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Fritz Kortner über Bühnen-Sprechkunst im 20. Jahrhundert

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Zusammenfassung

Fritz Kortners Schriften bezeugen eine Abkehr von der die Theaterbühnen noch lange bestimmenden deklamatorischen Sprechästhetik, sei es des überlieferten Schillertons, sei es des sogenannten Burgtheaterstils. Er entwarf stattdessen – parallel zu Herbert Jhering und Bertolt Brecht – den Typus eines gestischen, mit körperlichen Bewegungen aufs Engste verbundenen Sprechens, das den menschlich-unbewussten Wahrheitsgehalt von Dramen herausarbeiten sollte. Kortners Überlegungen zur Vergegenwärtigung von überlieferten Dramentexten als einer Übersetzung in die Gegenwart – im Wissen um den historischen Abstand – wurden zu einer wichtigen Prämisse von Bühnensprechkunst und Vortragskunst im 20. Jahrhundert. Selber hat er ein Beispiel dafür in der auf LP festgehaltenen Lesung der Audienzszene aus Schillers Don Carlos gegeben.

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Notes

  1. 1.

    Fritz Kortner: Aller Tage Abend. München 1959; Neuauflage mit einem Nachwort von Klaus Völker. Berlin 1991, S. 25.

  2. 2.

    Ebd., S. 26.

  3. 3.

    Ebd., S. 12.

  4. 4.

    Vgl. Meyer-Kalkus: Stimme und Sprechkünste im 20. Jahrhundert, S. 251–263; vgl. Eisermann: Josef Kainz, S. 281–301.

  5. 5.

    Kortner: Aller Tage Abend, S. 73.

  6. 6.

    Vgl. auch Kortners Erinnerung an die Aufführung von Schillers Wilhelm Tell im Jahr 1920, als Bassermann den Protagonisten spielte, er selbst den Gessler. „Es war das erste Mal, daß ich mit einem großen Schauspieler – in meinen Augen mit dem größten – auf der Bühne stand. – Schon auf den Proben war ich oft fassungslos über Bassermanns Vermögen, die klischeebedrohte Tellgestalt zu einem so echten rührenden, unaufheblich heldischen, wahren Mannsbild zu erheben.“ Ebd., S. 356 f. Zu Bassermann als Rezitator vgl. das Porträt des Theaterkritikers Herbert Jhering, in: Von Reinhardt bis Brecht. Vier Jahrzehnte Theater und Film, Bd. 1: 1909–1923. Berlin 1961, S. 11–14. Bassermanns Stimme habe „immer den Tonfall des Gesprächs, die Akzente des alltäglichen Lebens, und diese doch zu einer musikalischen Melodie von kaum jemals gehörter Eindringlichkeit gesteigert. […] Bassermann löst nicht, wie Moissi, Sprechwerte in musikalische Werte auf. Er entdeckt, von seinem mimischen Instinkt geleitet, die verschütteten Werte der alten Sprechmelodie.“ Ebd., S. 11.

  7. 7.

    Kortner: Aller Tage Abend, S. 277.

  8. 8.

    Ebd.

  9. 9.

    In anderem Zusammenhang hat Ivan Nagel auf die Verwandtschaft von Theater und Psychoanalyse in Kortners Regiearbeit hingewiesen, vgl. Ivan Nagel: „Nachruf auf Kortner“, in: Kortner, Zadek, Stein. München 1989, S. 11–34, hier: S. 19.

  10. 10.

    Kortner: Aller Tage Abend, S. 96. Rückblickend auf eine Berliner Wilhelm-Tell-Aufführung 1920 bezeichnet sich Kortner selbst mit eben diesem Epitheton (vgl. ebd., S. 356).

  11. 11.

