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Täuschende Moderne

Keyserling zwischen Fontane und Schnitzler

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Eduard von Keyserling und die Klassische Moderne

Part of the book series: Abhandlungen zur Literaturwissenschaft ((ABLI))

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Zusammenfassung

Der Schüttelreim „Als Gottes Atem leiser ging/schuf er den Grafen Keyserling“ (von Emil Preetorius) ist vermutlich einer der prominenteren Topoi im kulturellen Gedächtnis, und auch wenn der Vers ursprünglich nicht dem Autor, sondern dem Philosophen galt, wird er spätestens seit Gerhard Köpfs gleichnamiger Erzählung auf den Schriftsteller bezogen. Der Spottvers evoziert Kläglichkeit als Image eines Spätlings und poetae minoris im literarhistorischen Abseits, aus dem der Autor gegenwärtig (wieder einmal) geholt werden soll. Der vorliegende Beitrag beleuchtet eingangs die Indikatoren eines Platzes in der zweiten Reihe der Literaturgeschichtsschreibung, um dann den (vermeintlichen) Aufstieg, Keyserlings ‚Aufrücken‘ in die Moderne, zu betrachten und nach den Bedingungen und Implikationen dieser Revalorisierung zu fragen.

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Notes

  1. 1.

    Klaus Hübner: Ach, du lieber Keyserling! Schwabing ist hin (2011), https://www.welt.de/print/die_welt/vermischtes/article12041414/Ach-du-lieber-Keyserling-Schwabing-ist-hin.html (07.02.2019).

  2. 2.

    Gerhard Köpf: Als Gottes Atem leiser ging. München 2011.

  3. 3.

    Eine Übersicht gibt Horst Lauinger in seinem Kommentar zu Eduard von Keyserling: Horst Lauinger: „Kommentar“. In: Eduard von Keyserling: Landpartie. Gesammelte Erzählungen. Hg. und kommentiert von Horst Lauinger. Nachwort von Florian Illies. München 2018a, S. 655–710, hier S. 657 f.

  4. 4.

    Ebd., S. 655.

  5. 5.

    Ebd.

  6. 6.

    Ebd.

  7. 7.

    Horst Lauinger: „Editorische Notiz“. In: Eduard von Keyserling: Landpartie. Gesammelte Erzählungen. Hg. und kommentiert von Horst Lauinger. Nachwort von Florian Illies. München 2018b, S. 727–730, hier S. 729.

  8. 8.

    Florian Illies: „Abende mit Keyserling. Eine kleine Gebrauchsanweisung“. In: Eduard von Keyserling: Landpartie. Gesammelte Erzählungen. Hg. und kommentiert von Horst Lauinger. Nachwort von Florian Illies. München 2018, S. 711–717, hier S. 712.

  9. 9.

    Vgl. ebd., S. 711, S. 712, S. 714.

  10. 10.

    Ebd., S. 717.

  11. 11.

    In der Neuauflage von Schwüle Tage im Manesse-Verlag 2005.

  12. 12.

    Rose-Maria Gropp: „Keyserlings ewige Modernität. Keine Entwicklung für Prinzessinnen“ (2017), http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/eduard-von-keyserlings-letzter-roman-fuerstinnen-15132042.html (07.02.2019).

  13. 13.

    Vgl. etwa Kurt Rothmann: Kleine Geschichte der deutschen Literatur. Stuttgart 1985; Wolfgang Beutin et al.: Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Stuttgart 82013; Bernd Balzer/Volker Mertens (Hg.): Deutsche Literatur in Schlaglichtern. Mannheim/Wien/Zürich 1990; Volker Meid: Das Reclam Buch der deutschen Literatur. Stuttgart 2007; Gerhard Lauer: Grundkurs Literaturgeschichte. Stuttgart 2009; Horst Spittler: Entwicklungslinien der deutschsprachigen Literatur vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Bielefeld 2009.

  14. 14.

    Thomas Mann: „Zum Tode Eduard Keyserlings“. In: Ders.: Große kommentierte Frankfurter Ausgabe der Werke Thomas Manns (GKFA). Bd. 15.1: Essays II: 19141926. Hg. von Hermann Kurzke. Frankfurt/M. 2002, S. 223–227, hier S. 226.

  15. 15.

    Fritz Martini: Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Stuttgart 1957, S. 490.

  16. 16.

    Vgl. Monika Fick: „Literatur der Dekadenz in Deutschland“. In: York-Gothart Mix (Hg.): Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Bd. 7: Naturalismus. Fin de siècle. Expressionismus. 1890–1918. Wien 2000, S. 219–230, hier S. 230.

