Zusammenfassung
Das hohe Verpflichtungsethos, das der Fürst in der Lehre des Aquinaten eingeht, resultiert nicht zuletzt aus der metaphysischen Zuschreibung der monarchischen Position als Stellvertreter Gottes. Selbst wenn man die metaphysische Begründung des absoluten Endzwecks nicht teilt, bleibt das Kriterium der Glückseligkeit auch innerweltlich ein attraktives Gut. Im Streit der Kirchenmänner um die wahre Auslegung des Gottesgedankens und der strengen Regelbildung sogenannter scholastischer Kernsätze ist das thomistische Interpretationswerk zu einem systematischen Lehrgebäude ausformuliert worden. Auch wenn Kritiker am metaphysischen Leitbild die nach wie vor starke Bindung an den Gottesgedanken attackiert haben, so haben sie die Stellung des Königs als die zu favorisierende Position für die Qualität der politischen Ordnung nicht in Abrede gestellt. Selbst ein so gründlicher Denker wie Wilhelm von Ockham hat in seinem Dialogus (entstanden 1332–41) das aristotelische Politiemodell mit der monarchischen Zuordnung, wie sie Thomas vorgestellt hat, übernommen — auch wenn er die metaphysische Bindung nicht teilt. Es bleibt darüber hinaus bei einer grundsätzlich eher negativen Beurteilung der Leistungen einer demokratischen Ordnung: Auch für Ockham ist dies eine »durch Übertreibung verkehrte« Herrschaftsform, bei der das Volk herrscht — und zwar »nicht um des Gemeinwohls willen« (Wilhelm von Ockham: Dialogus, 108).
»Dieser Weg ist klar; auf den zweiten, den der Macht, ist noch hinzuführen. Sie ist der unmittelbare und königliche Zugang zu einer festen Autorität. Fehlt sie, mag alles andere da sein, was nützt das dann.«
(Justus Lipsius: Politicorum II, 276)
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Literaturverzeichnis
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Nitschke, P. (2002). Doktrinäre Positionen: Vom Sinn einer absoluten Gewalt. In: Politische Philosophie. Sammlung Metzler. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05068-7_5
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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Online ISBN: 978-3-476-05068-7
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