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Schicksal in Raten. Teil und Ganzes in Stifters Abdias

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Stifters Mikrologien

Part of the book series: Abhandlungen zur Literaturwissenschaft ((ABLI))

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Zusammenfassung

Der Beitrag untersucht das intrikate Verhältnis von Teil und Ganzem in Stifters Erzählung Abdias, das nicht nur die epistemologische Suche nach der Ordnung der Dinge auf der Ebene der histoire betrifft, sondern als Dynamik des Einteilens und Zusammenfügens auch die Ebene des discours strukturiert. Sowohl Vorrede als auch Erzählung selbst kreisen um die Frage des Zusammenhangs von Einzelnem und Ganzem – ein Vergleich der Fassungen zeigt jedoch, dass Stifter diese Frage mit unterschiedlichen erzählerischen Strategien bearbeitet. Während der Erzähler der Journalfassung die Narration auffällig in Abschnitte zerschneidet, ohne dass jenseits der chronologischen Folge ein kausaler Zusammenhang hergestellt würde, bemüht sich die Studienfassung um eine Verfugung der Lücken im Erzählen zur schicksalhaften Fügung. Dessen metaphysische tragfähige Begründung ersetzt der Text durch ein handwerklich gedachtes Programm des Zusammenschreibens, das die Fugen des Schicksals zum Verschwinden bringen bemüht ist.

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Notes

  1. 1.

    Zum Kleinen als Keim, der das Große als Möglichkeit enthält, siehe: Schuller, Marianne/Schmidt, Gunnar: Korn. In: Dies.: Mikrologien. Literarische und philosophische Figuren des Kleinen. Bielefeld 2003, 17 f.

  2. 2.

    Zum Sandkorn, siehe: Frei Gerlach, Franziska: Die Macht der Körnlein. Stifters Sandformationen zwischen Materialität und Signifikation. In: Sabine Schneider/Barbara Hunfeld (Hg.): Die Dinge und die Zeichen. Dimensionen des Realistischen in der Erzählliteratur des 19. Jahrhunderts. Für Helmut Pfotenhauer. Würzburg 2008, 109–122. Zum ausufernden Beschreiben, siehe: Schuller, Marianne: Das Kleine der Literatur. Stifters Autobiographie. In: Dies./Schmidt: Mikrologien (wie Anm. 1), 77–89; die darauf hinweist, dass die Neigung zum Kleinen und Unbedeutsamen die Ausdehnung der Texte erst hervorbringe, da mit dem Beschreiben ein tendenziell unabschließbarer Prozess in Gang komme (vgl. ebd., 78). Dazu auch: Drügh, Heinz J.: Ästhetik der Beschreibung. Poetische und kulturelle Energie deskriptiver Texte (1700–2000). Tübingen 2006.

  3. 3.

    Vgl. HKG 1.5, 106.

  4. 4.

    Neumann, Gerhard: Zuversicht. Adalbert Stifters Schicksalskonzept zwischen Novellistik und Autobiographie. In: Walter Hettche u. a. (Hg.): Stifter-Studien. Tübingen 2000, 163–187; hier: 180.

  5. 5.

    Dass der Bezug von Einleitung und Erzählung komplex ist und keineswegs im einfachen Verhältnis von Theorie und Beispiel aufgeht, ist von der Forschung vielfach herausgearbeitet worden. Siehe den Überblick bei: Geulen, Eva: Abdias. In: Christian Begemann/Davide Giuriato (Hg.): Stifter-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart 2017, 36–39.

  6. 6.

    Vgl. den Kommentar in HKG 1.9, 285 f.; sowie zu Herder: Schäublin, Peter: Stifters ‚Abdias‘ von Herder aus gelesen. In: VASILO 23 (1974), 101–113; VASILO 24 (1975), 87–105; zu Jean Paul: Utz, Peter: ‚Die Lücken, die jetzt sind‘. Visualität und Blindheit in den beiden Fassungen von Stifters ‚Abdias‘. In: Sabine Eickenrodt (Hg.): Blindheit in Literatur und Ästhetik (17501850). Würzburg 2002, 251–274.

  7. 7.

    Vgl. dazu Geulen, Eva: Worthörig wider Willen. Darstellungsproblematik und Sprachreflexion in der Prosa Adalbert Stifters. München 1992, 64 f.

  8. 8.

    Der Abdias gehört zu den meistinterpretierten Texten Stifters, worauf etwa Cornelia Blasberg hinweist. Vgl. Blasberg, Cornelia: Erschriebene Tradition. Adalbert Stifter oder das Erzählen im Zeichen verlorener Geschichten. Freiburg i.Br. 1998, 214.

