Zusammenfassung
Immer wieder ist es notwendig, auf den Aufenthalt in Jena 1794/95 zurückzublenden, scheint er mir doch als die entscheidenste Wendung in Hölderlins Leben. Mit diesem Lebensabschnitt verbindet sich eine erste Phase hoffnungsvoller Suche nach äußerer und innerer Unabhängigkeit. Wir konnten sehen, daß Hölderlin sich um dichterische und geistige Eigenständigkeit vor allem gegenüber der zeitgenössischen Poesie und Philosophie bemühte. Die aufregenden philosophischen Fragen der Zeit, die schon auf dem Tübinger Stift “die meisten Köpfe schwindeln”1 machte, bedrängten auch ihn; ebenso die poetischen, und die vor allem in der Auseinandersetzung mit Schiller: Hatte ihm vor und auch noch während der Arbeit an den frühen ‘Wanderer’-Fassungen Schiller die Freiheit zu seiner dichterischen Individualität und Eigenart zu nehmen gedroht2, so vor der späten, der ‘Flora’-Fassung, das Studium der Griechen. Beide Male also das Gefühl von Unfreiheit, beide Male in ‘Gefangenschaft’ mächtiger Vorbilder! In dieser zweiten Phase, in der Hölderlin — unabhängig von jedem ‘Amt’ — in Homburg nach 1798 sein Werk ausarbeiten kann, wird für den Dichter im Rückgang auf die Anfänge der abendländischen Dichtung Unabhängigkeit von deren Ursprüngen zum Ziel. Seine Begründung für die Intensität seiner Beschäftigung mit griechischer Literatur macht dies deutlich: Ihm sei es nicht möglich gewesen, das Studium eher aufzugeben, als bis ihm die Freiheit wiedergegeben war, die ihm die großen Muster’ der antiken griechischen Literatur anfangs genommen hatten. Warum aber hatten vor allem Homer, Pindar und Sophokles Hölderlin so befangen gemacht?
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Darsow, GL. (1995). Abschnitt Hölderlins Beschäftigung mit den Griechen: In himmlischer Gefangenschaft. In: „…aber von Ihnen dependier ich unüberwindlich…“. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04223-1_12
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-04223-1_12
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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Online ISBN: 978-3-476-04223-1
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