie zur Rebellion.«

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  38. Zum Fall Lyser vgl. die älteren Darstellungen: J. J. G. Am Ende: Memoria inspectarum Portensium, Wittenberg 1748, 18–50; weiter: Chr. G. Kluge: De scriptis Joh. Lyseri, Wittenberg 1748. Weiter DBA 792, 345–348. Vgl. auch Stephan Buchholz: Erunt tres aut quatuor in carne una. Aspekte der neuzeitlichen Polygamiediskussion, in: Heinz Mohnhaupt (Hg.): Zur Geschichte des Familien- und Erbrechts. Politische Implikationen und Perspektiven, Frankfurt 1987, S. 71–91, bes. S. 77–79; ders.: Recht, Religion und Ehe. Orientierungswandel und gelehrte Kontroversen im Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert, Frankfurt 1988, S. 387–389; dort auch eine Quellen-Bibliographie der Kontroverse um Lyser.

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  39. Zu Beverland vgl. Rudolf de Smet: Hadrianus Berverlandus (1650–1716). Non unus e multis peccator: studie over het leven en werk van Adriaan Beverland, Brüssel 1988;

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  40. Eric J. Dingwall: Very peculiar people: portrait studies in the queer, the abnormal and the uncanny, London 1950, S. 145–177.

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  41. Vgl. auch Inger Leemans: Het Woord is aan de Onderkant. Radicale Ideeen in nederlandse pornografische Romans 1670–1700, Utrecht 2002.

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  42. Vgl. Antonello Gerbi: Il peccato di Adamo ed Eva. Storia della ipotesi di Beverland, Milano 1933;

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  43. Martin Metzger: Die Paradieseserzählung, Bonn 1959, 31–33. Zwar hat schon Agrippa von Nettesheim eine ähnliche Deutung vorgelegt, doch ist sie bei weitem nicht so philologisch ausgefeilt und zudem nicht so obszön durchgeführt wie bei Beverland.

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  44. [Baruch Spinoza:] Tractatus Theologico-Politicus Continens Dissertationes aliquot, quibus ostenditur Libertatem Philosophandi non tantum salva Pietate, & Reipublicae Pace posse concedi: sed eandem nisi cum Pace Reipublicae, ipsaque Pietate tolli non posse. Johann: Epist: I. Cap: IV. vers: XIII. Per hoc cognoscimus quod in Deo manemus, et Deus manet in nobis, quod de Spiritu suo dedit nobis, Hamburgi, Apud Henricum Künrath, 1670. Vgl. J. H. van Eghen: De »uitgever« Henricus Cunrath of Künrath van de polygamist Lyserus en van de philosoof Spinoza, in: Amstelodamum 50 (1963), S. 73–80. Freundlicher Hinweis von Rienk Vermij.

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  45. Baruch Spinoza: Theologisch-politischer Traktat, hg. von G. Gawlick, Hamburg 1984, S. 95.

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  46. Vgl. Heinz Dieter Kittsteiner: Die Entstehung des modernen Gewissens, Frankfurt 1991, S. 101–116.

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  47. Vgl. Margaret C. Jacob: Die materialistische Welt der Pornographie, in: Lynn Hunt (Hg.): Die Erfindung der Pornographie. Obszönität und die Ursprünge der Moderne, Frankfurt 1994, S. 132–182.

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  48. Vgl. zu diesem Topos und seiner Geschichte Jan Assmann: Moses der Ägypter. Entzifferung einer Gedächtnisspur, München 1998.

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  49. Vgl. zu diesem Ambiente — Männern wie Rochester, Etherege, Sedley, Dorset und Wycherle — John Harold Wilson: The Court Wits of the Restoration, Princeton 1948; Jeremy Treglown (Hg.): Spirit of Wit. Reconsiderations of Rochester, Oxford 1982.

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  50. Zum klassischen libertinage érudit vgl. immer noch René Pintard: Le Libertinage érudit dans la première moitié du XVIIe siècle, Paris 1939, Ndr. Genf 1983.

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  51. Vgl. Bachtins Kategorien des Karnevalesken in: Der Karneval und die Karnevalisierung der Literatur, in ders.: Literatur und Karneval. Zur Romantheorie und Lachkultur, Frankfurt 1990, S. 47–60. Ich verdanke die Idee, Bachtins Kategorien auf Beverland anzuwenden, Andreas Mahler. Vgl. auch Andreas Mahler: Profanisierung des Sakralen — Sakralisierung des Profanen. Beobachtungen zur Entsubstantialisierung des Religiösen in der frühen Neuzeit, in: Shakespeare-Jahrbuch West (1991), S. 24–45.

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  52. Lambert van Velthuysen: Epistolica dissertatio de principiis iusti, et decori, Amsterdam 1651; ders.: Tractatus moralis de naturali pudore et dignitate hominis, Trajecti ad Rhenum 1676; vgl. zu Velthuysen Hanspeter Marti: Naturrecht, Ehrbarkeit und Anstand im Spiegel frühaufklärerischer Hobbeskritik. Lambert van Velthuysens Briefdissertation De principiis justi et decori und ihre Aufnahme in der deutschen Schulphilosophie, in: Aufklärung Bd. 6/2: Zum Wandel von Zeremoniell und Gesellschaftsritualen in der Zeit der Aufklärung, hg. von K. Gerteis, Hamburg 1991, S. 69–95.