  9. 9.

    Vgl. HKG 1.9, 283.

  10. 10.

    Siehe Geulen, Eva: Abdias. In: Begemann/Giuriato: Stifter-Handbuch (wie Anm. 5), 36–39. Blasberg: Erschriebene Tradition (wie Anm. 8), 215; spricht sogar davon, dass die Begrifflichkeit der Einleitung „den Text mit einer ihm fremden und inkommensurablen Logik überzieht“.

  11. 11.

    Vgl. Kaminski, Nicola/Ramtke, Nora/Zelle, Carsten: Zeitschriftenliteratur/Fortsetzungsliteratur: Problemaufriß. In: Dies. (Hg.): Zeitschriftenliteratur/Fortsetzungsliteratur. Hannover 2014, 7–39; hier: 27.

  12. 12.

    Christian Begemann verdanke ich die Frage nach der Veröffentlichungssituation des Abdias, die mich dazu veranlasst hat, diese genauer in meine Überlegungen mit einzubeziehen. Ihm sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Siehe dazu: Kaminski/Ramtke/Zelle: Zeitschriftenliteratur/Fortsetzungsliteratur (wie Anm. 11), 27.

  13. 13.

    Siehe vor allem: Helmstetter, Rudolf: Die Geburt des Realismus aus dem Dunst des Familienblattes. Fontane und die öffentlichkeitsgeschichtlichen Rahmenbedingungen des Poetischen Realismus. München 1997.

  14. 14.

    Johann G. Seidl in der Wiener Zeitung vom 24. Dezember 1844, zitiert nach: HKG 1.9, 271.

  15. 15.

    Vgl. Kaminski/Ramtke/Zelle: Zeitschriftenliteratur/Fortsetzungsliteratur (wie Anm. 11), 16.

  16. 16.

    Dass eine solche Semantik der Schließung auch bei in Fortsetzung abgedruckten Texten atypischer Weise vorkam, darauf weisen Kaminski, Ramtke und Zelle hin; vgl. Kaminski/Ramtke/Zelle: Zeitschriftenliteratur/Fortsetzungsliteratur (wie Anm. 11).

  17. 17.

    Zur Zuordnung der Erzählung zu den Genres des Exempels, der Fallgeschichte, der Novelle sowie des Kasus im Sinn André Jolles siehe Gretz, Daniela: Von ‚hässlichen Tazzelwürmern‘ und ‚heiteren Blumenketten‘: Adalbert Stifters ‚Abdias‘ und Gottfried Kellers ‚Ursula‘ im Spannungsfeld von Fallgeschichte und Novelle. In: Susanne Düwell/Nicolas Pethes (Hg.): Fall. Fallgeschichte. Fallstudie. Theorie und Geschichte einer Wissensform. Frankfurt a.M. 2017, 274–314.

  18. 18.

    Blasberg: Erschriebene Tradition (wie Anm. 8), 217.

  19. 19.

    Vgl. zum Folgenden den Eintrag: Martínez, Matías: Art. ‚Episode‘. In: Klaus Weimar (Hg.): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft, Berlin 31997, Bd. 1, 471–473.

  20. 20.

    Martínez, Matías/Scheffel, Martin: Einführung in die Erzähltheorie. München 1999, 111.

  21. 21.

    Vgl. Martínez: Art. ‚Episode‘ (wie Anm. 19), 472.

  22. 22.

    Zur Alternative von Band und Kette siehe auch Ingen, Ferdinand von: Band und Kette. Zu einer Denkfigur bei Stifter. In: Hartmut Laufhütte/Karl Möseneder (Hg.): Adalbert Stifter. Dichter und Maler, Denkmalpfleger und Schulmann. Neue Zugänge zu seinem Werk. Tübingen 1996, 58–74.

  23. 23.

    Vgl. Mariacher, Barbara: Zufall – das ungelenke Organ des Schicksals. Überlegungen zum Zufallsbegriff in der Erzählung ‚Abdias‘. In: Jattie Enklaar (Hg.): Geborgenheit und Gefährdung in der epischen und malerischen Welt Adalbert Stifters. Würzburg 2006, 87–94; hier: 88.

  24. 24.

    Derrida, Jacques: Marx’ Gespenster. Der Staat der Schuld, die Trauerarbeit und die neue Internationale. Frankfurt a.M. 2004, 34.

  25. 25.

    Neumann: Zuversicht (wie Anm. 4), 180.

  26. 26.

