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Zusammenfassung

Die Kategorien, die sich aus dem Vokabular der Anhänger Rameaus herauskristallisieren, bieten einen neuen Zugang zu den musikalischen Quellen der Querelle. Eine Analyse der Partituren, die die erarbeiteten Kategorien zum Ausgangspunkt macht, ermöglicht es, die zeitgenössische Wahrnehmung und Wirkung der Bühnenwerke Rameaus unabhängig von der Kritik der Lullisten zu beschreiben. Diese Unabhängigkeit ist umso wünschenswerter, als die Bedeutung der Kompositionen Rameaus für die Dauer und Heftigkeit der Querelle gegenüber der älteren Rameauforschung zu relativieren ist, da verschiedene außermusikalische Problembereiche auf die neuen Werke Rameaus projiziert wurden. Dennoch behalten die musikalischen Quellen ihr Gewicht, denn eine herausragende und als neuartig empfundene Qualität der Opern und Ballette ist als Hintergrund für diese Projektionen anzunehmen, da sich unauffällige Stücke kaum als Brennpunkte für verschiedene Diskussionsstränge eignen.

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Notizen

  1. Die Forderung nach einem pantomimischen ‘Ausdruckstanz’ ist in der Zeit durchaus populär; vgl., J.-J. Rousseau, Art. “Ballet”, in: Ders., Dictionnaire de Musique, S. 36f.; L. de Cahusac, Art. “Ballet”, in: Encyclopédie, Bd. 2, Paris 1751, S. 45; Ders., La Danse ancienne et moderne ou traité historique de la danse, 3 Bde. Paris 1754, Bd. 3, S. 101f.; vgl., L. Rosow, Lullys Armide at the Paris Opéra. A Performance History 1686–1766, Ph. D. Brandeis University 1981, Ann Arbor 1985, S. 369.

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  2. D. Diderot, Mémoires sur différents sujets de la mathématique (1748), in: Oeuvres Complètes, hg. v. J. Varloot, Bd. 2, Paris 1975, vgl. insbesondere S. 265.

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  3. Vgl. X. Baumeister, Diderots Ästhetik der Rapports, Frankfurt 1985, S. 29.

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  4. Vgl. zur Diskussion um de Booys Methoden, H. Diekmann, J. Proust, J. Varloot, “Sur les Oeuvres Complètes de Diderot. Une réponse qui s’impose”, in: Dix-huitième siècle (1976), S. 423–31; Studies on Voltaire, 178 (1979), Prefatory note.

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  5. Vgl. zum Gebrauch der großen Trommel und der Windmaschine in den Unwetterszenen, S. Bouissou, “Le phénomène de la catastrophe naturelle dans l’opéra baroque français (1671–1774)”, in: Actes de colloque internationale de la Société Internationale de Musicologie, Madrid 1992, im Erscheinen.

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  6. Die folgenden Analysen unterscheiden sich daher grundlegend von dem von E. Lang-Becker und L.-H. Guelpa verfolgten Ansatz, kompositorische Stereotype der Szenentypen zu beschreiben; L. H. Guelpa, La nature et sa traduction musicale dans la tragédie lyrique française de Cadmus et Hermione (1673) aux Boreades (1764), Thèse de 3e cycle, Paris IV 1987;

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  7. E. Lang-Becker, Szenentypus und Musik in Rameaus tragédie lyrique, Beiträge zur Musikwissenschaft 7, München/Salzburg 1978.

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  8. “Lettre de M.D.L.C. à M.D.L.R. sur quelques particularitez [sic] de la vie de Topal Osman Pacha”, in: Mercure de France, Janvier 1734, S. 73–96; vgl. zur Stoffwahl und der Vermischung der realen Begebenheit mit topischen Elementen der Histoires Galantes, Th. Betzwieser, Exotismus und »Türkenoper« in der französischen Musik des Ancien Régime, Neue Heidelberger Studien ur Musikwissenschaft Bd. 21; Laaber 1993, S. 153ff.