  17. 17.

    Bengt Algot Sørensen: „Fin de siècle“. In: Ders. (Hg.): Geschichte der deutschen Literatur. Bd. 2: Vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. München 22002, S. 138.

  18. 18.

    Die Nähe und gleichzeitige Differenz Keyserlings zu Fontane hat bereits Rolf Parr zu Fragen motiviert: „War Fontanes Schreiben am Ende so modern, dass es noch ein Vierteljahrhundert von Keyserling fortgesetzt werden konnte, so dass Fontane als ein Dichter des Übergangs verstanden werden müsste? Oder war Keyserlings Schreiben, obwohl bereits im 20. Jahrhundert angesiedelt, so veraltet, dass es gleichsam ‚zurück‘ ins 19. Jahrhundert zu Fontane hin verschoben werden konnte?“ Rolf Parr: „Preußisches Dur und baltisches Moll zwischen 1892 und 1913. Was Theodor Fontane und Eduard von Keyserling in ihrem Schreiben (nicht) gemeinsam haben“. In: Fontane-Blätter 97 (2014), S. 56–72, hier S. 56.

  19. 19.

    Marianne Wünsch: „Vom späten ‚Realismus‘ zur ‚Frühen Moderne‘: Versuch eines Modells des literarischen Strukturwandels“. In: Michael Titzmann (Hg.): Modelle des literarischen Strukturwandels. Tübingen 1991, S. 187–203.

  20. 20.

    Illies: „Abende mit Keyserling“, S. 711.

  21. 21.

    Peter V. Zima: ModernePostmoderne: Gesellschaft, Philosophie, Literatur. Tübingen/Basel 21997.

  22. 22.

    Illies datiert in seinem Nachwort die Aktivität des ‚Modernisten‘ Keyserling parallel zum „zeitgleichen Expressionismus“ und charakterisiert sie über die Stichworte „Avantgarde“ und „Innovation“, die er indes nicht auf der Handlungsebene der Texte ansiedelt oder in der Programmatik des Autors (insofern verbietet sich eine Lesart des ‚Modernisten‘ als eines Autors mit Willen zum Modernsein). Die Modernität sieht Illies in der Sprache, deren Leistungen indes mit Stichworten charakterisiert werden („verdichtete Sinnlichkeit“ Illies: „Abende mit Keyserling“, S. 711), „Stimmungsimpressionismus“ (ebd., S. 715), „Einfühlungs- und Beschreibungskunst“ (ebd., S. 716), die durchaus im Einklang mit der Klassischen Moderne resp. jenen Strömungen (Symbolismus, Impressionismus) stehen, denen Keyserling auch früher schon zugeordnet wurde.

  23. 23.

    In anderen Arbeiten würdigt Illies Keyserling als Autor der Moderne, vgl. Florian Illies: „Die Ironie der schwülen Tage: Der Autor dieses Sommers heißt Eduard von Keyserling“. In: Die Zeit 27 (2009).

  24. 24.

    Illies: „Abende mit Keyserling“, S. 712.

  25. 25.

    Illies: „Die Ironie der schwülen Tage“.

  26. 26.

    Gropp: „Keyserlings ewige Modernität“.

  27. 27.

    Illies: „Die Ironie der schwülen Tage“.

  28. 28.

    Gropp: „Keyserlings ewige Modernität“. Dass Gropp „Modernität“ nicht im Sinne eines selbstreflexiven sprachkritischen Erzählgestus versteht, erschließt sich aus ihrer Erläuterung: „Anders als sein, freilich zwei Jahrzehnte jüngerer, Zeitgenosse Hugo von Hofmannsthal, der die Sprachskepsis in seinen besten Werken zelebriert, vertraut Keyserling seiner Sprache völlig. Er nimmt sie her und blickt, selbst erblindet, in den Spiegel sinnentleerter Existenz.“

  29. 29.

    Illies: „Die Ironie der schwülen Tage“.

  30. 30.

    Hans-Ulrich Gumbrecht: „Modern, Modernität, Moderne“. In: Reinhart Koselleck/Werner Conze/Otto Brunner (Hg.): Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch zur politisch-sozialen Sprache. Bd. 4: Mi-Pre. Stuttgart 1978, S. 93–131.

  31. 31.

    Heinrich Kurz: Deutsche Literaturgeschichte. Neu bearbeitet und bis in die Gegenwart fortgeführt von Dr. Max Wedel. Berlin 1927, S. 716.

  32. 32.

    Martini: Deutsche Literaturgeschichte, S. 490.