    Ebd., S. 103. Den „Durchschnittsschauspieler“ nennt er ein „Mißgebilde aus falschem Ton, nichtssagender Krampfgebärde, das, Schmerz und Humor falsch münzend, im kellnerhaften Rampendienst den Abonnenten eilfertig bewirtet.“ Ebd., S. 21. Und was die Schauspielerinnen am Burgtheater anbelangt, so hätten sie, aus der Ferne betrachtet, „nur Körperumrisse und Stimmchen, oft gezierte, manirierte oder penetrant innige, pseudoschmerzvoll mit dem Schmerzensjodler, der, vom italienischen Gesang kommend, sich Eingang bei den Heurigensängern und Burgschauspielern verschafft hatte.“ Ebd., S. 27.

  12. 12.

    Ebd., S. 356 und 54. An einer Stelle erinnert er sich an „eine terroristische Stimme, die Erklärungen und Schlüsse im Sprechstaccato wie Maschinengewehrfeuer auf mich eintrommelte“ Ebd., S. 51. Vgl. auch seine Begegnung mit dem bayrischen Dialekt nach dem Zweiten Weltkrieg in München, ebd., S. 564.

  13. 13.

    Vgl. ebd., S. 113.

  14. 14.

    Ebd., S. 97 und 102 f. Vgl. Leopold Jessners Nachruf auf Ferdinand Gregori, in: Schriften. Theater der Zwanziger Jahre, hg. Hugo Fetting. Berlin 1979, S. 197 f.

  15. 15.

    Ebd., S. 102 und 111. Kortners Beschreibung erinnert an ähnliche Passagen von Marcel Proust über die Mitspielerinnen der Sarah Bernhardt (siehe Abschn. 12.6): „Die Geste der Selbstanfeuerung ständig wiederholend, beteuert der Schauspieler dem Publikum immer wieder, daß es dem Menschen, den er darstellen sollte, ganz schrecklich schlecht gehe. Dieser Aufreger ist gewissermaßen ein Bote der nicht verkörperten Person. Er berichtet, wie bedauernswert die Lage des von ihm nicht dargestellten Menschen sei. […] Der Theaterabonnent akzeptiert den Boten für die Person. So ist das dramatische Boten-Betriebstheater entstanden. Die Menschen aber erscheinen nur, wenn sie verkörpert werden. Das gelingt ausschließlich dem außerordentlichen Theater, auf dem sich nach langen Geburtswehen die Menschwerdung vollzieht.“ Ebd., S. 130 f.

  16. 16.

    Kortner will einmal bei einem lautstark ausgetragenen Disput mit seiner damaligen Freundin erfahren haben, dass auch die in echter Leidenschaft hervorgebrachten Stimmtöne falsch klingen können, weil sie wie standardisierte Bühnentöne klingen: „Meine Wut, meine Verzweiflung waren echt, doch es klang, als ob ich nur zum Teil der Angeschrienen und zum Teil einem imaginären Publikum zugewandt gewesen wäre, den einen Opernfuß sängerhaft einen Schritt vor den anderen gestellt. Was war das? Das Leben ahmte die Bühnen nach und die echte Erregung die Bühnenerregung? Das geschieht vielfach. Das Leben orientiert sich an dem, was sein Abbild sein sollte. Der falsche Ton der Bühnen schleicht sich ins Leben ein und klingt daher auf der Bühne wie echt. Ich muß auf der Hut sein, dachte ich mir, sonst schleicht sich der verhaßte und verbannte Tonfall auch noch in meinen Beruf ein.“ Ebd., S. 105.

  17. 17.

    Ebd., S. 320 und 129.

  18. 18.

    Max Reinhardt: „Rede über den Schauspieler (1930)“, in: Ich bin nichts als ein Theatermann. Briefe, Reden, Aufsätze, Interviews, Gespräche, Auszüge aus Regiebüchern, hg. Hugo Fetting. Berlin 1989, S. 433–436, hier: S. 436.

  19. 19.

    Kortner: Aller Tage Abend, S. 480 f.

  20. 20.

    Herbert Jhering: „Der Kampf ums Theater“, in: Der Kampf ums Theater und andere Streitschriften: 1918–1933. Berlin 1974, S. 131–183, hier: S. 169 f.

  21. 21.

    Vgl. Kortner: Aller Tage Abend, S. 80 f.

  22. 22.