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  9. Die Konstruktion von größeren kompositorischen Einheiten, die auf vergleichsweise kleinen rhythmischen Motiven aufbauen, ist eine Technik, die Rameau nicht nur hier anwendet; vgl. z.B. Naïs I/5, “Tendres oiseaux éveillez-vous”, oder ebd., II/7, “Quels sons brillants”; vgl. S. Bouissou, Jean-Philippe Rameau, Les Boréades ou la tragédie oubliée, Paris 1992, S. 142ff.; 176ff.; Bouissou prägt angesichts des bestimmenden rhythmischen Motivs in “Lieux désolés” in: Boréades III/2 den Begriff der “micro-cellule”. Das Motiv ist hier aber auch zu einem großen Teil intervallisch festgelegt.

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  10. D. Diderot, Les bijoux indiscrèts, Diderot, Oeuvres complètes, hg. v. J. Varloot, Bd. 3 Paris 1978, S. 70.

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  11. Vgl. zur französischen Ouvertüre im allgemeinen, J. R. Anthony, La musique en France à l’époque baroque. De Beaujoyeulx à Rameau, engl. 1974, franz. Paris 1981, S. 133ff.

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  12. Manuel Couvreur vertritt die These, daß Ouvertüre und Prolog schon bei Lully dramaturgisch verknüpft werden. Der dramaturgische Aspekt ist allerdings ganz auf die repräsentative Funktion der Oper abgestellt. Nach Couvreur kündigt die Ouvertüre das Opernspektakel in realer Präsenz des Königs an, dient also der Repräsentation. Im Prolog wird dann das Herrscherlob in allegorischer Form fortgesetzt. Vgl. M. Couvreur, Jean-Baptiste Lully. Musique et dramaturgie au service du Prince, Bruxelles 1992, S. 336ff.; diese interessante These trifft allerdings nicht auf Opern wie z.B. Armide zu, die ihre Premiere in Paris in Abwesenheit des Königs erlebte. Die Hinführung auf die Oper durch die musikalische Darstellung der inhaltlichen Quintessenz ist zumindest in der programmatischen Ouvertüre zu Zoroastre (1749) explizit der Fall. Dort ist die Zusammenfassung der Handlung die leitende Idee, die im übertragenen Sinn als Kampf der Kräfte des Guten und des Bösen verstanden werden kann.

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  13. Vgl. allgemein zur Darstellung der Naturphänomene, L. H. Guelpa, La nature et sa traduction musicale, dans la tragédie lyrique française de Cadmus et Hermione (1673) aux Boréades (1764), Thèse de 3e cycle, Paris IV, 1987.

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  14. In seinen Arbeiten als Musiktheoretiker dreht Rameau gegen Ende seines Lebens das Verhältnis von musikalischer Proportion und mathematischen Proportionen in der Natur um. Der klingende Ton als corps sonore mit seinen harmonischen Proportionen ist nicht länger Abbild und sinnfälliger Repräsentant der Naturgesetze, sondern wird selbst zum “antécédent créateur”, zum Anfang und Ursprung aller mathematischen Ordnung und damit auch von Verständnis. Der corps sonore wird damit in eine enge Beziehung zum Schöpfer Gott gesetzt, der den klingenden Ton als Quelle der Welterkenntnis und das instinktiv harmonisch hörende Ohr als Werkzeug der Erkenntnis gegeben habe; vgl. J.-Ph. Rameau, Vérités également ignorées et intéressantes tirées du sein de la Nature (1764). Jean-Philippe Rameaus letzter Musiktraktat, hg. v. H. Schneider, Beihefte zum Archiv für Musikwissenschaft Bd. 15, Stuttgart 1986, S. 53–64; Kommentar ebd., S. 75f.; 93ff.; vgl. C. Kintzler, Poétique, S. 415–423.

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  15. S. Bouissou, Boréades, S. 106–110; C. Kintzler, Jean-Philippe Rameau. Splendeur et naufrage de l’esthétique du plaisirs à l’âge classique, Paris 1983, S. 94ff., S. 252ff.

