Skip to main content

Explizite Verweise auf Sade in erzählenden Texten

  • Chapter
Die Décadence und Sade
  • 39 Accesses

Zusammenfassung

Françoise Laugaa-Traut bezeichnet die Jahre zwischen 1880 und 1885 als Höhepunkt „de la (non) lecture sadienne“1 und betont mit der in Klammern gesetzten Verneinung die Ambiguität der Sade-Legende in literarischen Texten. Im Gegensatz zu zahlreichen Erwähnungen Sades im biographischen oder medizinischen Diskurs oder zu dem Interesse, das ihm die Literaturkritik entgegengebrachte, scheint dieser Autor nämlich zumindest auf den ersten Blick in der Literatur selbst eine kleinere Rolle zu spielen: er wird nur gelegentlich explizit genannt.2 Laugaa-Traut füihrt entsprechende Texte an, wobei sie sich - wie auch schon andere Autoren3 - weitgehend auf die Erbringung des Nachweises, daß Sade erwähnt wurde, beschränkt. Im folgenden werden solche expliziten Verweise unter der Fragestellung untersucht, in welchem Zusammenhang Sade innerhalb literarischer Texte der Décadence erwähnt wird und welcher Stellenwert diesen Verweisen innerhalb des jeweiligen Textes zukommt. Diese Fragen werden exemplarisch am Beispiel der Romane A Rebours von Joris-Karl Huysmans und La Marquise de Sade von Rachilde erörtert. Weitere Werke der Décadence, in denen Sade explizit erwähnt wird, sind am Ende des Kapitels zusammengestellt, werden teilweise jedoch erst im weiteren Verlauf der Untersuchung ausführlich in die Analyse einbezogen.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Endnoten

  1. Laugaa-Traut: Lectures de Sade (1973); p.159.

    Google Scholar 

  2. Joris-Karl Huysmans: A Rebours (1884). Paris: Garnier-Flammarion 1978, hrsg. von Pierre Waldner; p.179. Alle folgenden Zitate verweisen auf diese Ausgabe.

    Google Scholar 

  3. Remy de Gourmont: „J.-K. Huysmans“ in: Le Livre des Masques (4. Aufl. 1905); p.196.

    Google Scholar 

  4. Huysmans besaß selbst eine umfangreiche Bibliothek und war ein enthusiastischer Bibliophiler. Cf. Georges Veysset: Huysmans bibliophile et bibliophiles huysmansiens (1979). Sein Protagonist Des Esseintes mißt wie alle Bibliophilen dem Einband, Papier und Schriftsatz seiner Bücher große Bedeutung zu und scheut keine Kosten, seiner Liebe zum Einzigartigen Ausdruck zu verleihen; er ordert spezielle Drucktypen und handgeschöpftes Papier, läßt einzelne Werke in Seide oder Büffelleder binden und wie Kirchenbücher mit metallenen Schließen versehen. Von den Werken besonders ge-schätzter Autoren wie Baudelaire läßt er gar eigene Ausgaben anfertigen. Die Bedeutung des Äußeren veranlaßt Jean de Palacio zu dem Hinweis, daß Des Esseintes nicht mehr lese, sondern Bücher in den Rang von Kunstobjekten erhebe: „A Rebours, ou les leçons du rangement d’une bibliothèque“ (1992).

    Google Scholar 

  5. Pierre Larousse: Dictionnaire Universe! du XIXe siècle, sub „Barbey d’Aurevilly“, Bd.II (1867); p.217sq. [Zit. nach Andrèe Hirschi: „L’Article ‘Barbey d’Aurevilly’ dans l’Encyclopédie Larousse“ (1970); p.147.] Daß in diesem Artikel - wie Hirschi nachweist - der Autor Jules-Amédée Barbey d’Aurevilly und sein Bruder, der Priester Léon Barbey d’Aurevilly, zu einer Person verschmolzen werden, tut der Tatsache keinen Abbruch, daß hier eine deutliche Polarisierung zwischen Gut und Böse erfolgt, die sich von Sade bis zu den Décadents in einer Linie zieht. In einer Anmerkung zu der oben zitierten Passage verweist Hirschi auf die inhaltliche Nähe zu einem Artikel, den Champfleury zu Une vieille maîtresse am 1. November 1856 in seiner Gazette als Lettre à M. Louis Veuillot veröffentlicht hatte. Es heißt dort: „Tout à l’heure, monsieur, nous verrons agir la vieille maîtresse; il est encore temps, fermez cette brochure, car quoique exprimée en termes du meilleur ton, la peinture est vive, et je ne suis pas homme à glisser, à la place de l’Imitation, un volume des Liaisons dangereuses.“ [Zit. nach Hirschi, p.147] Die Nennung der Liaisons dangereuses als Beispiel für einen moralisch besonders verwerflichen Text könnte hier auch als Behelf dienen, wo ein Autor nicht wagte, den Namen Sades auszusprechen.