    „Ich stürmte, peitschenknallend, nun bis an die Rampe vor, übersteigerte den schon höchstgesteigerten Ton und schrie, die Gegenschreie ignorierend, so lange in die Zuschauerhölle hinein, das ‚Treibt Sie auseinander!‘‘ unzählige Male wiederholend, bis die Radaubande wie vor einem Vorgesetzten kuschte.“ Ebd., S. 356. Ein spätes Echo dieser Kortner-Schreie kann man in den von Hans-Jürgen Syberberg produzierten Filmaufnahmen der Proben von Schillers Kabale und Liebe an den Münchner Kammerspielen mit Christiane Hörbiger und Helmuth Lohner aus dem Jahr 1965 hören: Der 73-jährige Kortner macht hier aus dem Regiestuhl heraus vor, wie es klingen muss, wenn Ferdinand „im Ausdruck unbändigster Wut“ sein „Mörder und Mördervater!“ (V, 7) herausschleudert – ein schlechthin markerschütternder Schrei.

  23. 23.

    Vgl. das Kortner-Porträt von Julius Bab: Schauspieler und Schauspielkunst. Berlin 1926, S. 130–142 („Krauß und Kortner oder Gestalt und Stimme“): „Fritz Kortners Gestalt lebt zuerst und zutiefst von der Stimme aus, […] in der es wie von elektrischen Funken knistert, wie im Blitzschlag herausprasselt. Zwischen deren ununterbrochen gespanntem, mit pfeifenden Akzenten niederfahrendem Ton und der Reitpeitsche [in der Gestalt des Gessler], die in der Rechten des Wesens wippt, ist eine tiefe Verwandtschaft.“ Ebd., S. 138. Nach Bab fand Kortner rasch Nachahmer und Nachfolger in der jüngeren Schauspielergeneration wie Leonhard Steckel, Gerhard Ritter, Wolfgang Heinz, Aribert Wäscher, Mathias Wieman, Veit Harlan, Walter Franck und Rudolf Forster.

  24. 24.

    Jhering: „Der Kampf ums Theater“, S. 173 und 153 f.

  25. 25.

    Vgl. ebd., S. 164. Ein anderes Zeugnis für diese Entwicklungen auf Berliner Bühnen findet sich in der Autobiographie des Schauspielers Alexander Granach: „Genauso, wie die Schauspieler im Königlichen Schauspielhaus zu unnatürlich waren, waren die im Lessingtheater zu natürlich. Man hustete, spuckte, kratzte sich, machte Riesenpausen – eine Vorstellung sah da immer aus, als ob man zufällig in ein fremdes Haus hineingekommen und Zeuge peinlichster privater Auseinandersetzungen wäre. Man war ein bißchen unangenehm berührt“, vgl. Alexander Granach: Da geht ein Mensch. Autobiographischer Roman. Stockholm 1945, S. 243. Granachs Liebe galt weder dem klassizistischen Staatsschauspiel des Königlichen Schauspielhauses noch der naturalistischen Bühne des Lessingtheaters, sondern dem Theater Max Reinhardts: Dieses „war natürlich und doch nicht alltäglich – es war feierlich und doch ohne falsches Pathos – es war Theater – romantisches, poetisches Theater.“ Ebd.

  26. 26.

    „Der Schauspielschüler muß von Beginn an lernen, die Rede nicht als augenblicklichen Einfall, sondern als notwendige Tonfolge zu sprechen. Der Schauspielschüler muß lernen, nicht Worte, nicht Sätze, sondern Satzkomplexe zu sprechen. Das Sprechen zu reformieren, ist wichtiger als die Bühnenaussprache zu reformieren. Denn das Sprechen reformieren heißt gleichzeitig: aus dem Körperrhythmus heraus sprechen lernen. Das Gefühl für die rhythmische Bedeutung der Satzzeichen: der Kommata, der Punkte zu wecken, über die der Naturalismus hinweggürgelte, ist einschneidender, als den Lautcharakter der Vokale, der Konsonanten, der Diphthonge festzulegen.“ Jhering: „Der Kampf ums Theater“, S. 164.

  27. 27.

    Ebd., S. 159 f.