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  16. Vgl. R. Koselleck, Kritik und Krise. Eine Studie zur Pathogenese der bürgerlichen Welt, Frankfurt/M. 19793, S. 49ff.

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  17. Vgl. J. Chailley, La flûte enchantée. Opéra maçonnique, Paris 1968, S. 90f.; der von Chailley in einer Anmerkung gegebene Hinweis, daß der 33. Grad im Rite écossais ancien et accepté mit “ordo ab chaos” bezeichnet wird, zeugt zwar von der Wichtigkeit und Symbolkraft des Themas, ist aber auf Rameaus Zeit nur bedingt zu beziehen, da die Hochgrade erst eine spätere Entwicklung in der Freimaurerei darstellen. Die ersten Hochgrade erscheinen 1743. Die volle Entwicklung auf 33 Grade ist erst nach 1761 anzunehmen;

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  18. vgl. P. Naudon, Geschichte der Freimaurerei, Frankfurt/M. 1982, S. 76ff.

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  19. Monologe sind, obwohl sie wichtige Elemente der Oper darstellen, rein dramentheoretisch definiert. Immer dann, wenn eine Szene von einem einzigen Protagonisten bestritten wird, muß von einem Monolog ausgegangen werden; vgl. zum musikalischen Terminus Monolog und den vielfältigen musikalischen Formen, in denen er komponiert werden kann, H. Schneider, “Les monologues dans l’opéra de Lully”, in: XIIe Siècle, 40 (4/1988), S. 353–363.

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  20. Systematiknach: J. Newman, Jean-Baptiste de Lully and his tragédies lyriques, Ann Arbor 1979, S. 85f.

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  21. Girdlestone, J.-Ph. Rameau, Paris 1962, S. 209.

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  22. Vgl. C. Verba, “The development of Rameau’s Thoughts on Modulation and Chromatics”, in: Journal of the American Musicological Society, 26 (1/1973), S. 69–91; Verba beschäftigt sich ausführlich mit dem Monolog der Télaïre und Rameaus eigenen Äußerungen zu dieser Komposition. Die ‘versteckte’ Chromatik erkennt sie in der Form der Septime der Dominante als “dissonance sous-entendue”. Allerdings ist die dissonierende Septime bei allen von ihr behandelten modulierenden Kadenzen (Takt 15/16; 18/19; 21/22) real im Notentext vorhanden. Verbas Ansatz bringt also keine Klärung der von Rameau postulierten “abondance”; vgl. ebd. S. 86ff.

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  23. J. Rushton, Art. “Candeille, Pierre-Joseph”, in New Grove Dictionnary , Bd. 3, 1980, S. 682f.; vgl. Malherbe, “Commentaire bibliographique”, S. LXVIII; vgl.

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  24. A. Adam, Derniers souvenirs d’un musicien, Paris 1859, S. 71.

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  25. Vgl. zur Rezeption Rameaus im 19. Jahrhundert, D. Pistone, “Rameau à Paris au XIXe siècle”, in: Jean-Philippe Rameau. Actes du Colloque international, Dijon 1983, hg. v. J. De La Gorce, Paris 1987, S. 131–140;

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  26. C. Wassermann, “Die Wiederentdeckung Rameaus in Frankreich im 19. Jahrhundert”, in: Afldw, L (1993), S. 164–186.

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  27. Diesen Rang scheint die Oper bis heute behauptet zu haben, wenn man bedenkt, daß ein großer zeitgenössischer französischer Intellektueller wie Claude Lévy-Strauss sich unter dem Stichwort “En écoutant Rameau” fast ausschließlich mit diesem, in der Tat berühmten, air beschäftigt; C. Lévy-Strauss, Regarder, Écouter, Lire, Paris 1993, S. 41–64.

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Klingsporn, R. (1996). Analyse ausgewählter musikalischer Quellen. In: Jean-Philippe Rameaus Opern im ästhetischen Diskurs ihrer Zeit. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04243-9_4

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