    Google Scholar 

  6. Barbey d’Aurevilly: Les Diaboliques (Paris 1963); p.7. Die Célestes wurden nie ausgeführt. Auch Huysmans plante ein Gegenstück zu dem satanistischen Roman Là-bas und schrieb am 27.4.1891 an Arij Prins: „Car je veux faire une sorte de Là-Haut, maintenant, un livre blanc, l’à rebours de Là-Bas. C’est une voie inexplorée dans l’art, comme était le Satanisme - je vais tenter le divin.“ (Lettres inédites à Arij Prins 1977; p.219). Das Werk erschien 1895 als En route.

    Google Scholar 

  7. Barbey d’Aurevilly: „Le Cachet d’onyx“(1831). In: Oeuvres romanesques complètes, Bd.I (1964); p.19.

    Google Scholar 

  8. René-Louis Doyon: Du marquis de Sade à Barbey dAurevilly (1921); p.96. Doyon nennt neben Barbey noch Flaubert, Maupassant, Mirbeau, Gourmont und Villiers de l’Isle-Adam im Zusammenhang mit Sade.

    Google Scholar 

  9. Jacques-Henry Bornecque, „Introduction“ zu Barbey d’Aurevilly: Les Diaboliques (1963); p.291, Anm.l.

    Google Scholar 

  10. Die Appellfunktion des Titels tritt hier deutlich zutage: „Als Verkäufer werben Reizwörter mit dem in Aussicht gestellten Inhalt“ Arnold Rothe: Der literarische Titel. Funktionen, Formen, Geschichte (1986); p.107.

    Google Scholar 

  11. Cf. L. Deffoux: „Trois lettres inédites de J.-K.Huysmans à propos de ‘A vau l’eau’ et du marquis de Sade“ (1925). Zit. nach Huysmans: Lettres inédites à Edmond de Goncourt (1956); p.74, Anm.7.

    Google Scholar 

  12. Peter Brockmeier: „‘Le mal s’insurge contre le bien.’ Sade und Lautréamont“ (1993); p.263sq.

    Google Scholar 

  13. Sade: La Nouvelle Justine in: Oeuvres complètes (Cercle du livre précieux). Bd.VI (1966); p.149.

    Google Scholar 

  14. Zit. nach Ernest Seillière: J.-K. Huysmans (1931); p.23. Seillière gibt für dieses Zitat keine Quelle an.

    Google Scholar 

  15. Cf. Jean de Palacio: „La féminité dévorante. Sur quelques images de la manducation dans la littérature décadente“ (1977).

    Google Scholar 

  16. Dem Begriff des Leitmotivs kommte, bedingt durch die Bewunderung der Werke Richard Wagners, eine Sonderstellung in der in der Décadence-Literatur zu. Der Terminus stammt allerdings nicht von Wagner selbst, sondern wurde 1871 von Friedrich Wilhelm Jähn im Hinblick auf Carl Maria von Weber gebraucht. Hans von Wolzogen griff den Terminus dann in Thematischer Leitfaden zu Richard Wagners FestspielDer Ring des Nibelungen’ (1876) auf. Frenzel defmiert das Leitmotiv wie folgt: „Der von der Musik Wagners her auf die Literatur übertragene Begriff meint die Wiederholung der gleichen Wortfolge, mindestens in Anklängen oder leichten Abwandlungen, an verschiedenen Stellen eines dichterischen Werkes, die durch diese Gemeinsamkeit miteinander in Beziehung gesetzt werden; […] Leitmotive sind also keine Bestandteile des Inhalts, keine echten Motive, sie sind auch keineswegs ‘leitend’, sondern stilistische, tektonische, gliedernde Elemente, die eine Art musikalischen Effekt haben und einem Refrain gleichen.“ (Stoff-, Motiv- und Symbolforschung, 4. Aufl. 1978) Die letzte Bemerkung - daß Leitmotive vorwiegend stilistische Elemente seien - ist umstritten, da „eine leitmotivische Kompositionstechnik ein dichtes symbolisches Motivgewebe als Einheit stiftendes Prinzip“ (Andreas Meier: „Motiv, Leitmotiv“ (1993); p.130) anstrebe.

    Google Scholar 

  17. Joris-Karl Huysmans: Là-bas (1891). Ich zitiere nach der von Pierre Cogny hrsg. Ausgabe (1978; p.74).

    Google Scholar 

  18. Rainer Rutkowski: Literatur, Kunst und Religion im Fin de siècle. Untersuchungen über das Werk des „SarPeladan (1989); p.75.

    Google Scholar 

  19. Jean Lorrain: Le vice errant (1902); zit. nach der Ausg. von Pierre Kyria (1980); p.228. Die Hervorhebung stammt von der Verfasserin der vorliegenden Untersuchung.

    Google Scholar 

  20. Delon: „‘Un type épatant pour les saloperies’“ (1993); p.167.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1997 Springer-Verlag GmbH Deutschland

About this chapter

Cite this chapter

Beilharz, A. (1997). Explizite Verweise auf Sade in erzählenden Texten. In: Die Décadence und Sade. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04257-6_5

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-04257-6_5

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

  • Print ISBN: 978-3-476-45161-3

  • Online ISBN: 978-3-476-04257-6

  • eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)

Publish with us

Policies and ethics