  33. 33.

    Ebd.

  34. 34.

    Peter Sprengel: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 18701900. Von der Reichsgründung bis zur Jahrhundertwende. München 1998, S. 382.

  35. 35.

    Martini: Deutsche Literaturgeschichte, S. 490; Roy C. Cohen: „Naturalismus“. In: Ehrhard Bahr (Hg.): Geschichte der deutschen Literatur. Kontinuität und Veränderung. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Bd. 3: Vom Realismus bis zur Gegenwartsliteratur. Tübingen/Basel 21998. S. 89–156, hier S. 123.

  36. 36.

    Fick: „Literatur der Dekadenz in Deutschland“, S. 230.

  37. 37.

    Sprengel: Geschichte der deutschsprachigen Literatur, S. 382.

  38. 38.

    Vgl. Silvio Vietta: Ästhetik der Moderne. Literatur und Bild. München 2001, S. 191.

  39. 39.

    Jochen Schimmang: „Ein angenehmes Raubtiergefühl wärmte mir das Herz. In diesen Interieurs kann man es sich nicht gemütlich machen: ‚Landpartie‘, die gesammelten Erzählungen von Eduard von Keyserling“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung (13.09.2018).

  40. 40.

    Vgl. Wolfgang Nehring: „Eduard von Keyserlings Impressionismus“. In: Michael Schwidtal/Jaan Undusk (Hg.): Baltisches Welterlebnis. Die kulturgeschichtliche Bedeutung von Alexander, Eduard und Hermann Graf Keyserling. Beiträge eines internationalen Symposions in Tartu von 19. bis 21. September 2003. Heidelberg 2007, S. 285–296.

  41. 41.

    „Gegenstände sind nicht mit sich selbst identisch, Gehalt und Form sind nicht feste, rational fassbare Gegebenheiten, sondern sind abhängig von dem Blick, der sie wahrnimmt, von der Beleuchtung, in der sie wahrgenommen werden. Licht und Farbe, die Optik des Betrachters modifizieren das Aussehen, lösen scheinbar unveränderliche Konturen auf, so dass Grenzen von Menschen und Dingen verschwimmen.“ Ebd., S. 286.

  42. 42.

    Vgl. etwa Eduard von Keyserling: „Am Südhang“. In: Ders.: Werke. Hg. von Rainer Gruenter. Frankfurt/M. 1973a, S. 153–216, hier S. 194 und Eduard von Keyserling: „Beate und Mareile“. In: Ders.: Werke. Hg. von Rainer Gruenter. Frankfurt/M. 1973c, S. 255–350, hier S. 274.

  43. 43.

    Ein Zug, der sich im Alter verstärkt und den sein Biograph als Kompensation zum verlorenen Sehvermögen deutet, vgl. Thomas Homscheid: Eduard von Keyserling. Leben und Werk. Norderstedt 2009, S. 74. In diesem Sinne interpretiert auch Illies und erweitert die These auf die Darstellung von Vergangenheit und allem nicht mehr den Sinnen Zugänglichen. Vgl. Illies: „Abende mit Keyserling“, S. 711 f.

  44. 44.

    Vgl. Monika Fick: „Impressionismus“. In: Georg Braungart et al. (Hg.): Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte. Bd. 2: HO. Berlin/New York 2007, S. 137–140, hier S. 137.

  45. 45.

    Vgl. etwa Nicola Roßbach: „Moderne und Dialog“. In: Mathias Luserke-Jaqui (Hg.): Deutschsprachige Romane der klassischen Moderne. Berlin/New York 2008, S. 20–46, hier S. 29.

  46. 46.

    Keyserling: „Am Südhang“, S. 185.

  47. 47.

    Eduard von Keyserling: „Bunte Herzen“. In: Ders.: Werke. Hg. von Rainer Gruenter. Frankfurt/M. 1973e, S. 479–550, hier S. 549.

  48. 48.

    Gropp: „Keyserlings ewige Modernität“.

  49. 49.

    Auf der Ebene der historie wird er indes weiterhin sanktioniert (gesellschaftlich, moralisch oder im Sinne der poetischen Gerechtigkeit durch Tod/Verlust).

  50. 50.

