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Sinnlos — Haltlos — Häßlich? — Schwarze Romantik und Idealistische Kritik

  • Chapter
Zur Ästhetik des Häßlichen
  • 199 Accesses

Zusammenfassung

Makabre Todesszenen, morbide Genüsse perverser Liebe, lustvolle Grausamkeiten und empfindsame Morde — daß das imaginative Potential des Bösen und des Häßlichen spätestens in den romantischen Welten der Vampire und femmes fatales, der Geister und Gespenster, der Teufel und Verbrecher, der Erotomanen und verdorbenen Mönche sich auslebt, hat Mario Praz bereits 1930 in seiner Studie La carne, la morte e il diavolo nella letteratura romantica gezeigt.1 Das Buch, zu seiner Zeit geschmäht, wurde unterdessen zum Standardwerk: Allerorten folgte man Praz’ aufmüpfigem Fingerzeig auf die „schwarze Romantik“ und ihrer Typologie „im Zeichen des göttlichen Marquis [de Sade]“. Für die deutsche Literatur hat man sich gewöhnlich verständigt, E.T.A. Hoflmann — den Autor, der einst unter dem Namen „Gespenster-Hoflmann“ bekannt war, — zu nennen, wenn aufe Nächtliche am Romantischen die Rede kommt. Daß dies zurecht geschieht, darüber belehrt zuallererst der inhaltsästhetische Blick, der mühelos die Hoflmann’schen Sujets des Unheimlichen — Doppelgänger, Automaten, Gespenster, Magier und Wahnsinnige zum Panoptikum einer Schauerästhetik summiert. Darüber hinaus mag man gar eine rezeptionsgeschichtliche Abhängigkeit zwischen Hoflmann und Sade annehmen, sollte jener — wie man verschiedentlich vermutet hat2 — tatsächlich der Autor der berüchtigten Schwester Monika (1815) sein; denn bei dieser „erotisch-psychisch-physisch-philanthropischen Urkunde des säkularisierten Klosters X. in S…“ handelt es sich um eine grell-obszöne Sade-Parodie.

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Notizen

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Hoffmann, E.T.A. (1998). Sinnlos — Haltlos — Häßlich? — Schwarze Romantik und Idealistische Kritik. In: Zur Ästhetik des Häßlichen. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04293-4_2

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