    Vgl. zum Folgenden: Bachmann, Vera: Das Handwerk der Prosa. Fugung und Fügung bei Adalbert Stifter. In: Inka Mülder-Bach/Jens Kersten/Martin Zimmermann (Hg.): Prosa schreiben. Literatur – Geschichte – Recht. Paderborn 2019, 271–288, der sich teilweise mit den hier vorgestellten Überlegungen überschneidet.

  27. 27.

    Vgl. Lehner, Ulrich: Kants Vorsehungskonzept auf dem Hintergrund der Deutschen Schulphilosophie und -Theologie. Leiden/Boston 2007, 338.

  28. 28.

    Kant, Immanuel: Zum ewigen Frieden. In: Ders.: Kant’s gesammelte Schriften. Hg. von der Preußischen Akademie der Wissenschaft. Berlin 1923, Bd. 8, 361.

  29. 29.

    Ebd., 362.

  30. 30.

    Vgl. den Eintrag: Art. ‚Vorsehung‘. In: Marcus Willaschek u. a. (Hg.): Kant Lexikon. Berlin/Boston 2015, Bd. 3, 2562–2564; hier: 2563.

  31. 31.

    Kant: Zum ewigen Frieden (wie Anm. 28), 361.

  32. 32.

    Ebd.

  33. 33.

    Grimm, Jacob und Wilhelm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bde. (in 32 Teilbdn.). Leipzig 1854–1960; hier: Bd. 4., Sp. 385.

  34. 34.

    Ebd., Sp. 401.

  35. 35.

    Ebd., Sp. 401 ff.

  36. 36.

    Stifter, Adalbert: Mein Leben [Nachlaßblätter]. In: Konrad Steffen (Hg.): Gesammelte Werke in vierzehn Bänden, Basel 1972, Bd. 14, 116–121; hier: 120.

  37. 37.

    Frauke Berndt hat nachdrücklich darauf hingewiesen, dass sich der Begriff der ‚rötlichen Gestalten‘ und damit der ‚Conscription‘ syntaktisch wie semantisch auf die Doppelkeile bezieht (und daran die These geknüpft, das Wort ‚Conscription‘ besetze die vakante Position des Vaters, während Heinz Drügh sie irrtümlicherweise mit der Einlegearbeit des Osterlamms identifiziert. Vgl. Berndt, Frauke: Nichts als die Wahrheit. Zur grammatologischen Metaphysik in Adalbert Stifters ‚Mein Leben‘. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 79/3 (2005), 472–504; hier: 495; Drügh, Heinz J.: Ästhetik der Beschreibung. Poetische und kulturelle Energie deskriptiver Texte (1700–2000). Tübingen 2006, 257.

  38. 38.

    Schuller, Marianne: Das Kleine in der Literatur. Stifters Autobiographie. In: Dies./Schmidt: Mikrologien (wie Anm. 1), 77–89; hier: 84.

  39. 39.

    Ebd., 85.

  40. 40.

    So drückte Schücking in einer Besprechung des ersten Bandes der Studien für die Allgemeine Zeitung die Hoffnung aus, weitere Bände würden bald folgen, „da sie wohl den Abdias, die Erzählung, welche man als die beste rühmt, bringen werden“ (zitiert nach HKG 1.9, 273).

  41. 41.

    Utz: ‚Die Lücken, die jetzt sind‘ (wie Anm. 6), 252.

  42. 42.

    Ebd., 252, 254.

  43. 43.

    Ebd., 260.

  44. 44.

    Ebd., 273.

  45. 45.

    Kant: Zum ewigen Frieden (wie Anm. 28), 361.

  46. 46.

    Vgl. zum ähnlichen Aspekt der Gitterlinien: Vogel, Juliane: Stifters Gitter. Poetologische Dimensionen einer Grenzfigur. In: Schneider/Hunfeld: Die Dinge und die Zeichen (wie Anm. 2), 43–58.

  47. 47.

    Siehe Blasberg: Erschriebene Tradition (wie Anm. 8), 230; sowie Schuster, Jana: Der Stoff des Lebens. Atmosphäre und Kreatur in Stifters ‚Abdias‘. In: Zeitschrift für Germanistik 24/2 (2014), 296–311; hier: 300 f.

  48. 48.

    Utz: ‚Die Lücken, die jetzt sind‘ (wie Anm. 6), 272.

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Bachmann, V. (2019). Schicksal in Raten. Teil und Ganzes in Stifters Abdias. In: Giuriato, D., Schneider, S. (eds) Stifters Mikrologien. Abhandlungen zur Literaturwissenschaft. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04884-4_6

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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