    Kitsch als negative Wertungskategorie für „ästhetisch wie stilistisch als minderwertig, klischeehaft überladen, unecht oder banal“ eingestufte Kunstwerke dient hier als operativer Begriff. Von den gängigen Charakteristika des „bis in die Gegenwart nicht eindeutig zu fixierenden Terminus“ treffen auf Keyserlings Schreibweise resp. die Textoberflächen seiner Texte v. a. die typisierende Figurenzeichnung und gesteigerte Emotionalität zu (Sikander Singh: „Kitsch“. In: Dieter Burdorf/Christoph Fasbender/Burkhard Moennighoff (Hg.): Metzler Lexikon Literatur. Stuttgart 32007, S. 384). Das Stereotype umfasst nicht nur einzelne Figuren, sondern auch Figurenkonstellationen, Schauplätze, Plots, deren Motivierung und den Umgang mit Leitmotiven und Symbolen.

  51. 51.

    Keyserling: „Beate und Mareile“, S. 318.

  52. 52.

    Eduard von Keyserling: „Abendliche Häuser“. In: Ders.: Werke. Hg. von Rainer Gruenter. Frankfurt/M. 1973d, S. 351–378, hier S. 393.

  53. 53.

    Eduard von Keyserling: „Harmonie“. In: Ders.: Werke. Hg. von Rainer Gruenter. Frankfurt/M. 1973b, S. 217–254, hier 242.

  54. 54.

    Mann: „Zum Tode Eduard Keyserlings“, S. 226.

  55. 55.

    Vgl. zu den komplementären Strukturmodellen der Geschlechts- und Alterssemantik bei Keyserling: Caren Kollek: Literarische Selbstfindungsprozesse um 1900. Personen-, Erotik- und Moralkonzeption in Erzähltexten von Arthur Schnitzler, Eduard von Keyserling und Hermann Sudermann. Kiel 2011, S. 119–333.

  56. 56.

    Vgl. Parr: „Preußisches Dur und baltisches Moll“, S. 58 f., S. 61.

  57. 57.

    Eduard von Keyserling: Fürstinnen. Roman. Nachwort von Jens Malte Fischer. Zürich 2017, S. 287 f.

  58. 58.

    Eduard von Keyserling: „Nicky“. In: Ders: Schwüle Tage. Erzählungen. Mit einem Nachwort von Martin Mosebach. Zürich 2005a, S. 231–299.

  59. 59.

    Ähnlich wie Doralice in Wellen von ihrem Ehemann, dem alten Grafen.

  60. 60.

    Keyserling 2005a: „Nicky“, S. 233.

  61. 61.

    Ähnlich wie Boris gegenüber Billy in Bunte Herzen.

  62. 62.

    Keyserling 2005a: „Nicky“, S. 299.

  63. 63.

    Zur literarästhetischen Wertung und Position der Erzählung im Bd. Schwüle Tage vgl. Alexandra Pontzen: „Liebe und Tod in sommerlichen Gärten. Erzählungen von Eduard von Keyserling in der Manesse Bibliothek“. In: literaturkritik.de. Rezensionsforum 8 (2005), https://literaturkritik.de/id/8362 (17.10.2019).

  64. 64.

    Vgl. dazu Wünsch: „Vom späten ‚Realismus‘ zur ‚Frühen Moderne‘“, S. 195.

  65. 65.

    Keyserling: „Am Südhang“, S. 195.

  66. 66.

    Ebd., S. 196.

  67. 67.

    Ebd., S. 195.

  68. 68.

    Ebd., S. 201.

  69. 69.

    Illies: „Die Ironie der schwülen Tage“: „Wegen der Liebesbrief-Rezension Daniela von Bardows (und aus Langeweile) kommt es zum Duell zwischen Karl Erdmann und seinem Nebenbuhler. […] Enttäuschung dann auch bei der Umworbenen. Daniela wendet sich gedanklich wieder jenem früheren Hauslehrer zu, der aus unglücklicher Liebe zu ihr wenigstens gestorben ist.

  70. 70.

    So etwa in Schwüle Tage, wo der Zufall Bill Gelegenheit gibt, hinter die trügerische Fassade der väterlichen Existenz zu schauen.

  71. 71.

    Man betrachte etwa das oben zitierte Ende von Fürstinnen (Keyserling 2017, S. 287 f.), in dem die Kontrastierung der ‚hohen‘ kühlen mit der jungen leidenschaftlichen Frau, die komplementären Landschaftsausschnitte (Gartenzaun – Waldrand), die Farben (weiß – bunt brennend) und Blumen (Rosen – Trollblumen) vor schwarzem Samt die Szene mit Bedeutsamkeit überfrachten. Die großen Themen Leben und Tod, Jugend und Alter werden nach der metaphorischen (Über-)Determinierung noch im allegorisierenden Vergleich explizit gemacht. Die letzten Worte der Erzählung gelten „seinen [d. i. des Totenwagens, AP] weißen Kränzen, in deren Mitte Brittas Kranz lag, heiter in seiner Farbenpracht, wie ein helles Jugendlachen“ und ließen sich perspektivisch der Fürstin zuordnen, die indes nicht zu solcherart sentimentalen Arrangements neigt. Letztlich muss also wohl doch die Erzählinstanz den Ausklang der Erzählung in einer emotionalisierenden Effektkumulation verantworten.

