Zusammenfassung
Im Alter zwischen 10 und 16 Jahren war Jürgen Habermas gerade alt genug, um die Kriegsjahre, die Siege, die Eroberung ganz Europas, die bedingungslose Kapitulation und die Nürnberger Prozesse bewusst zu erleben. Im August 1939 hatten Joachim von Ribbentrop, Herrmann Göring, Rudolf Hess, Ernst Kaltenbrunner, Alfred Jodl, Arthur Seyß-Inquart, Hans Frank, Alfred Rosenberg, Wilhelm Keitel, Julius Streicher, Fritz Sauckel usw. unter dem Oberbefehl des Führers Polen überfallen, ausgeplündert, Arbeits- und Vernichtungslager errichtet, Millionen von Menschen verschleppt, versklavt, ermordet und dasselbe dann in ganz Europa, besonders im Osten, fünf Jahre lang wiederholt. Im Oktober 1945 wurde ihnen in Nürnberg der Prozess gemacht, und ein Jahr später wurden sie gehängt. Die Generation, die während des Krieges noch zur Hitlerjugend kam und allenfalls im letzten Kriegsjahr als Flakhelfer diente oder zum Volkssturm eingezogen wurde, intellektuelle Figuren wie Niklas Luhmann, Hermann Lübbe, Ralf Dahrendorf, Hans Magnus Enzensberger, Ulrich Wehler, Odo Marquard, Alexander Kluge, die Brüder Hans und Wolfgang Mommsen oder Günther Grass, aber auch Politiker wie Helmut Kohl oder Johannes Rau, alle ungefähr so alt wie Habermas, erlebten ihre primäre und sekundäre Sozialisation, Kindheit und Schulzeit, Pubertät und Adoleszenz im Nazireich, ihre tertiäre Sozialisation, die durch das Studium erzwungene Verlängerung der Jugend im besetzten und in Besatzungszonen aufgeteilten Deutschland.
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Literatur
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Kraushaar, Wolfgang: Die Frankfurter Schule und die Studentenbewegung. Von der Flaschenpost zum Molotow-cocktail 1946–1995. 3 Bde. Frankfurt a. M. 1998.
Thyen, Anke: »Nachwort zur Neuausgabe von Erkenntnis und Interesse«. In: Jürgen Habermas: EI 2008, 402 ff.
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Brunkhorst, H., Müller-Doohm, S. (2009). Intellektuelle Biographie. In: Brunkhorst, H., Kreide, R., Lafont, C. (eds) Habermas-Handbuch. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05223-0_1
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