Zusammenfassung
Im Jahr 1066 wird die englische Insel ein drittes Mal von Eroberern eingenommen. Mit den früheren Landnahmen durch germanische Bauern hat die Eroberung Englands durch die Normannen aber wenig gemein: Die Invasoren kommen nicht als Siedler – sie stellten höchstens 1 % der Bevölkerung sondern als künftige Regierung. Da die neuen Herren ihrer französischen Kultur zunächst treu bleiben, verliert die angelsächsische Literatur die Unterstützung durch die weltlichen und kirchlichen Führungsschichten. Dennoch werden – wohl im Sinne einer gegen die neuen Herren opponierenden nationalen Selbstvergewisserung – altenglische Texte bis ans Ende des 12. Jh.s weiter von Schreibern kopiert und verbreitet, um die Tradition angelsächsischer Gelehrsamkeit am Leben zu erhalten. Auch entstehen noch nach 1066 neue Werke in altenglischer Sprache, da diese alte Form der Volkssprache angesichts der zahlreichen nicht fixierten frühmittelenglischen Dialekte noch am ehesten allgemeine Verständlichkeit zu versprechen scheint. Besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Chronik von Peterborough, die mit ihren bis 1154 reichenden Einträgen Einsichten in das Verhältnis der Einheimischen zu den normannischen Herren eröffnet: Das Peterborough Chronicle führt nicht nur auf stilistischer Ebene bewußt Formen und Argumente der altenglischen literarischen Tradition fort, in diesem Text wird Wilhelm der Eroberer auch offen als Fremder abgelehnt, der mit seiner Habgier den im angelsächsischen England erreichten moralischen Vorstellungen nicht entspreche. Sprachlich wie politisch wird hier Unzufriedenheit mit den neuen Verhältnissen bekundet.
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Kohl, S. (2004). Mittelenglische Literatur. In: Seeber, H.U., et al. Englische Literaturgeschichte. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05206-3_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-05206-3_2
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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