Abstract
Sola ratione: Spontan mag man bei Nennung der Stichwörter ›Glaube‹ und ›Vernunft‹ an eine sich ausschließende Alternative denken, die mit Blick auf die christliche Prägung des Mittelalters, zumindest des lateinischsprachigen, in ein Votum für den Glauben und gegen die Vernunft umschlägt. Damit mag der Auffassung Vorschub geleistet werden, diese Epoche sei der Vernunft abgewandt und ließe dieser nur dort Raum, wo der Glaube diesen nicht schon eingenommen habe. Bereits der flüchtige Blick auf die christliche Apologetik gebietet hier Zurückhaltung und lässt ein sehr viel differenzierteres Bild erwarten. In der Tat ist die Haltung in dieser Frage keineswegs einheitlich, sicher aber nicht durch eine uneingeschränkte Ablehnung der Rationalität gekennzeichnet. Hierfür gibt es sachliche Gründe und deshalb, je nach Gewichtung solcher Gründe, auch differenzierte Lösungen. Eine Extremposition scheint darin zu bestehen, Fragen – und zwar auch solche, die Gott betreffen – allein mit der Vernunft, sola ratione, beantworten zu wollen, was etwa Anselm von Canterbury seinem ausdrücklichen Methodenideal entsprechend zu tun vorgibt, aber aus noch zu entfaltenden Gründen nur bedingt umsetzen kann.
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Möhle, H. (2019). Glaube und Vernunft. In: Philosophie des Mittelalters. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04747-2_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-04747-2_2
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-04746-5
Online ISBN: 978-3-476-04747-2
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