Zusammenfassung
Anthropologische Strukturformeln wie die des ästhetischen Verhaltens haben einen Aufschlußwert nur dann, wenn sie offen bleiben für den historischen Wandel des von ihnen Strukturierten. Sie sind, so könnte man in Anlehnung an Helmuth Plessner formulieren, nicht in einem historisch abschließenden Sinn zu verstehen.147 Daß ästhetisches Verhalten sich nach den Verhaltensmodi des PoietischExpressiven, des Perzeptiv-Kognitiven und des Kommunikativ-Praktischen hin ausdifferenzieren läßt, bedeutet nicht, die historischen Wandlungsprozesse ästhetischer Gestaltung und Ausdrucksverleihung, der ästhetischen Erfahrung und der ästhetischen Kommunikation auf irgendwelche invarianten Strukturen zu befragen, um am Ende das anthropologisch allgemeine Substrat dieser Prozesse in Händen zu halten.
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Notizen
Vgl. dazu H. Plessners Aufsatz “Die Aufgabe der philosophischen Anthropologie”, in: Zwischen Philosophie und Gesellschaft, Ffm. 1979, hier: S. 138: “Strukturformeln dürfen keinen abschließend-theoretischen, sondern nur einen aufschließend-exponierenden Wert beanspruchen.”
Über die Bedeutung dieses Prozesses für die Genese des modernen Typus der bürgerlichen Öffentlichkeit informiert J. Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit, Neuwied 1962.
P. Bürger, Theorie der Avantgarde, Ffm. 1974.
I. Kant, Reflexionen 1820 a, in: Akademie-Ausg., Bd. XVI, S. 127.
J. Ritter, Landschaft. Zur Funktion des Ästhetischen in der modernen Gesellschaft, in: Subjektivität, Ffm. 1974, hier S. 150f.
W. Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (Zweite Fassung), in: Ges. Schr. I.2, Ffm. 1974, S.471ff.
Ebenda, S. 486.
Ebenda, S. 502.
Ebenda.
Ebenda, S. 503.
Ebenda.
J. Habermas, Walter Benjamin. Bewußtmachende oder rettende Kritik, in: Philosphischpolitische Profile, Erw. Ausg., Ffm. 1981, S. 354.
Als regelrechte künstlerische Bewegung oder Richtung vor allem in den fünfziger Jahren im sog. action-painting oder im Tachismus ausgebildet. Zum mittlerweile selber historisch gewordenen Zusammenhang immer noch grundlegend: D. Wellershoff, Die Auflösung des Kunstbegriffs, Ffm. 1976.
Vgl. R. Bubner, Ästhetische Erfahrung, Ffm. 1989.
Th W. Adorno, Engagement, in: Noten zur Literatur III, Ges. Schr. Bd. 11, Ffm. 1974, S. 426.
Ebenda, S. 429.
Immer noch unentbehrlich für diese Zusammenhänge: Arnold Hauser, Sozialgeschichte der Kunst, 2 Bde., München 1953.
Ebenda, S 331ff.
W. Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, a.a.O., S. 484.
J. Habermas, Walter Benjamin. Bewußtmachende oder rettende Kritik, a.a.O., S. 350.
Ebenda.
A. Gehlen, Zeit-Bilder. Zur Soziologie und Ästhetik der modernen Malerei, Ffm. 1960, S. 157.
Vgl. hierzu P. Bürger, Theorie der Avantgarde, Ffm. 1974.
Ders., Vermittlung — Rezeption — Funktion, Ffm. 1979.
Ders., Zur Kritik der idealistischen Ästhetik, Ffm. 1983.
R. Bubner, Ästhetische Erfahrung, Ffm. 1989.
Vgl. A. C. Danto, Reiz und Reflexion, München 1994.
A. C. Danto, The Transfiguration of the Commonplace, Cambridge Mass. 1981, dtsch.: Die Verklärung des Gewöhnlichen, Ffm. 1984.
