Zusammenfassung
Am Anfang steht Entwicklung. Aus den ersten Erlebnissen eines Kindes formen sich Vorlieb en, die unbeschadet späterer Erfahrungen, unbeschadet auch vieler nachfolgender Prägungen, einen stabilen Kern bilden. Frühe Sozialisation, das weiß man, legt mentale Tiefenstrukturen, die das Bewußtsein und das Handeln des später Erwachsenen noch mitbestimmen und die Einfluß nehmen auf die Art und Weise, wie sich Welt und Welterfahrung aneignen lassen und später umsetzen in Imagination und schöpferischen Prozeß. Frühe Kindheitserfahrungen kehren in immer neuen Verwandlungen als Erinnerungen im weiteren Leben zurück, sedimentieren sich mosaikgleich in Phantasie und Handeln und können bei Künstlern ästhetische Urideen prägen. Ein Erfahrungszusammenhang kann sich da herstellen, der das Leben überspannt, ihm eine innere Folgerichtigkeit und Einheit verleiht, die erst auf den zweiten Blick deutlich wird, und die sich mitteilt im künstlerischen Werk. Auch wer der allzu engen Verbindung von Biographie und künstlerischem Werk zu Recht mit einiger Skepsis begegnet und meint, über den Wert eines Werkes selbst sei noch nichts gesagt, wenn sich biographische Entwicklungsstufen in ihm identifizieren lassen, wird doch kaum leugnen wollen, daß zwischen beidem eine Verbindung besteht. Spuren des einen sind im anderen stets nachweisbar, denn die Biographie eines Lebens verbürgt gleichsam jene mehr oder weniger offen zu Tage tretende Kontinuität, die sich durch alle Brüche und Wandlungen des Lebens hindurch am Ende doch nachvollziehen läßt und die dann auch die ›Einheit des Werkes‹ suggeriert.
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Notizen
Vgl. dazu Udo Bermbach, ›Blühendes Leid‹. Politik und Gesellschaft in Richard Wagners Musikdramen, Stuttgart/Weimar 2003. Hier sind Wagners Werke unter gesellschafts- und politiktheoretischen Aspekten eingehend interpretiert, weshalb im folgenden auf diese Werke nur insoweit eingegangen werden soll, als sich in ihnen die für Wagners politische Einstellung in den dreißiger und vierziger Jahren zentralen gesellschafts- und politikkritischen Überzeugungen bereits andeuten. Dabei sind Überschneidungen mit den bereits vorgelegten Interpretationen nicht ganz zu vermeiden.
Dieter Borchmeyer, Richard Wagner. Ahasvers Wandlungen, Frankfurt/M. 2002, S. 24 f. Hier finden sich auch Hinweise auf literaturgeschichtliche Zusammenhänge und Verweise des Stoffes.
Bernd Zegowitz, Richard Wagners unvertonte Opern, Frankfurt/M. 2002, S. 32.
Richard Wagner, Autobiographische Skizze, in: GSD, Bd. 1, S. 7. Diese autobiographischen Notizen erschienen erstmals in Heinrich Laubes ›Zeitung für die elegante Welt‹ 1834. Daß Wagner sie in seine gesammelten Schriften aufnahm, bedeutet, daß er auch am Ende seines Lebens seine damaligen jugendlichen Aktivitäten positiv bewertete und sich öffentlich dazu bekennen wollte. 15 WWV 11, S. 70. Diese verschollene Komposition wird von Wagner einmal im Zusammenhang mit der französischen Juli-Revolution von 1830, ein anderes Mal im Zusammenhang mit den Dresdner Unruhen im selben Jahr erwähnt.
Heinrich Heine, Sämtliche Schriften in zwölf Bänden, hg. von Klaus Briegleb, Frankfurt/M. 1981, Bd.V, S. 72.
Helmut Koopmann, Das Junge Deutschland. Analyse seines Selbstverständnisses, Stuttgart 1970, S. 5.
Vgl. dazu Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800–1866. Bürgerwelt und starker Staat, München 1983, S. 374, 577 f.