  72. 72.

    Illies: „Abende mit Keyserling“, S. 713.

  73. 73.

    Schimmang: „Ein angenehmes Raubtiergefühl wärmte mir das Herz“.

  74. 74.

    Vgl. etwa Keyserling 2017: Fürstinnen, S. 171 f.

  75. 75.

    Gropp: „Keyserlings ewige Modernität“.

  76. 76.

    Illies: „Die Ironie der schwülen Tage“.

  77. 77.

    Insofern schreibe Keyserling sentimentalisch und damit reflexiv. Zugleich – und nicht ohne inneren Widerspruch – verweist Illies auf biographische Verlusterfahrungen, wie die Erblindung, und lässt damit seine These in die Nähe jener Nostalgie-Topik rücken, die er anderen Interpreten, etwa Mosebach, als biographistisch übelnimmt. Vgl. Illies: „Abende mit Keyserling“, S. 712.

  78. 78.

    Illies: „Die Ironie der schwülen Tage“.

  79. 79.

    Schimmang: „Ein angenehmes Raubtiergefühl wärmte mir das Herz“.

  80. 80.

    Wünsch: „Vom späten ‚Realismus‘ zur ‚Frühen Moderne‘“, S. 189 f. Wünsch betont im Zusammenhang der „Darstellbarkeit der neuen Psychologie“: „gerade die alte Technik auktorialen Erzählens kann hier neu funktionalisiert werden, um z. B. der Figur unbewußte psychische Inhalte einzuführen“ (ebd., S. 190). Die demgegenüber neue und für moderne Erzählliteratur als charakteristisch betrachtete etwa „um die Jahrhundertwende voll ausgebildete Methode, die Romanfiguren als Subjekte in ihrem schweigenden Innen, den nicht verlautbarten Regungen ihres Bewußtseins und zwar als dritte Person darzustellen“ (Käte Hamburger: „Dorrit Cohn, ‚Transparent Minds. Narrative Modes for Presenting Consciousness in Fiction‘“. In: Germanic Review 55/1 (1980), S. 31–33, hier S. 32), leistet etwas Paradoxes, das literarisch als Schwebezustand evozierbar ist, aber an dem die literaturwissenschaftlichen Benennungen (Erlebte Rede, discours indirect libre oder narrated Monologue (Dorrit Cohn)) scheitern, weil sie zwar die Fusion von Erzählerstimme und Figurenperspektive als ein neues Drittes würdigen wollen, die Bezeichnungen aber drohen mit dem Moment der Rede/des Monologs zu evozieren, die Figur selbst verfüge über eine Sprache auch für ihr Unbewußtes.

  81. 81.

    Schimmang: „Ein angenehmes Raubtiergefühl wärmte mir das Herz“.

  82. 82.

    Fontane, Theodor: „[An Eduard Engel] 18.04.1882“. In: Fritz Martini/Walter Müller-Seidel/Berhard Zeller (Hg.): Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 28 (1984), S. 26 ff.

Literatur

  • Balzer, Bernd/Mertens, Volker (Hg.): Deutsche Literatur in Schlaglichtern. Mannheim/Wien/Zürich 1990.

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  • Fick, Monika: „Literatur der Dekadenz in Deutschland“. In: York-Gothart Mix (Hg.): Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16, Jahrhundert bis zur Gegenwart. Bd. 7: Naturalismus. Fin de siècle. Expressionismus. 1890–1918. Wien 2000, S. 219–230.

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  • Fontane, Theodor: „[An Eduard Engel] 18.04.1882“. In: Fritz Martini, Walter Müller-Seidel, Berhard Zeller (Hg.): Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 28 (1984), S. 26 ff.

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  • Gropp, Rose-Maria: Keyserlings ewige Modernität. Keine Entwicklung für Prinzessinnen. (2017), http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/autoren/eduard-von-keyserlings-letzter-roman-fuerstinnen-15132042.html (07.02.2019).

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Pontzen, A. (2020). Täuschende Moderne. In: Jürgensen, C., Scheffel, M. (eds) Eduard von Keyserling und die Klassische Moderne. Abhandlungen zur Literaturwissenschaft. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04892-9_6

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