  28. 28.

    Kortner: Aller Tage Abend, S. 176. Kortner beschreibt den Zusammenhang von Gestik und Rede anschaulich am Beispiel von Giorgio Strehlers Inszenierung von Goldonis Diener zweier Herren, vgl. ebd., S. 503.

  29. 29.

    Vgl. Kortners kritischen Kommentar zum Karriereweg des österreichischen Schauspielers Oskar Werner: „Hätte der hochbegabte, tiefgesunkene Oskar Werner das Glück gehabt, einem Max Reinhardt zu begegnen [wie er, Kortner, selbst] und sich ihm anvertraut, ‚er hätte sich höchst königlich bewährt‘. Nehmen wir an, dieser Werner geriete in die Hände eines großen Regisseurs, dann würden Wochen vergehen mit Heilversuchen, mit dem Bemühen, ihn aus seiner Gefühlsepilepsie zu erlösen.“ Ebd., S. 177.

  30. 30.

    Ebd., S. 231.

  31. 31.

    Ebd., S. 202. Vgl. auch S. 130 f.

  32. 32.

    „Auch mit ein oder zwei Proben war ich imstande, durch die mir eigene Stimmvirtuosität nach bewährtem Muster Wirkungen zu erzielen, eine Rede zu steigern, andere zu überschreien, gegen den Aktschluß die Bühne zusammenzureißen, auf Applaus, auf Vorhänge zu zielen. Ich hatte mich auf die Sprache verlassen und hatte nicht Zeit, die Rolle wirklich zu erlernen, geschweige denn sie zu formen, nach der vollgültigen, mimischen Entsprechung zu tasten.“ Ebd., S. 276.

  33. 33.

    Ebd., S. 276 f.

  34. 34.

    Klaus Völker: „Nachwort“, in: Fritz Kortner: Aller Tage Abend, hg. Klaus Völker. Berlin 21991, S. 580 f.

  35. 35.

    Kortner: Aller Tage Abend, S. 485.

  36. 36.

    Vgl. ebd., S. 59 f.

  37. 37.

    Kortner: Letzten Endes. Fragmente, hg. von Johanna Kortner. München 21971, S. 43.

  38. 38.

    Ebd., S. 39.

  39. 39.

    Nagel: „Nachruf auf Kortner“, in: Kortner, Zadek, Stein, S. 19.

  40. 40.

    „Die Menschen im klassischen Drama sind zu weit entfernte Verwandte, um uns nahezugehen. Jene Menschen müssen aus der Abstraktion der Zeitferne in konkret anschauliche Nähe gebracht werden, um für uns Heutige begreifbare Gestalten zu sein. Ihre Sprache muß trotz des unantastbaren Gefüges ihrer Gebundenheit dem heutigen Ohr Orientierungssignale durch realistische Tonfälle vermitteln. Der Körperausdruck und die Gestik müssen den inneren Vorgang für uns Heutige verständlich optisch verdolmetschen und trotz ihrer Anpassung an die Sprachgebundenheit, an die Gewandung, an die Lebenssitten und -utensilien den damaligen Alltag durch die Ausdrucksformen des heutigen kommunizieren. Erst wenn diese verwandtschaftliche Einbezogenheit mit uns hergestellt ist, kann der Zuschauer zu dem Bessergeratenen oder noch nicht so heruntergekommenen Seinesgleichen von damals aufsehen.“ Kortner: Aller Tage Abend, S. 484.

  41. 41.

    Wie dies etwa für die im Literarischen Archiv der Deutschen Grammophon-Gesellschaft festgehaltenen Rezitatoren Mathias Wieman, Will Quadflieg, Ernst Ginsberg und andere gilt.

  42. 42.

    Wolfgang M. Schwiedrzik: „Die Erfahrung der Katastrophe“, in: Begleitheft zu: Johann Wolfgang von Goethe: Iphigenie auf Tauris. Ein Schauspiel, mit Maria Wimmer, Hermann Schomberg, Rolf Henniger, Hannes Riesenberger und Wolfgang Golisch. WDR Köln, 1956. Edition Mnemosyne, Neckargemünd 2002, S. 5–16, hier: S. 15.