Vgl. hierzu H. Fahrenbach, Brecht zur Einführung, Hamburg 1986.
H. Blumenberg, Nachahmung der Natur. Zur Vorgeschichte der ldee des schöpferischen Menschen, in: Wirklichkeiten in denen wir leben, Stuttgart 1981, S. 55ff, hier S. 77.
Ebenda, S. 72.
Ebenda, S. 73f.
Vgl. I. Kant, Kritik der Urteilskraft, A 181.
Ebenda, A 179.
Vgl. G. W. F. Hegel, Vorlesungen über die Ästhetik, zitiert nach der Werkausgabe Ffm. 1970, hier Bd.13, S. 362.
Th. W. Adorno, Die Aktualität der Philosophie, in: Ges. Schr. Bd. 1, Ffm. 1973, S. 343.
Abgedruckt als Anhang in: Fr. Grenz, Adornos Philosophie in Grundbegriffen, Ffm. 1974, S. 224ff.
Vergl. Th. W. Adorno, Ästhetische Theorie, Ges. Schr. Bd. 7, Ffm. 1970, (zit. ÄT), S. 68 und 345.
Th. W. Adorno, ÄT 487.
Th. W. Adorno, ÄT 480.
Th. W. Adorno, ÄT 487.
Vgl. etwa Th. W. Adorno, ÄT 334f.
Der Exkurs beansprucht ausdrücklich keinen Überblick über den aktuellen Stand der urgeschichtlichen Forschung über die Entstehung und Bedeutung der prähistorischen Kunstdenkmäler zu geben. Neueren Datums ist die hier berücksichtigte fachwissenschaftliche Literatur nur insofern, als sie von Adorno in seinem im Anhang zur “Ästhetischen Theorie” abgedruckten Exkurs zu diesem Thema, auf den ich mich mit meinem Titel beziehe, noch nicht aufgegriffen worden ist. Das betrifft vor allem die Arbeiten des französichen Prähistorikers André Leroi-Gourhan. Erste philosophische Hinweise darauf habe ich den Untersuchungen von Dieter Jähnig entnommen: Welt-Geschichte: Kunst-Geschichte. Zum Verhältnis von Vergangenheitserkenntnis und Veränderung, Köln 1975, S. 26f.
A. Leroi-Gourhan, Préhistoire de l’art occidental, Paris 1965 – 1971, dtsch. Prähistorische Kunst, Freiburg 1971, (zit. Pk), hier S. 247.
Zur Orientierung über den Verlauf der urgeschichtlichen Deutungsversuche der prähistorischen Kunst eignet sich Herbert Kühn, Eiszeitkunst — Die Geschichte ihrer Erforschung, Göttingen 1965. Mit mehr oder weniger großem Gewinn herangezogen wurden von mir auBerdem: Paolo Graziosi, Die Kunst der Altsteinzeit, Stuttgart 1957 (italienisch: Firenze 1956); Herbert Kühn, Kunst und Kultur der Vorzeit Europas, Bd. 1, Das Paläolithikum, Berlin und Leipzig 1929; Louis-René Nougier, Die Welt der Höhlenmenschen, Zürich und München 1989 (französisch: Paris 1984); Hansjürgen Müller-Beck (Hg.), Die Anfänge der Kunst vor 30000 Jahren, Stuttgart 1987. Außerhalb des fachwissenschaftlichen Rahmens zumindest interessant ist der Deutungsversuch von Georges Bataille, Lascaux oder die Geburt der Kunst, Stuttgart o.J. (französisch: Genf 1955).
A. Leroi-Gourhan, La geste e la parole, Bd I: Technique et langage, Paris 1964, Bd. II: La memoire et les rythmes, Paris 1965, dtsch: Hand und Wort: Die Evolution von Technik, Sprache und Kunst, (zit. HuW), Ffm. 1980, hier S. 478.
Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Untersuchung von Anke Thyen, Negative Dialektik und Erfahrung, Ffm. 1989, hier bes. S. 91ff., die anhand ähnlicher Beobachtungen zur prähistorischen Höhlenmalerei und in kritischer Auseinandersetzung mit Horkheimer/Adorno zu zeigen versucht, daß die Urgeschichte der Subjektivität nicht auf den Primat subjektivinstrumenteller Vernunft zu reduzieren ist.
A. Leroi-Gourhan, HuW 458.
Nach der Entdeckung der neuen Höhlen Grotte Cosquer und Grotte Chauvet in Frankreich mußten an der Datierung der Höhlenmalerei erhebliche Korrekturen vorgenommen werden. Bei einem Alter von mehr als 32.000 Jahren ist sie weit älter als bisher angenommen. Ob nach der Entdeckung dieser Höhlen die Geschichte der Höhlenmalerei auch neu geschrieben werden muß, vermag ich noch nicht zu beurteilen; vgl. dazu Michel Lorblanchet, Höhlenmalerei — Ein Handbuch, Sigmaringen 1997; vgl. außerdem: Jean Marie Chauvet u.a., Grotte Chauvet, Sigmaringen 1995; Jean Clottes, Jean Courtin, Grotte Cosquer, Sigmaringen 1995.
A. Leroi-Gourhan, HuW 457.
A. Leroi-Gourhan, HuW 466f.
A. Leroi-Gourhan, HuW 469.
In der Altsteinzeit sind Darstellungen von Menschen oder von sogenannten Mischwesen, halb Tier, halb Mensch, sowohl in in der Kleinkunst wie vor allem in der Felskunst eher selten. Vgl. dazu den Ausstellungskatalog “Der Löwenmensch — Tier und Mensch in der Eiszeit”, hrg. vom Ulmer Museum, Sigmaringen 1994 zur gleichnamigen Ausstellung. Einen guten Überblick vermitteln darin: Gerhard Bosinski, Menschendarstellungen der Altsteinzeit, S. 77ff. und Joachim Hahn, Menschtier- und Phantasiewesen, S. 101ff.
A. Leroi-Gourhan, HuW 472f.
A. Leroi-Gourhan, HuW 475.
A. Leroi-Gourhan, PK 209.
A. Leroi-Gourhan, PK 211.
A. Leroi-Gourhan, HuW 151f.
Vgl. in diesem Zusammenhang auch A. Leroi.Gourhan, Die Religionen der Vorgeschichte, Ffm. 1981 (frz. Ausgabe: Les religions de la préhistoire, Paléolithique, 1964).
A. Leroi-Gourhan, HuW 247.
A. Leroi-Gourhan, HuW 240.
Th. W. Adorno, ÄT 487.
Vgl. dazu J. Früchtl, Mimesis. Konstellation eines Zentralbegriffs bei Adorno, Würzburg 1986. Einen breit angelegten historischen Überblick über die Verwendungsweisen des Mimesisbegriffes geben G. Gebauer und C. Wulf, Mimesis, Reinbek bei Hamburg 1992.
M. Horkheimer/Th. W. Adorno, Dialektik der Aufklärung, Ffm. 1969, S. 189.
H. Plessner, Lachen und Weinen, in: Philosophische Anthropologie, Ffm. 1970, S. 162.
Vgl. H. Plessner, Zur Anthropoplogie des Schauspielers, in: Zwischen Philosophie und Gesellschaft, Ffm. 1979, S. 208.
Ebenda, S. 208.
Th. W. Adorno, ÄT 485f.
Th. W. Adorno, ÄT 486.
Th. W. Adorno, ÄT 489
Th. W. Adorno, ÄT 487.
Th. W. Adorno, ÄT 489.
Th. W. Adorno, ÄT 488.
Th. W. Adorno, Rede über Lyrik und Gesellschaft, in: Noten zur Literatur, Ges. Schr. Bd. 11, Ffm. 1974, hier: S. 60.
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Schmidt, V. (1997). Historische Perspektiven. In: Ästhetisches Verhalten. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04272-9_3
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