Udo Köster, Zeitbewußtsein und Geschichtsphilosophie in der Entwicklung vom Jungen Deutschland zur Hegeischen Linken, Frankfurt/M. 1972, S. 121.
dazu Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte Bd. 2, 1815 bis 1845/49, München 1987, S. 520 ff. sowie Ulrich Schmid, Buchmarkt und Literaturvermittlung, in: Gert Sautermeister/ Ulrich Schmid (Hg), Zwischen Restauration und Revolution 1815–1848. Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart, München 1998, Bd. 5, S. 60 ff.
Zitiert nach Walter Hömberg, Literarisch-publizistische Strategien der Jungdeutschen und Vormärz-Literaten, in: Horst Albert Glaser (Hg), Deutsche Literatur.Eine Sozialgeschichte, Bd. 6, Reinbek 1990, S. 83.
Ludolf Wienbarg, Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet, mit einem Vorwort von Alfred Kerr, Hamburg 1919, S. 6.
Vgl. dazu Michael von Soden/Andreas Loesch, Richard Wagner, Die Feen, Frankfurt/M. 1983, S. 263 ff., bes. S. 284 f.
Egon Voss, Die Feen, eine Oper für Wagners Familie, in: derselbe, Wagner und kein Ende, Zürich/ Mainz 1996, S. 15 f.
Cosima Wagner, TB II, S. 1107 (6. Februar 1883).
Vgl. dazu ausführlich Udo Bermbach, ›Blühendes Leid‹, S. 42 ff. Siehe auch Dieter Borchmeyer, Richard Wagner, S. 56 ff.; Bernd Zegowitz, Richard Wagners unvertonte Opern, S. 43 ff. Isolde Vetter, Wagnerforschung — literarisch. Richard Wagner als Librettist von Johann Friedrich Kittls Oper ›Bianca und Guiseppe, oder die Franzosen vor Nizza‹, in: Carl Dahlhaus/Egon Voss (Hg), Wagnerliteratur-Wagnerforschung. Bericht über das Wagner-Symposion München, 1983, S. 163 ff. Der Prosatext der Oper wurde erstmals vollständig veröffentlich in ›Wagner‹, Zeitschrift der englischen Wagner-Vereinigung, Vol. 10, Number 2, S. 50 ff.
Vgl. Richard Wagner, SB, Bd. VI, S. 66 (Brief an August Röckel vom 25./26. Januar 1854).
Friedrich Engels, Cola di Rienzi. Ein unbekannter dramatischer Entwurf. Friedrich-Engels-Haus Wuppertal und Karl-Marx-Haus Trier (Hg), bearbeitet und eingeleitet von Michael Knieriem, Wuppertal 1974, S.X f.
Vgl. dazu einführend Theodor Geiger, Die Masse und ihre Aktion. Ein Beitrag zur Soziologie der Revolution (1926), Darmstadt 1967; Klaus von Beyme (Hg), Empirische Revolutionsforschung, Opladen 1973; Rolf Schörken, Revolutionen in historischer und sozialwissenschaftlicher Sicht, Stuttgart 1978; Hans Wassmund, Revolutionstheorien. Eine Einführung, München 1978; Ekkart Zimmermann, Krisen, Staatsstreiche und Revolutionen.Theorien, Daten und neuere Forschungsansätze, Opladen 1981; Kurt Lenk, Theorien der Revolution, München 1981.
Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Fünfte, revidierte Auflage, besorgt von Johannes Winkelmann, Tübingen 1985, S. 140. Vgl. dazu auch Andreas Anter, Max Webers Theorie des modernen Staates. Herkunft, Struktur und Bedeutung, Berlin 1995.
Cosima Wagner, TB, Bd. II, S. 961 (6. Juni 1882).Vgl. auch ebenda, Bd. I, S. 414 (17. Juli 1871).
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Bermbach, U. (2004). Anfänge. In: Der Wahn des Gesamtkunstwerks. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05249-0_1
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