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Schuld und Verantwortung der Intelligenz — Hugo Balls Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg

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Das gezeichnete und ausgezeichnete Subjekt
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Zusammenfassung

Der Erste Weltkrieg ist in der Öffentlichkeit von einer „poetischen Mobilmachung“ begleitet. Die Politisierung der Intellektuellen und Künstler schlägt je nach Standort unterschiedlich aus, ein gemeinsames Merkmal aber bildet, daß der Krieg vor allem als kulturelles Phänomen interpretiert wird. In den breit kursierenden nationalistisch gefärbten Auffassungen gilt der Krieg als Auseinandersetzung zwischen den europäischen Kulturen, wobei man die deutsche den westlichen gegenüber als wertvoller und überlegen hinstellt. Aber auch in Kreisen der Avantgarde, wo man mit Kritik an der wilhelminischen Ordnung nicht zurückgehalten hatte, erfahrt der Krieg am Anfang kaum offene Ablehnung.1 Vor dem Hintergrund eines verbreiteten kulturellen Krisenbewußtseins verbindet sich mit dem Eintritt der Gesellschaft in den Kriegszustand eine erlösende Perspektive, wird die Katastrophe als Möglichkeit der Läuterung angenommen. Eine Kunstströmung wie der Expressionismus, Befreiung aus oberflächlichen Lebensgewohnheiten und erstickenden Konventionen intendierend, weist in den eigenen Reihen Künstler auf, die bewußt den Extremsituationen des Krieges sich aussetzen.2

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Literatur

  1. Vgl. Wolfgang J. Mommsen (Hrsg.), Kultur und Krieg. Die Rolle der Intellektuellen, Künstler und Schriftsteller im Ersten Weltkrieg, München 1996, darin die Einl. des Herausgebers, bes. S. 1–2, 6, 10

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  2. Vgl. ebd. den Beitrag von Joes Segal, Krieg als erlösende Perspektive für die Kunst, S. 165–167. Zu Darstellung und Beurteilung des Krieges vgl. außerdem: Klaus Vondung, Die Apokalypse in Deutschland, München 1988, S. 202–203 bes.

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  3. Hugo Ball, Zur Kritik der deutschen Intelligenz, (im Folgenden kurz: Kritik), Frankfurt a. M. 1991, S. 250

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  4. Ball besitzt ein deutliches Bewußtsein von dem durch den Krieg bewirkten Epocheneinschnitt. Mit seiner Studie will er die Umwälzung der Verhältnisse forcieren, verfolgt er revolutionäre Ziele. Vgl. dazu, daß der Bruch im Zentrum des revolutionären Imaginären steht: Pierre Lantz, Krise der Politik und Krise des Symbols, in: Jürgen Link/Wulf Wülfing (Hrsg.), Nationale Mythen und Symbole, Stuttgart 1991, S. 74

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  5. Zur Legitimation des Ersten Weltkrieges vgl. Reinhard Rürup, Der „Geist von 1914“ in Deutschland, in: Bernd Hüppauf (Hrsg.), Ansichten vom Krieg. Vergleichende Studien zum Ersten Weltkrieg in Literatur und Gesellschaft, Kronberg/Ts. 1984, S. 1–30

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  6. Zum Gegenstand einer politischen Psychologie vgl. Helmut König (Hrsg.), Politische Psychologie heute, Opladen 1988, S. 7

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  7. Vgl. Zur Rezeption Tolstois: Edith Hanke, Das „spezifisch intellektualistische Erlösungs-bedürfhis“ oder: Warum Intellektuelle Tolstoi lasen, in: Gangolf Hübinger/Wolfgang J. Mommsen (Hrsg.), Intellektuelle im Kaiserreich, Frankfurt a. M. 1993, S. 158–171

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  8. Vgl. zur Kennzeichnung des Ästhetizismus: Christa Bürger/Peter Bürger/Jochen Schulte Sasse (Hrsg.), Naturalismus/Ästhetizismus, Frankfurt a. M. 1979, S. 57

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  9. Zu Gustav Landauer vgl. u.a.: Siegbert Wolf (Hrsg.), Gustav Landauer. Auch die Vergangenheit ist Zukunft. Essays zum Anarchismus, Frankfurt a. M. 1989, darin die Einl. des Herausgebers S. 7–32; Martin Buber, Landauer, in: ders., Der utopische Sozialismus, Köln 1967, S. 81–99; Erich Mühsam, Der revolutionäre Mensch Gustav Landauer, in: Gustav Landauer, Revolution, Berlin 1974, S. 121–128; Michael Matzigkeit (Hrsg.), „… Die beste Sensation ist das Ewige…“. Gustav Landauer — Leben, Werk und Wirkung, Ausst.katalog, Düsseldorf 1995

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  10. Zum Beispiel in der Schrift „Die Abschaffung des Krieges durch die Selbstbestimmung des Volkes“, abgedruckt in: Gustav Landauer, Erkenntnis und Befreiung. Ausgewählte Reden und Aufsätze, hrsg. von Ruth Link-Salinger, Frankfurt a. M. 1976, S. 53ff.

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  11. Diesen Zusammenhang stellt auch heraus: Kurt Flasch, Von der „Kritik der deutschen Intelligenz“ zu Dionysius Areopagita, in: Bernd Wacker (Hrsg.), Dionysius DADA Areo-pagita. Hugo Ball und die Kritik der Moderne, Paderborn 1996, S. 125–126

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  12. Daß dies ein Charakteristikum avantgardistischer Kunst der zwanziger Jahre ist, dazu vgl.: Matthias Eberle, Der Weltkrieg und die Künstler der Weimarer Republik — Dix, Grosz, Beckmann, Schlemmer, Stuttgart 1989, S. 19, 22

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  13. Vgl über das Politische am Katholizismus bei Carl Schmitt: Ulrich Bröckling, wie Anm. 144, S. 70–71; und: Matthias Eberl, Die Legitimität der Moderne. Kulturkritik und Herrschaftskonzeption bei Max Weber und bei Carl Schmitt, Marburg 1994, S. 21–32; auch: Hugo Ball, Carl Schmitts Politische Theologie, wie Anm. 150, S. 333. Dort heißt es zur katholischen Kirche: „In der Repräsentation liegt ihr Wille zur Verantwortung, ihre publizistische Form, im Gegensatz zu all den Religionen, deren Überzeugung Privatsache ist.“

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  14. Vgl. Carl Schmitt, Römischer Katholizismus und politische Form, Stuttgart 1984, u.a. S. 14, 27–28, 50

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  15. Diesen Hintergrund der in der Nachkriegszeit kursierenden Heldenmythen nimmt auf: Bernd Hüppauf, Schlachtenmythen und die Konstruktion des „Neuen Menschen“, in: Gerhard Hirschfeld/Gerd Krumeich(Hrsg.), „Keiner fühlt sich hier mehr als Mensch …“. Erlebnis und Wirkung des Ersten Weltkrieges, Essen 1993, S. 61, 62

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  16. Vgl. Ernst Jünger, Der Arbeiter. Herrschaft und Gestalt, Stuttgart 1982, S. 177

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Süllwold, E. (1999). Schuld und Verantwortung der Intelligenz — Hugo Balls Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg. In: Das gezeichnete und ausgezeichnete Subjekt. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04309-2_4

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-04309-2_4

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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