Zusammenfassung
Die „Aporien des Historismus“, die Gadamer an Dilthey reklamierte,1 verdichten sich nicht zuletzt in dessen Begriff der Tatsache. Denn angetreten unter der Prämisse, daß alle Wissenschaft Erfahrungswissenschaft sei, kann Dilthey die Historizität der Erfahrung und den notorischen „Geist“ der Geschichte nur um den Preis einer ruinösen Verdoppelung retten. Außenwelt und Innenwelt, äußere Erfahrung und innere Erfahrung, empirische Daten und „Tatsachen des Bewußtseins“, isolierte Faktenreihen und geistige Totalität — die Kategorien der historischen Reflexion sind als analoge und gleichwertige Reaktionsbildungen, als Duplikate und Hohlformen eines experimentellen Tatsachenkonzepts ausgewiesen. So wenig nämlich die Welt der Geschichte durch die „Abschrift“ einer äußeren Wirklichkeit rekonstruierbar ist,2 so sehr wird eben diese Abschrift der Naturerkenntnis zugeschoben, und je tiefer Dilthey in die angebliche Tiefe eines geschichtlichen Lebens einzudringen glaubt, desto unmittelbarer liefert er sich dem Prinzip eines evidenten Referenzsystems aus. „Die Geisteswissenschaften“, schreibt Dilthey entsprechend, „studieren auf der Grundlage der Naturwissenschaften die an den Sinnenobjekten auftretenden geistigen Tatsachen und ihren Zusammenhang untereinander sowie den mit den psychischen Tatsachen.“3
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Vogl, J. (1997). Für eine Poetologie des Wissens. In: Richter, K., Schönert, J., Titzmann, M. (eds) Die Literatur und die Wissenschaften 1770–1930. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04286-6_5
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