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  53. Körperscham ist für Velthuysen zwar nicht mehr moralisch relevant, aber gleichwohl eine universelle anthropologische Konstante und somit nicht kulturrelativ wie anderes das Decorum Betreffende. Für eine verwandte moderne Ansicht vgl. Hans Peter Duerr: Nacktheit und Scham. Der Mythos vom Zivilisationsprozeß I, Frankfurt 1988.

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  54. Norbert Elias: Über den Prozeß der Zivilisation. Psychogenetische und soziogenetische Untersuchungen, 2 Bde. Frankfurt 1976.

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  55. Vgl. auch Alois Hahn: Differenzierung, Zivilisationsprozeß, Religion: Aspekte einer Theorie der Moderne, in: Friedhelm Neidhardt u. a. (Hg.): Kultur und Gesellschaft, Opladen 1986, S. 214–231.

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  56. Vgl. allg. Peter Burke: Beleidigung und Gotteslästerung im frühneuzeitlichen Italien, in ders.: Städtische Kultur in Italien zwischen Hochrenaissance und Barock, Berlin 1986, S. 96–110.

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  57. Penelope Brown und Steven Levinson: Politeness. Some Universals in Language Usage, Cambridge 1987.

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  58. Theodor Ludwig Lau: Meditationes, Theses, Dubia philosophico-theologica, ›Freystadii‹ 1719 (vgl. Anm. 13). Zu Lau (1670–1740) vgl. außer Potts Einleitung Winfried Schröder: Spinoza in der deutschen Frühaufklärung, Würzburg 1987, S. 124–131;

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  59. April Shelford: Worse than the three impostors? Theodor Ludwig Lau’s Meditationes philosophicae de Deo, mundo, homine, in: Silvia Berti, Françoise Charles-Daubert und Richard H. Popkin (Hg.): Heterodoxy, Spinozism, and Free Thought in Early-Eighteenth-Century Europe. Studies on the Traité des trois imposteurs, Dordrecht 1996, S. 439–474. Für das radikale Milieu der deutschen Frühaufklärung vgl. umfassend Martin Mulsow: Moderne aus dem Untergrund. Radikale Frühaufklärung in Deutschland 1680–1720, Hamburg 2002.

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  60. Vgl. zu diesem delikaten Punkt Günter Gawlick: Thomasius und die Denkfreiheit, in: Werner Schneiders (Hg.): Christian Thomasius 1655–1728. Interpretationen zu Werk und Wirkung, Hamburg 1989, S. 256–273.

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  61. Vgl. Michael Albrecht: Eklektik. Eine Begriffsgeschichte mit Hinweisen auf die Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte, Stuttgart 1994.

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  62. Vgl. Lau in Thomasius: Elender Zustand (Anm. 53), S. 234: »Um in diesen Meditationibus, mit freyem Hertzen / nach der in der Republica Litteraria concessa libertate: wieder die receptas, in Philosophia nostra, opiniones zwar streiten; doch zugleich sie / durch die falsche Beweis-Gründe der contrairen Parthey / desto mehr verstärcken zu können; habe nicht allein die Persohn eines Philosophischen Heyden angenommen […]. Sondern ich habe auch dieses Heyden Argumenta Philosophica […] ohne schädliche Absichten eröffnet. […] damit die Herren Theologi & Philosophi Reipublicae Christianae Gelegenheit dadurch hätten / die Gültigkeit dieser Raisonnemens zu untersuchen […].« Dazu ausführlicher Martin Mulsow: The Libertine’s Two Bodies, erscheint in: Intellectual History Review (2008).

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  63. Vgl. Michel Meyer: Versuch über die Frechheit, Baden-Baden und Zürich 1997.

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  64. Zu La Croze und seinem Briefwechsel mit Wolf vgl. Martin Mulsow: Die drei Ringe. Toleranz und clandestine Gelehrsamkeit bei Mathurin Veyssière La Croze (1661–1739), Tübingen 2001. Die folgenden Passagen finden sich ähnlich in diesem Buch.

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  65. Ich benutze den Ausdruck hier im Sinne von Lorraine Daston als »Netz affektgesättigter Werte, die in fest umrissenen Beziehungen zueinander stehen und fungieren.« Lorraine Daston: Die moralischen Ökonomien der Wissenschaft, in dies.: Wunder, Beweise und Tatsachen. Zur Geschichte der Rationalität, Frankfurt 2001, S. 157–184, hier S. 158.

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  66. Vgl. Beetz: Frühmoderne Höflichkeit (Anm. 11), S. 283 ff. Für das Verhältnis von Umgangsformen und Theorie vgl. auch Karin Ehler und Martin Mulsow: Gespräche über Grammatik und Civilité. Multifunktionalität von sprachdidaktischen Dialogen bei F. de Fenne (1690) und P. F. Roy (1693), in: Romanische Forschungen 107 (1995), S. 314–342.

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  67. Vgl. in diesem Sinne auch Henri Coulet: Reflexions sur les Meditationes de Lau, in: Olivier Bloch (Hg.): Le matérialisme du XVIIIe siècle et la littérature clandestine, Paris 1982, S. 31–44; S. 36.

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Mulsow, M. (2007). Unanständigkeit. In: Die unanständige Gelehrtenrepublik. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05261-2_1

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