  43. 43.

    Mündliche Äußerung gegenüber August Everding in dem Film von Hans-Jürgen Syberberg Kortner probt Schillers „Kabale und Liebe“ (1965). Kortners Haltung ist im Übrigen mit der anderer jüdischer Emigranten verwandt, wie etwa mit der Max Ophüls’, der im Exil in Hollywood die Idee entwickelte, klassische deutsche Dramen zu verfilmen, allerdings mit dem Wissen der inzwischen eingetretenen Katastrophe.

  44. 44.

    Ivan Nagel: „Epitaph und Apologie auf Steins ‚Tasso‘“, in: Johann Wolfgang von Goethe: Torquato Tasso. Regiebuch der Bremer Inszenierung, hg. Volker Canaris. Frankfurt 1970, S. 174–192, hier: 192. Mit sibyllinischem Witz erläuterte Kortner einmal die selbstgesetzte Aufgabe als Theaterregisseur: „Ich versuche über des Autors Sprache in sein Geheimnis einzudringen. Komme ich von dieser Expedition zurück, so glaube ich im Besitz seines dem flüchtigen Betrachter vorenthaltenen Geheimauftrags zu sein. Ich beuge mich der Diktatur des Dramatikers und übe sie vertretungsweise aus.“ Fritz Kortner: Kortner anekdotisch, hg. Claus Landsittel. München 1967, S. 37.

  45. 45.

    Kortner: Letzten Endes, S. 56.

  46. 46.

    Kortner: Aller Tage Abend, S. 480 f.

  47. 47.

    „Die geistige Durchdringung besonders des klassischen Stücks bewirkt einen entschlackten Sprech- und Körperausdruck der Schauspieler, der wiederum erst die inneren Zusammenhänge des Stückes und seinen Zusammenhang mit unserer Zeit freilegt. Die Flucht vor diesem schweren Schaffensprozeß führt in die äußerliche Stilisierung, deren gesuchtester Unterschlupf der Expressionismus ist.“ Ebd., S. 479.

  48. 48.

    Kortner: Aller Tage Abend, S. 5 und 155.

  49. 49.

    Völker: „Nachwort“, in: Kortner: Aller Tage Abend, S. 585; vgl. auch Klaus Völker: Fritz Kortner. Jude und Rebell gegen das privilegiert Konventionelle. Berlin 2007, S. 51.

  50. 50.

    Vgl. Peter Zadek: „Fritz Kortner“, in: Das wilde Ufer. Ein Theaterbuch, zusammengestellt von Laszlo Kornitzer, 1990, S. 50–53, hier: S. 53.

  51. 51.

    Kortner spricht Schiller, DGG, Literarisches Archiv, Hamburg 1959.

  52. 52.

    Vgl. die Analyse von Beatrix Schönherr: „‚So kann man das heute nicht mehr spielen!‘ Über den Wandel der sprecherischen Stilideale auf der Bühne seit den 60er Jahren“, in: SpracheKulturGeschichte. Sprachhistorische Studien zum Deutschen. Hans Moser zum 60. Geburtstag, hg. Maria Pümpel-Mader und Beatrix Schönherr. Innsbruck 1999, S. 145–169. Im Jahr 1963 meinte der aus der Sprecherziehung stammende Arnold Littmann, dass Kortner auf dieser DGG-Platte „leider der Versuchung des großen Mimen nicht standgehalten“ habe, „mit den Mitteln eines längst überholten Sprechstils (noch dazu mit unzureichender übernasalierter Sprechtechnik vorgetragen) Effekte zu haschen“. Arnold Littmann: Die deutschen Sprechplatten. Eine kritische Bibliographie. München 1963, S. 184.

  53. 53.

    Nagel: „Nachruf auf Kortner“, in: Kortner, Zadek, Stein, S. 18.

  54. 54.

    In ähnlicher Weise tritt er in Hans Behrendts Danton-Film aus dem Jahr 1931 auf.

  55. 55.

