Zusammenfassung
Kluges Entscheiden in schwierigen und unübersichtlichen Situationen ist etwas, was gern normativ postuliert wird. Als klug angesehene Entscheidungen müssen nach unserem Sprachgebrauch nicht unbedingt auch ‚richtig‘ sein. Es ist z. B. konsistent möglich, ein Parteienverbot für eine extremistische Partei für richtig zu halten, aber nach Regeln der Klugheit dennoch auf den Verbotsantrag zu verzichten. Der Klugheitsbegriff transportiert Elemente situativer Angemessenheit und auch des Gefühls für die passende Situation mit. Um dies anschaulicher herauszuarbeiten, werde ich zunächst eine Fehlerquelle des politischen Denkens beschreiben, die aus einem szientistisch überzogenen Exaktheitsanspruch resultiert. Im Folgenden werde ich dann an zwei einander entgegengesetzten politisch besonders relevanten Fällen beobachten, auf Grund welcher Voraussetzungen es einmal zu einer nachträglich als richtig zu beurteilenden Kette von Entscheidungen gekommen ist, und aus welchen Gründen im zweiten Fall eine, übrigens über einen politischen Führungswechsel hinausgehende Kette gravierender Fehlentscheidungen generiert worden ist. Wenn unsere Themenstellung Sinn haben soll, müssen solche Fälle diskutiert werden, in denen nicht bloß der Zufall einer momentanen Einzelentscheidung den Ausschlag gegeben hat. Es muss sich also um politische Prozesse handeln, in denen über Jahre hinweg Richtungskorrekturen möglich waren bzw. gewesen wären.
Zuerst erschienen in: Reese-Schäfer, Walter. 2006. Voraussicht und Fehlurteil – Die intellektuelle Basis von Entscheidungen. In Kluges Entscheiden – Disziplinäre Grundlagen und interdisziplinäre Verknüpfungen, Hrsg. Arno Scherzberg, 275–290. Berlin: Mohr Siebeck.
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Reese-Schäfer, W. (2019). Voraussicht und Fehlurteil. Die intellektuelle Basis von Entscheidungen. In: Deutungen der Gegenwart. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04842-4_8
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