    Peter Stein: „Auszüge aus dem Mitschnitt der Kortner-Vorlesung an der Berliner Hochschule der Künste 1998“, in: Begleitheft zu König Lear mit Fritz Kortner. WDR Köln 1958. Edition Mnemosyne, Neckargemünd 1999, S. 43–51, hier: S. 48. Stein führt aus, dass Kortner „bewußt zwischen rhetorisch ausdrucksgesteigertem Sprechen und ‚Naturlauten‘ [wechselte], wie er alle elementaren menschlichen Geräuschhervorbringungen nannte, aus denen sich unsere Sprache entwickelt. ‚Heda!‘ zum Beispiel ist ein ‚Naturlaut‘, aber konnotiert als Wort.“ Ebd., S. 43 f. Peter Stein sollte an diesen charakteristischen Wechsel der Töne in seinen eigenen Inszenierungen an der Berliner Schaubühne anknüpfen.

  56. 56.

    Dieser sprach einen Ausschnitt aus Philipps Gespräch mit Alba 1906 in den Trichter des Wiener Phonogramm-Archivs: „Noch hab’ ich meinen Willen auch – und wenn / ich zweifeln soll, so laßt mich wenigstens / bei Euch den Anfang machen“ (III, 4). Auch Devrient phrasiert die Perioden durch lange Sprechmelodien, jeweils gestützt auf einige Hauptakzente („wénn“, „Eúch“, „Ánfang“), zwischen denen ein großer schwingenden Bogen gespannt wird.

  57. 57.

    Ebd., S. 45–47.

  58. 58.

    Brecht hat in seinem Arbeitsjournal aus dem kalifornischen Exil die Schwierigkeiten seines Freundes Kortner in den Filmstudios von Hollywood beschrieben: „Kortner kann keine Rolle bekommen. Eisler erzählt, daß die Leute in RKO [Radio Keith Orpheum, eine amerikanische Radio- und Filmgesellschaft] bei der Vorführung von Probeaufnahmen laut gelacht hätten: er habe mit den Augen gerollt. nun ist eigentliches spiel hier verpönt, man gestattet es nur den Negern. Die stars spielen nicht Rollen, sondern kommen in ‚Situationen‘. Ihre Filme bilden eine Art von Comics (Abenteurerroman in Fortsetzungen), welche einen Typ in vielen Bedrängnissen zeigen (selbst die Wiedergabe der Story in der Presse sagt etwa: Gable haßt Garbo, hat aber als Reporter … usw.). Aber gerade seine Arbeitslosigkeit veranlaßt Kortner, sogar im Privatleben sehr viel mehr zu spielen, als er es je auf der Bühne tat. Ich sehe ihn mit einem Gemisch von Heiterkeit und Entsetzen eine einfache Erzählung unbedeutender Vorgänge mit einem Unmaß von Gestik und ‚Ausdruck‘ vortragen.“ Brecht: Journal Amerika (11. September 1942), GKBFA, Bd. 27, S. 113 f. Kortner hat dieselbe Szene in Aller Tage Abend (S. 545) aus seiner Sicht natürlich ganz anders geschildert.

  59. 59.

    Goethes Erdgeist in Faust I etwa verlieh Kortner in einer Produktion des Münchner Rundfunks (1954) die Aura eines ganz und gar inkommensurablen Wesens, eines Tremendum, vor dem selbst ein unerschrockener deutscher Professor wie Faust in die Knie geht. Kortner besaß eine solche stimmliche Virtuosität, dass er im Fortissimo auch noch Hohn und Herablassung gegenüber diesem Erdenwurm zum Ausdruck bringen konnte. Vor einem solchen Einsatz exzessiver vokaler Mittel schreckte Gründgens in seiner Faust-Inszenierung (DGG 1954) zurück, sein Erdgeist hat im Vergleich damit etwas Moderates und Flaches.

  60. 60.

    Kortner: Aller Tage Abend, S. 567.

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Meyer-Kalkus, R. (2020). Fritz Kortner über Bühnen-Sprechkunst im 20. Jahrhundert. In: Geschichte der literarischen Vortragskunst. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04802-8_14

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